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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Frühstück mit der Arbeit an und schrieb bis in den späten Nachmittag hinein. Die ersten Kapitel waren weitschweifig, eine Art innerer Dialog. Als sich seine Gedanken klärten, schrieb er die frühen Seiten noch einmal.
    Und er erkannte, wie sein Thema hieß: Wer bin ich? Was mache ich hier? Wohin geht es mit uns allen?
    Er gab keine leichtfertigen Antworten. Er hatte eine Menge schwieriger Fragen zu stellen.
    Da war die Sache mit der persönlichen Sicherheit. Seine Kumpel im Lagerhaus kannten Sicherheit am Arbeitsplatz, kannten Sicherheit in ihren Beziehungen zur Welt. Sam Fuseli, Intelligenzquotient etwa 75, wußte, daß er sich und der Welt am besten damit diente, daß er die Arbeit tat, die er machte, selbst wenn er den Gedanken nicht in Worte kleiden konnte. Und die Gesellschaft sorgte mit ihrer Renten- und Krankenversicherung, mit ihren Gewerkschaften dafür, daß Sam Fuseli nicht von den Zweifeln und Nöten geplagt wurde, von denen die Fuselis früherer Jahrhunderte gequält worden waren.
    Und dann gab es Don Keats, Intelligenzquotient etwa 165, sicher und gemütlich in seiner Forschungsabteilung der Transistorfirma, der sich durch den ständigen Genuß von Gin und Wermut rasch in einen Zustand der Abgestumpftheit versetzte. Keats war sicher, aber war er glücklich? Ihm fehlte die Herausforderung. Es war nicht zu seinem Besten, daß man sich so sehr um ihn kümmerte. Und obwohl er das als sein Problem erkannt hatte, konnte oder wollte er die Lage nicht ändern. Also trank er.
    Und da war auch noch Howard Wilson, in puncto Intelligenzquotient nicht gerade eine Niete. Eine Kette von Zufällen hatte ihm die Sicherheit genommen, und zum ersten Mal dachte er, schätzte er sich und die Welt ab. Nichts mehr von den Routinearbeiten der akademischen Welt. Und er war sehr überrascht, als er feststellte, daß er in seiner neuen Unsicherheit glücklich war. Viel glücklicher als zu der Zeit, als er mit dem Strom schwamm, seine Doktorarbeit vorbereitete und auf eine wirklich automatische Beförderung zutrieb. Danach wären lange Jahre eines angenehmen Dämmerschlafes als Professor gekommen.
    Er schrieb drei Wochen lang, und das Manuskript wurde zunehmend umfangreicher. Sorine ließ ihn in Ruhe. Sie sah, daß etwas in ihm zum Leben erwacht war, daß sich die Puppe im Kokon rührte, und sie wollte nicht eingreifen, solange die Entwicklung noch nicht abgeschlossen war. Er unternahm keinen Versuch, ihr das unfertige Manuskript zu zeigen, oder ihren Rat einzuholen.
    Am Ende der dritten Woche legte er eine Pause ein und las durch, was er geschrieben hatte. Worte und Sätze einer Unterhaltung, die er fast vergessen hatte, wurden plötzlich lebendig. Die Stücke eines riesigen Puzzles fielen eines nach dem anderen fest an ihre Plätze. Das Puppenstadium war zu Ende. Etwas Neues warf sich hin und her und wollte leben.
    Er legte das Manuskript beiseite. Es hatte keine Bedeutung mehr für ihn. Es hatte ihm geholfen, das Problem zu erkennen, und es hatte seinen Zweck erfüllt. Er suchte eine Telefonnummer heraus, von der er geglaubt hatte, er werde sie nie wieder anrufen.
    »Null-fünf-drei-sechs-eins«, sagte die glatte Stimme der Sekretärin. »Wer spricht bitte?«
    »Howard Wilson. Ich möchte Mr. Brewster sprechen.«
    Ein Augenblick verging. Dann dröhnte ihm Brewsters selbstsichere Stimme in die Ohren. »Hallo, Wilson! Ich warte schon die ganze Woche auf Ihren Anruf.«
    »Ich würde Sie gerne sehen. Sofort.«
    »Sie sind hier jederzeit willkommen«, sagte Brewster.
    Weder Brewster noch das hell erleuchtete Büro hatten sich verändert. Auch der Schreibtisch mit der kleinen Statue des Dinosauriers war der gleiche. Nur Wilson hatte sich verändert.
    Er zündete sich ruhig eine Zigarette an und sagte: »Als ich das letzte Mal hier war, sprachen Sie in Doppeldeutigkeiten, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie sprachen von einer Sache, meinten aber eine andere. Ich brauchte bis jetzt, um herauszubekommen, was läuft, und ich brauchte ein paar Schläge ins Genick.«
    »Und was, meinen Sie, läuft?« fragte Brewster mit einem Zwinkern.
    »Ich glaube, das Institut für den Fortschritt der Menschheit ist um einiges aktiver, als es von außen den Anschein hat«, antwortete Wilson. »Ich denke, Sie sind eine Art Tarnorganisation, die überhebliche Anzeigen aufgibt, in denen Sozialversicherung, Vereinte Nationen und Einkommensteuer angegriffen werden, während die eigentlichen Sachen dieser Organisation im geheimen ablaufen.«
    »Und was

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