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Übersetzt du noch oder verstehst du schon?

Übersetzt du noch oder verstehst du schon?

Titel: Übersetzt du noch oder verstehst du schon? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd M. Samland
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muss, um Handlungs- und vor allem Kaufimpulse zu erzeugen.
    Wir glauben zwar meistens selbst, dass Wissen über Produkte und ihr Preis unser Kaufverhalten bestimmt; in Wahrheit sind es aber Emotionen, die eine viel größere Rolle bei Kaufentscheidungen spielen. Anderenfalls wäre es schwer zu erklären, warum zum Beispiel AUDI auch mit den Modellen Erfolg hat, die es in annähernd gleicher technischer Qualität und Größe deutlich günstiger von SKODA zu kaufen gibt, oder warum PERSIL so häufig gekauft wird, wenn doch Warentests der billigeren ALDI-Nord-Marke UNA gleiche Qualitäten bescheinigen.
    Die meisten Produkte unterscheiden sich faktisch kaum voneinander. Das kann man besonders gut durch Blindtests, beispielsweise von Getränken, belegen, die selten mit geschlossenen Augen der Herkunftsmarke sicher zugeordnet werden können. Das gilt keineswegs nur für Lebensmittel, sondern für technische Produkte ebenso wie für Textilien und viele Dienstleistungen. Darum sind Marken und die Werbung, die diese Markenwelten aufbaut, so wichtig für die Identität von Produkten und für die Orientierung der Verbraucher.
    Zweifellos vermag auch englische Werbung, die man nichtversteht, Emotionen auszulösen – ebenso wie englische Popmusik emotionalisieren kann, ohne dass man den Text kennt. Zugegeben, der Vergleich hinkt ein wenig, weil bei Popmusik der Melodie und dem Rhythmus mindestens die gleiche, wenn nicht sogar eine höhere emotionalisierende Wirkung zukommt als dem Text. Zwar bewegen sich auch Werbetexte nicht im luftleeren Raum, sondern sind Teil von Bilderwelten, Werbespots oder Produktdarstellungen. Allerdings sind diese Bilderwelten häufig austauschbar, wenn wir an die vielen Bilder von Natur, fröhlichen Menschen, blauem Himmel und schönen Landschaften denken.
    Deshalb ist die Sprache der Werbung so wichtig. Das beginnt beim Markennamen, geht über den Claim bis zu den sonstigen Texten in Anzeigen und Werbespots. Es gibt eine Reihe von Belegen dafür, dass die Muttersprache der jeweiligen Zielgruppe immer die emotional stärkere Sprache ist. Das zeigt sich an folgenden, für jeden nachvollziehbaren Beispielen:
    Das in Deutschland meistverkaufte Musikstück der ersten Dekade des neuen Jahrtausends war mit Abstand ein deutschsprachiger Song zweier Österreicher, nämlich „Ein Stern (der deinen Namen trägt)“ von DJ Ötzi und Nik P. Das meistverkaufte Album stammte übrigens von Herbert Grönemeyer mit dem Titel „Mensch“. Also alles Titel, die jedermann mitsingen kann, was automatisch einen höheren Emotionalisierungsgrad auslöst.
    Eine Studie der Universität Dortmund hat bereits 2004 die Änderung des Hautwiderstands beim Abspielen von ausgewählten deutschen und englischen Werbetexten untersucht und verglichen. Die Veränderung misst die Stärke der durch die Werbung ausgelösten Gefühle – ein Prinzip, wie es sich zum Beispiel auch der Lügendetektor zunutze macht. Insgesamt zehn Claims – je fünf englische und fünf deutsche – wurden 24 Probanden vorgespielt. (Diese Stichprobengröße istbei Einzelversuchen mit Elektroden üblich und international anerkannt.) Dabei reagierten die Versuchspersonen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Bildung, signifikant stärker auf die deutschen als auf die englischen Sprüche.
    Das verwundert nicht, denn Werbesprüche wirken insbesondere dann gut, wenn sie sich auf das Alltagsleben der Verbraucher übertragen lassen. Die Lebenswirklichkeit wird hierzulande in aller Regel von der deutschen Sprache geprägt. Englisch wirkt häufig aufgesetzt und dadurch weniger glaubwürdig. Man glaubt einem Franz Beckenbauer einfach nicht, dass er auch in seinem normalen Leben zu irgendjemand „Colour your life“ sagt (wie in der SAT.1-Eigenpromotion), ebenso wie kein Deutscher Opelfahrer zu seiner Frau sagen würde: „Schatz, lass uns mal die Citylimits exploren“ (vgl. „Explore the City Limits“ , OPEL ANTARA). Diese Sprüche wirken am Leben vorbei. Schaut man sich hingegen Werbe-Klassiker an, wie:
Nichts ist unmöglich.
(TOYOTA)
Nicht immer, aber immer öfter.
(CLAUSTHALER)
Wer wird denn gleich in die Luft gehen …
(HB)
Quadratisch, praktisch, gut
(RITTER SPORT)
Da weiß man, was man hat!
(PERSIL)
Er läuft und läuft und läuft
(VOLKSWAGEN)
aber auch neuere deutsche Claims wie:
Wohnst Du noch oder lebst Du schon?
(IKEA)
3…2…1…meins!
(EBAY)
Ich bin doch nicht blöd
(MEDIAMARKT)
Das Beste oder nichts
(MERCEDES-BENZ)
Unterm Strich zähl

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