Übersetzt du noch oder verstehst du schon?
allerdings aus Sicht der Marke eine wörtliche Übersetzung weniger wichtig als in anderen Fällen. Entscheidend war anlässlich der Markeneinführung 2002 zunächst einmal, dem Markt mitzuteilen, dass die Abkürzung O 2 nicht (nur) als chemische Bezeichnung für das Sauerstoff-Molekül dient, sondern auch für Telekommunikation stehen soll.
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DO YOU YAHOO?
ODER: WAS MACHT MAN EIGENTLICH MIT YAHOO?
YAHOO ist einer der bekanntesten Internetdienste, der schon 1995 in den USA gegründet wurde. Um den Claim übersetzen zu können, müsste man eigentlich zunächst klären, was die Vokabel „yahoo“ heißt, wenn es sie denn überhaupt gibt.
Dazu existieren unterschiedliche Geschichten. Die Firma selbst bezieht den Namen auf Jonathan Swifts Roman „Gullivers Reisen“, in dem Gulliver auch auf einer Insel strandet, auf der Pferde in Häusern wohnen und menschenähnliche Wesen, Yahoos genannt, zum Reiten und Kutschieren genutzt werden – wie sonst normalerweise Pferde. Dieser Name leitet sich wiederum von dem umgangssprachlichen Begriff „to yahoo“ ab, der für „ungezogen sein“, aber auch für „krakeelen“ steht – und normalerweise nicht zum Vokabular an unseren Schulen zählt. Kritische Stimmen bezeichnen den Namen YAHOO auch als Akronym für „Yet Another Hierarchical Officious Oracle“ (Noch ein weiteres hierarchisches, aufdringliches Orakel).
Aber die ursprüngliche Bedeutung des Begriffes ist hier gar nicht relevant. YAHOO reagierte mit diesem Claim, der schon im Jahr 2000 eingeführt wurde, auf einen jüngeren Konkurrenten, der erst 1998 den Markt betrat, aber bereitszwei Jahre später YAHOO in mehreren Geschäftsfeldern – vor allem in dem der Suchmaschinen – überflügelt hatte. Gemeint ist GOOGLE. Und mit dem Namen GOOGLE passierte – sogar gegen den ausdrücklichen Willen des Unternehmens – etwas, was YAHOO ins Hintertreffen geraten ließ: GOOGLE wurde zum Verb; „to google“ oder auch deutsch „googeln“ wurde zum Synonym für die systematische Internetsuche.
Also wollte YAHOO mit dem Claim „Do You Yahoo?“ versuchen, seinen Markennamen auch als Verb zu etablieren – als Bezeichnung für die Nutzung von YAHOO. Mit eher geringem Erfolg. Denn in Deutschland verstanden das noch 2003 ca. 85 Prozent nicht. Einige versuchten sich nach der entsprechenden Aufforderung an der Übersetzung, unter anderem mit folgenden Ergebnissen:
Kennst du Yahoo?
Schließ dich Yahoo an!
Gemeint war aber „Nutzt du (schon) Yahoo?“. Allerdings wurde das Verb im allgemeinen Sprachgebrauch nicht angenommen, weder in den USA noch in Deutschland. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen:
In Deutschland verlangen die Flexionsregeln für Verben eine (phonetisch) konsonantische Endung („Yahooen“ würde sich sehr merkwürdig anhören).
„Googeln“ stand und steht für eine klar identifizierbare Tätigkeit, nämlich für „mit einer Suchmaschine arbeiten“, insofern brachte die Nutzung auch sprachökonomische Vorteile, weil das neue Wort deutlich kürzer war. Hingegen bot YAHOO damals zwar auch eine Suchmaschine an, aber eben auch eine Fülle anderer Dienstleistungen wie E-Mail-Services etc. Insofern wäre gar nicht klar gewesen, für was „Yahooen“ denn genau stehen sollte.
Das Beispiel zeigt, dass Sprachverhalten sich nicht so einfach oktroyieren lässt, sondern eigenen Gesetzen folgt.
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TURN ON TOMORROW
ODER: EINSCHALTEN UND UMDREHEN?
Der südkoreanische Mischkonzern SAMSUNG ist bei deutschen Endverbrauchern hauptsächlich durch seine Unterhaltungselektronik bekannt. Eben diese Sparte wirbt auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit dem Spruch „Turn on tomorrow“ . Eigentlich sind dies keine besonders schweren oder seltenen Vokabeln, aber dennoch konnten bei einer Stichprobe nur etwa die Hälfte der Befragten diesen Claim im Sinne von SAMSUNG übersetzen. Fehlversuche lauteten unter anderem:
Morgen angetörnt sein
Schalte morgen ein
Der letzte Versuch geht zwar in die richtige Richtung, aber auch hier kommt es auf die Nuancen an, um die Bedeutung zu verstehen, denn gemeint ist nicht einfach „morgen“, sondern „das Morgen“ im Sinne vom „die Zukunft“: SAMSUNG möchte seinen Kunden mitteilen, dass die Technik von morgen in den Geräten ihrer Marke heute schon zu finden ist.
Sicherlich trägt die Integration des englischen Wortes „turn“ als „törnen“ in die deutsche Sprache mit dazu bei, dass derartige Missverständnisse auftauchen, wird
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