Uferwald
beschützen würden.
Brötchen bog nach links ab, das Licht der Scheinwerfer wurde vom Verputz der Lärmschutzmauer zurückgeworfen, der Wagen rollte durch die Einfahrt und über die Tempo-30-Straße zum Parkplatz, voll gestellt wie immer mit den Schrottautos der Leute hier, ein einziger Platz war noch frei, gerade am Rand und eingequetscht zwischen einem verbeulten Toyota und der Begrenzungsmauer.
»Steig schon mal aus«, sagte Brötchen und hielt. Wanja kletterte aus dem Wagen. Die Luft war frisch, und er bekam Lust auf eine Zigarette. Brötchen musste einmal zurückstoßen, um die Kurve in den engen Stellplatz zu bekommen. Wanja fingerte eine Zigarette aus der Packung und versuchte, sie sich anzuzünden. Der Wind blies das Feuerzeug aus. Ein Mann kam die Straße herunter.
Brötchen hatte den Wagen glücklich in die Lücke gebracht, keine Handbreit von der Begrenzungsmauer entfernt. Wanja drehte sich mit dem Rücken gegen den Wind und versuchte es noch einmal, den Kopf zum Schutz gegen den Wind zwischen die Schultern gezogen.
»Guten Abend«, sagte der Mann, der die Straße heruntergekommen war und offenbar zum Parkplatz wollte.
»n’ Abend«, murmelte Wanja, die Zigarette im Mund. Er kannte den Mann nicht. Immer wieder Neue hier. Das Feuerzeug züngelte blau auf.
Brötchen zwängte sich aus dem Wagen. Wegen des Toyotas konnte er die Tür nicht richtig öffnen. Dann schob er sich zwischen beiden Autos hindurch zur Straße. Links, in Brötchens Rücken, tauchte ein Schatten auf. Wanja griff nach dem Revolver in seinem Schulterhalfter. Ein harter Gegenstand presste sich gegen seinen Rücken, es war wie ein Schlag auf die Nieren.
»Polizei«, sagte eine Stimme in seinem Rücken, »Sie sind festgenommen, die Hände auf den Rücken.«
Der Schlag in Wanjas Rücken war so heftig gewesen, dass ihm die Zigarette aus dem Mund geflogen war. Brötchen stand noch immer, aufrecht, wie erstarrt. Hinter ihm war dieser Schatten, kompakt, geduckt.
»Hände auf den Rücken!«
Langsam streckte Wanja die Arme nach hinten. Metallbänder schlossen sich um sein linkes, dann um sein rechtes Handgelenk. Fast betäubt beobachtete Wanja, was vorne am Auto ablief, wie in Zeitlupe sah er, dass Brötchen seinen Ellbogen nach hinten stieß. Der Schatten tauchte darunter weg und sprang zur Seite und hielt mit beiden Händen eine Pistole, und der Lauf zielte auf Brötchens Bauch.
Desarts bietet ein Bonbon an
N och vor der ersten Tasse Tee war Tamar ihre acht Kilometer entlang der Donau gelaufen, die Luft war kühl und frisch gewesen und hatte der Lunge gut getan und dem Kopf. Zuhause hatte sie geduscht, sich Frühstück gemacht, irgendwann das Radio eingeschaltet, mit halbem Ohr oder gar nicht zugehört und doch unvermittelt die Hand mit der Teetasse sinken lassen:
...nach noch unbestätigten Meldungen hat die Ulmer Polizei in der vergangenen Nacht die beiden Männer festgenommen, die am vergangenen Freitag eine Filiale der Handels- und Gewerbebank im Stadtteil Eschental überfallen und dort rund eine Viertelmillion Euro erbeutet haben. Die beiden Männer, die im dringenden Verdacht stehen, weitere Banküberfälle im Raum Oberschwaben begangen zu haben, sind in Ulm von Polizeibeamten überwältigt worden. Näheres soll heute Vormittag in einer Pressekonferenz mitgeteilt werden...
Das zu hören, tut gut, hatte sie spontan gedacht. Aber was war das für ein Einsatz gewesen? Wer hatte ihn angeordnet? Markert, der Leiter der Sonderkommission, hatte gestern noch unwissend, ja hilflos geklungen. Alles nur Theater? Außerdem war sie erst spät am Abend gegangen, aber nichts hatte zu diesem Zeitpunkt auf eine größere, gar auf eine spektakuläre Aktion hingedeutet, etwa auf den Einsatz einer SEK-Einheit.
Eine halbe Stunde später war sie im Neuen Bau. Es ist nichtso, dass der Tagesablauf einer Polizeidirektion durch einen Fahndungserfolg, und sei er noch so spektakulär, aus seinen gewohnten Bahnen geworfen werden könnte. Es war eher so, dass jeder, der Tamar über den Weg lief, eine geradezu betonte Alltäglichkeit zur Schau stellte, ja, das stimmt, es hat heute Nacht zwei Festnahmen gegeben, und hier, bitte, deine Post...
Der Anrufbeantworter blinkte. Tamar, noch im Mantel, drückte auf die Abspieltaste.
»Desarts hier«, meldete sich die leise, kaum hörbare Stimme des Ersten Staatsanwalts. »Für zehn Uhr hat sich bei mir Rechtsanwalt Petri mit dem Herrn Keull angemeldet, er will klären, was gegen seinen Mandanten vorliegt
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