Ueberdosis
eines Betrunkenen. »Geben Sie mir das Geld. Dann sage ich es Ihnen.«
Markesch zog den dicken Briefumschlag aus der Tasche, legte ihn auf den Tisch und zeigte Laschke kurz die Banknoten. Laschke befeuchtete nervös seine Lippen.
»Sie geben mir das Geld?«
»Die Beschreibung. Wie sah der Mann aus?«
»Wie ein Mafiosi. Ein Südländer, ein verdammter Kanake. Nicht sehr groß, bullig, mit brutalem Gesicht. Und da war noch etwas … Ich erinnere mich genau. Er hatte einen Goldzahn. Er hat mich angerempelt, und ich habe diesen Goldzahn genau gesehen.«
Laschke griff nach dem Umschlag, aber Markesch legte seine Hand darauf.
»Einen Moment. Mich interessiert, wie Sie dazu kamen, sich an Frau Maaßen zu wenden. Wenn Sie solche Angst hatten …«
»Die Beamten sagten mir, wer der Tote sei, ein Junge aus reichem Haus. Sie sagten, seine Mutter sei überzeugt, daß er ermordet wurde. Sie habe einen Privatdetektiv eingeschaltet. Ob er – Sie – schon bei mir gewesen sei. Ob ich nicht doch etwas gesehen habe.« Laschke sprach fahrig, unterstrich seine Worte mit hektischen Handbewegungen. »Aber ich sagte, ich wisse nichts. Gar nichts. Ich bin nicht auf den Kopf gefallen.«
»Mit anderen Worten – Sie haben sich in diesem Moment entschlossen, die Information an Frau Maaßen zu verkaufen, statt sie der Polizei zu geben.«
»Nein. Nein! Ich wollte mich ganz aus der Sache raushalten, verstehen Sie nicht? Ich wollte nichts mit der Mafia zu tun haben. Aber dann – gestern – gestern morgen – ich war schon früh unterwegs – und als ich nach Hause kam – stand dieser Mann vor der Tür. Er schlich um mein Haus herum, der Mann mit dem Goldzahn. Mein Gott! Er hat sich an mich erinnert. Er wußte, daß ich ihn damals gesehen habe. Er wollte mich zum Schweigen bringen. Begreifen Sie, warum ich die Zwanzigtausend brauche? Ich muß untertauchen. Oder diese Leute bringen mich um!«
Markesch starrte in sein Whiskyglas.
»Diese Leute bringen mich um, wenn ich nicht untertauche!«
Es klang wie eine Beschwörung. Wahrscheinlich war es eine Lüge. Wahrscheinlich hatte der Besuch der beiden BKA-Leute Laschke auf den Gedanken gebracht, daß eine reiche Frau wie Elvira Maaßen, die bereits einen Privatschnüffler eingeschaltet hatte, um nach dem Mörder ihres Sohnes zu suchen, für seine Information eine Menge Geld zahlen würde.
»Verdammt, ich brauche das Geld!« stieß Laschke verzweifelt hervor.
Zwanzigtausend, dachte Markesch. Geben Sie ihm das Geld – vorausgesetzt, seine Information ist den Preis wert. Und das war sie. Der Mann mit dem Goldzahn. Diese Ratte! Und Laschke? Ein Fledderer. Aber es war Elvira Maaßens Geld. Sie hatte genug davon.
Markesch nahm den Briefumschlag in beide Hände. Es kostete einige Kraft, aber es gelang ihm, den Umschlag und die darin enthaltenen Geldscheine zu zerreißen.
Laschke sah ihn fassungslos an. »Mein Gott, was tun Sie da …?«
Markesch schob ihm eine Hälfte zu. »Die Uhr«, sagte er kalt. »Sie bekommen die andere Hälfte, wenn Sie mir die Uhr bringen.« Er gab ihm seine Karte. »Die andere Hälfte liegt im Café Regenbogen für Sie bereit – im Tausch gegen Michael Maaßens Uhr.«
»Aber …!«
Markesch stand auf. »Sie übernehmen die Rechnung.« Dann ging er davon.
Es war verrückt. Er war ein Idiot.
Er hätte das Geld – oder einen Teil davon – für sich selbst behalten sollen. Laschke war genauso eine Ratte wie der Mann mit dem Goldzahn. Aber er tat ihm trotzdem leid.
Und er haßte sich dafür.
11
Im Café Regenbogen saß die Blondine mit dem altägyptischen Profil wieder allein an ihrem Fensterplatz und wartete auf ihren Stahlschrankfreund. Sie lächelte Markesch an, aber er war zu müde und zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, um es zu erwidern. Er hatte Mühe, es überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.
Archimedes flirtete mit einer hennaroten Schönheit in einem superkurzen Lederrock, schwarzen Nylonstrümpfen und schwarzen Stiefeln. Ihre Figur war reine Magie, ihr Lächeln ein Liebeszauber, ihr Verstand wahrscheinlich nicht der Rede wert.
Er dachte an Sophie.
Sophie war schuld, daß er den Frauen gegenüber so zynisch wurde.
Markesch setzte sich an seinen Arbeitsplatz, wartete auf einen Scotch und fragte sich, was er tun solle.
Er mußte den Goldzahn finden, aber wie? Und wie sollte er ihn der Polizei übergeben, wenn die Polizei keinerlei Interesse daran hatte, die Dealer schon jetzt hochzunehmen? Und was war mit Onkel Lukas? Der Gedanke,
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