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Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde

Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde

Titel: Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Klos
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Ich nahm das Foto aus dem Album und hängte es an unseren Kühlschrank.
    Für den Abend luden wir Ricarda und Mathias ein. Sie freuten sich riesig, zumal sie damit nicht gerechnet hatten. Sie dachten, wir würden unsere Ruhe haben wollen. Als die Kinder gerade eingeschlafen waren, klingelten die beiden. Ralf und ich gingen gemeinsam zur Tür. Ricarda und ich fielen uns sofort in die Arme, sie drückte mich ganz fest und weinte. Ich spürte, wie angespannt sie war und wie sehr sie die ganze Sache als meine beste Freundin mitnahm. Dann nahm auch Mathias mich in den Arm. Ralf sagte einfach nur »Hallo« und ging wieder ins Wohnzimmer zurück. Vielleicht war es keine Absicht von ihm, aber im Stillen ärgerte ich mich schon darüber, dass er in diesem Moment eine innige Begrüßung nicht zulassen konnte. Warum war dies bei unseren besten Freunden und bei dem, was uns gerade widerfuhr, nicht möglich? Auf einmal wurde mir bewusst, dass ich mir nicht nur in diesem Moment, sondern auch schon in einigen Situationen zuvor mehr Gefühle von ihm gewünscht hätte. Er tat wirklich alles, um uns durch diese Sache irgendwie durchzubringen. Aber emotional hatte er sich verriegelt und verrammelt mit einem Dutzend schusssicherer Türen. Es hatte auch keinen Sinn, mich der Illusion hinzugeben, dass ich die Schlüssel zu diesen Türen jemals finden würde. Er machte einfach alles mit sich selbst aus – im krassen Unterschied zu mir, die alles sofort in die Welt hinausposaunte.
    Ralf öffnete eine Flasche Wein, und ich holte die Fotos von Lina und Leni. Als Mathias und Ricarda die Kleinen auf den Bildern sahen, gab es einen großen Aha-Effekt.
    »Die sehen ja ganz unterschiedlich aus!«, rief Ricarda.
    Wir lachten über die offensichtliche Unähnlichkeit. In Wirklichkeit aber lachten wir, weil wir alle so glücklich waren, dass das »verlorene Kind« gefunden worden war und die Ordnung bald wiederhergestellt sein würde. Endlich waren die Zeit der zermürbenden Ungewissheit und das Fahnden nach der richtigen Identität vorbei.
    Ricarda wollte alles über die letzten Tage und vor allem über die andere Mutter, über Lina und das Treffen wissen. Ich sprudelte mal wieder wie ein Wasserfall. Ralf sagte nicht viel. Er war froh, als wir irgendwann bei einem anderen Thema landeten.
    Plötzlich hörten wir von oben ein bellendes Husten. Es war Leni. Ricarda und ich liefen ins Kinderzimmer und machten das Licht an. Leni hustete pausenlos und hatte eine pfeifende Atmung.
    »Sie hat einen Kruppanfall«, stellte ich besorgt fest.
    Yara war auch ein Pseudokrupp-Kind gewesen, deshalb hatte ich damit Erfahrung. Normalerweise hätte ich die Fenster aufgemacht und ein paar Globuli gegeben, und nach zehn Minuten wäre der Anfall vorüber gewesen. Alles halb so wild.
    Doch nun verlor ich die Nerven. Ich bekam Panik, dass Leni ersticken könnte. Wie gelähmt stand ich da und wusste nicht, was ich tun sollte. Auch Ricarda war mit der Situation überfordert, sie kannte sich mit Kruppanfällen nicht aus. Irgendwann kamen auch Ralf und Mathias hoch. Alle vier standen wir vollkommen hilflos vor dem hustenden Kind.
    »Ich ruf jetzt den Notdienst an!«, entschied ich schließlich.
    Nachdem ich dem zuständigen Arzt Lenis Symptome beschrieben hatte, forderte er mich auf, den Hörer an ihr Gesicht zu halten. Ich tat, wie mir geheißen. Daraufhin meinte er, ich solle nasse Tücher im Zimmer aufhängen und Leni ein Kortisonzäpfchen geben. Glücklicherweise hatte ich welche da.
    Nach kurzer Zeit ging es Leni schon besser. Sicherheitshalber stellte ich trotzdem ihr Bettchen neben unser Bett und sagte zu Ricarda und Mathias, dass ich mich nun zu ihr legen würde. Sie verabschiedeten sich und sagten, dass sie immer für uns da seien, wenn wir sie bräuchten.
    Als ich vollkommen erschöpft im Bett lag, ging mir auf, wie sehr ich überreagiert hatte. Letztendlich hatte Leni doch nur einen Pseudokruppanfall gehabt, der in der Regel genauso schnell verschwand, wie er gekommen war. Niemals hätte ich ihr übereilt ein Kortisonzäpfchen, ein derart heftiges Medikament, gegeben, wenn sie mein leibliches Kind gewesen wäre. Aber sie war nun mal in Wirklichkeit das Kind einer Fremden, und die Verantwortung für das Kind lastete wie ein tonnenschwerer Stein auf mir.
    Am nächsten Morgen rief ich als Allererstes Hannah an. Nach sechs Monaten wusste ich plötzlich nicht mehr, wie ich Leni ernähren sollte. Ich hatte ja keine Ahnung von diesem Pulverzeugs. Hannah meinte, dass das

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