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Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Titel: Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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sich nicht für Fußball.
    Der Festzug kommt zum Stehen. Polizei rückt an. In der Kanzel auf dem Wagen erscheinen ein paar Finger auf dem Rand der Reling. Der Star rappelt sich wieder auf. An seiner Stirn klafft eine Platzwunde.
    »Der Prinz blutet! O mein Gott! Der Prinz blutet. So tut doch was!«
    Wiebke schaut Petra entgeistert an: »Du klaust kleinen Kindern Kamellen und verübst ein Attentat auf Kölns kolossalsten Kicker?«
    »Grand Jeck Auto!«, ruft Petra. Dann hebt sie die Hand und sagt: »Augenblick, ich bin gleich wieder da!« Wiebke schaut Petra nach, ihrer Freundin. Womöglich wird sie jetzt verrückt. Entschlossen rennt sie auf ein paar junge Männer zu, die mit einer riesigen Bierspritze Doktorspiele betreiben, hakt den mit dem nackten Oberkörper unter und zieht ihn in eine Kneipe.
    Merke ➙ Am Karneval ist die spontane Paarungsbereitschaft aller Beteiligten ähnlich erhöht wie auf Weihnachtsfeiern oder Betriebsfahrten. Frau muss sich nur trauen, beherzt zuzugreifen.
    Nach zwanzig Minuten kommt Petra aus der Kneipe wieder heraus und rückt ihre Klamotten zurecht.
    »So!«, sagt Petra, »ich glaube, jetzt geht’s mir etwas besser.«
    »Hast du eben …?«, stammelt Wiebke ungläubig und schaut dem halb nackten jungen Mann hinterher, der zu seinen verwirrt am Einkaufswagen wartenden Freunden stolziert.
    Petra zitiert Wiebkes eigenes Gesetz: »Regel Nummer vier des neuen Kölschen Grundgesetzes: Die Muschi muss nicht verliebt sein.«
    »Alaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaf!«
    Der nächste Kamelleregen pflügt sich durch die Menge, inklusive 750-Gramm-Spartafeln Vollnuss mit scharfen Kanten. Die Leute gehen zu Boden wie die Tannen beim Orkan Kyrill.
    »Wiebke, ich danke dir«, sagt Petra, »das war, glaube ich, doch eine gute Idee mit dem Kar…«
    Sie bekommt den Satz nicht zu Ende, denn ihre Augen fixieren etwas auf der anderen Straßenseite. Wie eine Schnur zieht sich der Blick zwischen einer Fußgruppe mit gelben Federhüten hindurch zum Objekt der Empörung. Da drüben steht, scherzend mit Freunden, als würde die Sonne die ganze Zeit scheinen, Petras Exfreund Thomas.
    »Petra …«, versucht Wiebke ihre Freundin zu bremsen, doch die läuft schon los. Mit präzisem Seitenblick zieht sie einem kleinen Cowboy die Pistole aus dem Halfter, nestelt sich quer durch die Federhüte, nimmt Anlauf und wirft Thomas zu Boden, ehe er sie überhaupt bemerkt. Der Mann knallt mit dem Hinterkopf auf den Asphalt und findet seine Schultern durch das linke und das rechte Knie seiner Exfreundin fixiert, die auf seinem Brustkorb sitzt und schreit. Wiebke erreicht den Ort des Geschehens. Petra hält die Pistole genau neben Thomas’ Ohr und leert den kompletten 12er-Ring. Thomas verzieht das Gesicht. Mit jedem Peng! entfernt sich die Welt von ihm und wird durch ein immer lauteres Piepen ersetzt.
    Peng!
    »Du verlässt mich und legst nur einen Zettel hin?«
    Peng!
    »Einen Zettel?«
    Peng!
    »Und dann noch einen Schmierzettel, der auf der Rückseite schon bedruckt ist???«
    Peng!
    »Nicht mal einen frischen Zettel konntest du vom Block reißen???«
    Peng!
    »Jetzt kommt dein letztes Gericht.«
    Peng!
    »Ich … ich …«
    Petra fehlen ein paar Worte. Sie dreht sich zu Wiebke um: »Verdammt, wie heißt das denn, wenn man jemanden taub schießt. Bei den Augen heißt es ›Du Sau, ich blende dich!‹, aber wie heißt es bei den Ohren? ›Ich taube dich?‹ Das kann doch nicht richtig sein!«
    »Petra«, röchelt Thomas, der sich selbst nur noch wie durch Holzwolle hört.
    Peng! Peng! Peng!
    Jetzt hört er nichts mehr.
    Auf der anderen Straßenseite zeigt der Junge, dem die Pistole gestohlen wurde, seiner Mutter über die Straße hinweg die, die sein Spielzeug eben nutzt, um einen Mann zu foltern. Wiebke fragt sich, ob sie Petra nicht doch lieber erst nach Karneval hätte freilassen sollen.
    »Wie heißt das denn jetzt? Ertauben? Erstillen? Wie heißt das denn?«
    Wiebke weiß es nicht.
    Petra verliert die Geduld, seufzt, dreht die Pistole um und schlägt Thomas, der gerade noch mit Gesten etwas andeuten wollte, mit dem Griff bewusstlos.
    Merke ➙ Der Karneval fordert grundsätzlich seine Opfer.
    Am Nachmittag sitzen Petra und Wiebke auf Petras Sofa und schauen sich die Rosenmontagszüge aus den anderen Städten an.
    »Ist es wirklich erst 16 Uhr?«, fragt Petra.
    Wiebke nickt.
    Auf dem Bildschirm feiern Düsseldorfer.
    »Ist schon ganz okay, dieser Karneval …«, sagt Petra.
    Wiebke nickt.
    Sie wartet darauf, dass gleich die

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