Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)
Lebens für alle hier Potti , doch er hat geheiratet und zwei Kinder gezeugt. Da Hubi einen zweiten Vornamen im Ausweis stehen hat, müsste er gleich dreimal erfolgreich befruchten.
Was sagt die Wissenschaft? ➙ Auf dem Land verliert jeder Bürger seinen vollen Namen sofort nach der Geburt. Er wird von der Dorfgemeinschaft durch einen verniedlichenden Spitznamen ersetzt und kann erst durch das Zeugen von Kindern wieder zurückgewonnen werden. »Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, das alle kennen«, so Prof. Peter Pfitzner vom Institut für praktische Provinzforschung (IfpP) in Prinzenmoor. »Für jedes Kind gibt es einen Namen zurück. So sichert die Landbevölkerung ihren Fortbestand. Niemand will noch mit vierzig bei seinem Latzhosen-Spitznamen genannt werden.«
Eine Frau und Kinder, denkt Hubi, während die langen, hellen Borsten über das Kopfsteinpflaster kratzen, mit dem ersten Kind würde aus Hubi wieder Hubert , das zweite schenkte ihm den Hubert-Alexander zurück und nach dem dritten würde Frisör Mertens ihn mit den Worten begrüßen: »Wie soll’s denn heute werden, Herr Stentrup?« So träumt er vor sich hin, während die Sektbecher britzeln und die Webcam über ihm surrt, bis er Vanessa in der Menge erspäht. Zart steht sie zwischen den Zuschauern und lächelt ihm zu, ganz ohne Spott, eher mit Mitleid. Dem guten Mitleid. Dem, das sagt: »Ich finde auch, dass es eine doofe Sitte ist. Wollen wir nicht lieber woanders hingehen?«
Hubi gerät ins Schwitzen.
Plötzlich stellt er sich vor, dass die Reizwäsche, die er gerade trägt, Vanessa gehören würde. Der schwarze Stoff im weich gezeichneten Erotikfilm. Die Hülle, die nie ganz fällt und sich an die Haut schmiegt, die er nicht berühren darf. Er spürt, dass sich unter seinem Minirock etwas regt, und hofft, dass Torsten Potthoff mit seiner Kamera es nicht bemerkt. Fegen, einfach nur fegen, redet er sich ein, und nicht an Sex mit Vanessa denken, Sex im zusammengefegten Heu. Hubi schwitzt und schluckt und denkt nicht an Sex, und auf der Dorfstraße rollt ein Wagen vorbei, der von der Autobahn runter musste. Zwei junge Männer lassen das Fenster runter, strecken die Arme heraus und rufen: »Hubi! Happy Birthday, du alte Socke!«
Das Ritual ist vorüber. Die Meute löst sich auf, und Vanessa ist verschwunden. Ein leichter Wind treibt leere Plastikbecher mit Sektpfützen darin über das Pflaster. Hubis Freunde öffnen Bierbüchsen, um den restlichen Tag einzuläuten. Torsten Potthoff packt seine Kamera ein.
Zurück in seinem Zimmer entledigt sich Hubi so schnell wie möglich der Kette der Großtante, zieht die Perücke ab und will gerade seine Brüste aus dem Büstenhalter ziehen, als seine linke Hand den Netzstrumpf streift. Seine Fantasie geht wieder mit ihm durch, er sieht Vanessas Tanzlehrertochterbeine in diesem Nylon und diesem kleinen Rock.
Die Zimmertür ist zu.
Die Freunde bauen im Garten den Pavillon für die Party auf.
Mutter schmiert in der Küche Lachsbrote.
Hubi hat Zeit.
Einen Moment für sich.
Er heißt immer noch Hubi.
Was soll’s, denkt er sich und lässt die Reizwäsche noch einen Augenblick an.
•Das Dorfplatzfegen
Alkoholpegel: ★ ★
Drama: ★ ★
Erotik: ★ ★ ★ ★ ★
Spaß: ★
Was man erwartet
Sex. Nach dem Fegen des Dorfplatzes steht Vanessa weiterhin auf dem Kopfsteinpflaster, schüttelt gemeinsam mit einem selbst den Kopf über das alberne Dorfritual, zupft lachend an der Reizwäsche und sagt, sie habe noch nie fremde Brüste berührt.
Was tatsächlich passiert
Die Reizwäsche kommt tatsächlich zum Einsatz. Nur leider anders als gedacht. Niemand darf es je erfahren.
Was man tun sollte
Heiraten. Und zwar, um alle im Dorf zu ärgern, genau am 364. Tag des 29. Lebensjahres.
Typischer Song
»Forever Young« von Alphaville
Typisches Getränk
Plastikbechersekt
Der Junggesellenabschied
Der Junggesellenabschied ist das Fest des Einschnitts. Eine Feier der letzten Chance und der Orgie. Ein Fanal der männlichen Zügellosigkeit. Ungünstig ist nur, dass keiner das wirklich glaubt …
»Die Reeperbahn«, sagt Alexander. »Wir fahren mindestens auf die Reeperbahn.«
Er tippt mit dem Finger auf den Wohnzimmertisch, als wolle er mit der Spitze ein Loch ins Holz bohren. Der Tisch gehört Ulf. Ein schöner, alter Tisch aus Eibe. Ritter könnten damals daran Pläne geschmiedet haben. Nun sitzen Ulfs Freunde unter der darüber baumelnden Baulampe und entwerfen Ideen für seinen
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