Überfahrt mit Dame
begegnet auch Holländern und Dänen, unterwegs zu ihren eigenen Inseln. Man trifft Bürger des Sternenbanners, die überall ein Auskommen finden – und, wehe!, vielleicht auch Bürger der neuen Südstaatenflagge mit dem Palmzweig. Außerdem trifft man Engländer jeder Hautfarbe und Klasse und auch Engländerinnen.
Es kommt immer wieder vor, dass Frauen dazu gezwungen sind, die lange Reise allein zu unternehmen. Einige verreisen, um zu ihren Ehemännern zu gelangen, andere, um einen Mann zu finden, und einige wenige, um einem davonzulaufen. Mädchen, die in England eine Erziehung genossen haben, kehren über den Atlantik zurück in ihre ferne Heimat, und andere folgen ihren Verwandten, die ihnen als Pioniere in ein fremdes Landvorausgeeilt waren. Man muss nicht davon ausgehen, dass diese Frauen ganz allein in See stechen und ohne die Hilfe eines freundlichen Armes das Deck betreten. Für gewöhnlich stehen sie unter der Obhut einer vernünftigen älteren Person und scheinen, wenn sie sich erstmals auf dem Schiff zeigen, einer Gesellschaft anzugehören. Doch sehr oft wird nach einiger Zeit ihre wahre Einsamkeit offenbar. Vielleicht ist die vernünftige ältere Person unfreundlich, und bis zum Abend des vierten Tages wird eine neue Freundschaft geschlossen.
Vor nicht allzu langer Zeit entstand eine solche Freundschaft unter den Umständen, von denen ich nun erzählen werde. Ein junger Mann – nicht sehr jung, denn er war bereits über dreißig, aber dennoch ein junger Mann – verließ Southampton auf einem der großen West-Indian-Dampfer in der Absicht, den Isthmus von Panama zu überqueren und weiter nach Kalifornien und Vancouver’s Island zu reisen. Es würde zu weit führen, den Grund für diese langen Reisen zu schildern. Hier soll der Hinweis genügen, dass ihn nicht der verfluchte Hunger nach Gold – auri sacra fames – in die weite Ferne trieb, auch hatte er nicht die Absicht, sich für immer in einer der entlegenen Kolonien Großbritanniens niederzulassen. Er war verwitwet, und vielleicht war ihm seine Heimat ohne seine junge Frau, die er früh verloren hatte, bitter geworden. Als er an Bord ging, war er in Begleitung eines ungefähr fünfzehn Jahre älteren Gentlemans, der bis St. Thomassein Schlafabteil mit ihm teilen sollte. Die beiden waren einander vorgestellt worden und erweckten deshalb an Bord der Serrapiqui den Eindruck, Freunde zu sein, doch ihre Bekanntschaft hatte erst in Southampton begonnen, und mein Held, der Ralph Forrest hieß, war allein auf der Welt, als er an Deck stand und über die Schiffsreling auf die kleiner werdende Küste Hampshires blickte.
»Wir sollten uns lieber um unsere Plätze kümmern, alter Knabe«, sagte sein neuer Freund und klopfte ihm auf den Rücken. Mr. Matthew Morris war ein erfahrener Reisender und wusste, wie man mit seinen vorübergehenden Gefährten binnen kurzem vertraut wurde. Eine lange Reihe von Reisen hatte ihm alle Scheu ausgetrieben, und wenn es ihm gefiel, konnte er jeden Mann in einer halben Stunde zu seinem Bruder machen und jede Frau in zehn Minuten zu seiner Schwester.
»Plätze? Welche Plätze?«, fragte Forrest.
»Sie sind mir ja ein schöner Kamerad auf dem Weg nach Kalifornien. Wenn Sie nicht besser aufpassen, werden Sie nur wenig zu trinken und nichts zu essen bekommen, bis Sie wieder heimkehren. Wissen Sie denn nicht, dass das Schiff randvoll besetzt ist?«
Forrest gab zu, dass dem so war.
»Bei Tisch gibt es Platz für etwa hundert Personen, und wir haben hundertdreißig an Bord. Folglich müssen sich jene, die nicht aufpassen, später um ihre Plätze balgen. Ich habe jedoch Visitenkarten auf Teller gelegt und Tischplätzereserviert. Wir sollten lieber nach unten gehen und darauf achten, dass keiner dieser spanischen Kerle uns verdrängt.« Forrest folgte also seinem Freund nach unten und sah, dass die langen Tische fast vollständig von Passagieren, die auf das Abendessen warteten, in Beschlag genommen waren. Als er sich niederließ, teilte ihm ein zukünftiger Nachbar in einem nicht gerade freundlichen Ton mit, dass dies der Platz einer Dame sei, und als er seinen Sessel sofort wieder freigeben wollte, hielt Mr. Matthew Morris ihn davon ab. So entstand ein kleiner Streit, der glücklicherweise ohne Blutvergießen beendet werden konnte. Die Dame war momentan nicht anwesend, und der mürrische Gentleman war einverstanden, sich einen leeren Stuhl auf der anderen Seite zu sichern.
Während der ersten drei Tage zeigte sich die Dame
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