Überman
den Ärzten extra gesagt, sie sollen mir nichts geben, was mich komisch macht.«
»Dann sprich doch noch mal mit ihnen.«
»Mach ich.«
Ruhig und entspannt gleitet Phil durch den Supermarkt, seine Hände fest um den roten Einkaufskorb auf seinem Schoß gekrallt. Vielleicht wäre ja jetzt die richtige Stimmung, um ihn nach Geld zu fragen. Jetzt oder nie. Wir wollen an einem Ständer mit Prepaid-Karten vorbei.
»Warte mal. ’ne iTunes-Karte bitte. Für zehn Euro.«
Ich halte am Kartenständer, und Phil packt eine der Karten in seinen roten Korb.
»Sag mal, Phil, kannst du mir vielleicht was leihen?«
»Wieso, bist du Griechenland?«
»Nee, EC -Karte vergessen.«
»Und Bargeld auch keines?«
»Nein!«
»Was für eine arme Sau du bist. Ich meine, ich sitz nur im Rollstuhl für ein paar Tage, aber du – du hast keine Freunde, kein Geld …«
Die Versuchung ist groß, Phil einfach so in die Suppendosen-Pyramide zu schieben und zu gehen, aber irgendeine winzige Hoffnung hält mich zurück.
»Stoooopppp, Simon! Die Müllermilch!«
»Erdbeer, Banane oder Schokolade?«, frage ich genervt.
»Egal, nur kein Kokos. Aber aufs Datum schauen, ich will die frischen von ganz hinten!«
Ächzend ziehe ich die hintersten Becher aus dem Regal und erwähne beiläufig, dass ich gehört habe, man könne hier beim Bezahlen Geld abheben.
» ICH kann Geld abheben, Simon, du nicht, du hast keine Karte.«
Sauer lehne ich mich gegen ein Regal mit Brotaufstrichen. »Ich brauch nur hundert Euro, keine zehntausend.«
»Genau hundert zuviel. Frag doch Shahin!«
»Wir haben keinen Kontakt mehr.«
»Wie? Ihr habt vier Millionen gemacht zusammen und jetzt habt ihr keinen Kontakt mehr?«
»Genau so isses.«
Phil hat 17 Euro 89 ausgegeben. Diese miese Ratte weiß ganz genau, dass man bei REWE nichts abheben kann, wenn man unter zwanzig Euro bleibt mit seinen Einkäufen. Ich schlage daher vor, dass er noch eine Packung Zigaretten nimmt.
»Hab aufgehört zu rauchen.«
»Wann?«
»Gerade eben!«
»Phiiiiilllll!«
»Hey Simon, bleib mal locker, is nur Spaß! Wir kommen ja noch an ’ner Sparkasse vorbei vor der Apotheke.«
»Apotheke auch noch? Was willst du denn da? Ich meine, du bist im Krankenhaus!«
»Diese scharfe Türkin arbeitet da, die soll total versaut sein.«
»Toll! Und jetzt willst du sie zur Reha einladen, oder was?«
»Weißt du, was ich glaube, Simon?«, flüstert Phil geheimnisvoll.
»Nein?«, frage ich und gehe in die Hocke, um ihn besser zu verstehen.
»Ich glaub, dass echt die meisten armseligen Wichser nur wegen der geilen Türkin da reingehen in die Apotheke und irgendeinen Scheiß kaufen! Ich glaube, die ganze Scheiß-Apotheke lebt überhaupt nur wegen all der Wichser, die die geilen Möpse sehen wollen.«
Ich nicke stumm und rolle Phil schweigend aus dem Supermarkt.
»Simon?«
»Ja?«
»Ich war wieder komisch eben, oder?«
»Ja!«
»Ich dank dir echt für deine Ehrlichkeit!«
»Dafür sind Freunde da.«
»Reeeeechts, du Blind-Spast!«
»Arschloch!«
Ein paar hundert Meter weiter sind wir tatsächlich in der Apotheke, und als ich die Türkin sehe, muss ich Phil zustimmen, denn die ist wirklich Hammer. Wäre ich der Chef der Apotheke, ich würde sie entlassen, weil sie zu schön ist. Während ich aus genau diesem Grund weitere Blicke der Kategorie »Darf ich dich mit nach Hause nehmen und ablecken?« vermeide, informiert sich Phil bei ihr pseudo-wissbegierig über Vitaminpräparate, Sonnencremes und Schüssler-Salze. Ich stehe daneben und starre abwechselnd auf Zahnweiß-Zahncremes und den armseligen Phil, der sich schließlich eine Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 30 und eine Packung extragroße Kondome kauft, die er mir grinsend präsentiert.
»Ich finde, die Babes sollten rechtzeitig wissen, woran sie sind! Oder, Kumpel?«
»Da hast du recht!«
Was für eine bekloppte Idee, ausgerechnet Phil anzupumpen. Hätte mir ja eigentlich klar sein müssen, dass der das bis aufs Blut ausreizt.
»So, Simon, jetzt hab ich Hunger. Hier lang!«
»Da liegt aber Kopfsteinpflaster!«
»Eben! Deswegen will ich ja da lang, bisschen Spaß haben.«
»Aber –«
»Hörst du mir zu? Ich nehme Hydromorphon, da kannste mir auch einen Kanaldeckel auf den Sack knallen. Mir ist langweilig. Also schieb! Den ganzen Tag freu ich mich schon auf die Kopfsteinpflaster-Stelle!«
Ich schaue auf die Uhr, wir haben kurz nach halb sechs.
»Was ist? Schieb, Otto, schieb!«
»Jaha!«
Vorsichtig rolle ich
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