Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Uferwald

Titel: Uferwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
Vom Netzwerk:
Polizist war auch da, mit Trauerflor zu einem karierten Hemd. Wenn sie die Leiche zum Verbrennen freigeben, dann hat der doch eigentlich nichts mehr damit zutun, findest du nicht? Aber offenbar interessiert er sich jetzt für den Unfall, bei dem Tilman ums Leben kam.«
    Isolde setzte die Kaffeeschale ab, etwas ungeschickt, und die Schale klirrte auf dem Glastisch. Als sei sie vom Klirren der Tasse ausgelöst worden, schlug in diesem Augenblick die Klingel an, und die Mittagsruhe war vorbei, denn im Kinderzimmer war nun kein Halten mehr.
    Wütend stellte Treutlein seine Schale ab und stand auf. »Sehen diese Hirngesteuerten nicht, dass das ein Haus mit Kindern ist? Heute noch mach ich ein Schild: ›Zwischen 13.30 und 14 Uhr Besuche unerwünscht‹ und häng es raus.«
    Draußen war Johannes zur Tür gelaufen und hatte geöffnet, Mona stand im Flur und sah zu. »Da ist ein Mann«, sagte Johannes zu seinem Vater, es klang ein wenig enttäuscht, der Besucher gab nicht viel her.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Kuttler, »wenn ich stören sollte.«
    »Das tun Sie allerdings«, antwortete Treutlein ärgerlich. »Sie haben vermutlich keine Kinder, wie? Sonst wüssten Sie, wie wichtig eine ungestörte Mittagsruhe ist.«
    Kuttler fuhr fort, sich zu entschuldigen. Treutleins Haus sei zufällig an seinem Weg gelegen, und er habe auch nur eine unbedeutende Frage, mit der er ungern am Abend würde stören wollen.
    »Wenn Sie schon da sind«, sagte Treutlein und wies zum Wintergarten, »dann kommen Sie halt rein. Und ihr geht noch mal ins Kinderzimmer, die halbe Stunde war noch nicht um!«
    »Aber wo es doch geklingelt hat, da können Kinder nicht mehr schlafen«, widersprach Johannes. »Hast du selbst gesagt.«
    »Ins Kinderzimmer!«, befahl Treutlein, und Johannes und Mona verschwanden. Im Wintergarten hatte sich Isolde aufgerichtet und das Plaid zur Seite gelegt.
    »Das ist der Beamte von der Polizei, von dem ich dir erzählt habe.«
    Kuttler stellte sich vor und begann, sich erneut zu entschuldigen.
    »Ist schon gut«, sagte Isolde, »wollen Sie einen Kaffee? Mein Mann macht einen ziemlich guten.«
    »Danke«, lehnte Kuttler ab, er habe auch nur ein oder zwei Fragen und wolle nicht lange stören. Treutlein wies ihm einen der Korbstühle zu, und die beiden Männer setzten sich. Neben Kuttlers Platz ragte eine buschige Euphorbie hoch, mit kleinen grünen Blättern an den Spitzen der aufstrebenden stacheligen Triebe.
    »Wir wollen nur ein paar Dinge abklären im Zusammenhang mit dem Unfalltod von Tilman Gossler«, fuhr Kuttler fort und sah von Treutlein zu dessen Frau, wobei er sich etwas vorbeugen musste, weil die Euphorbie das Blickfeld einengte, »das hat sich im Zusammenhang mit dem Ableben seiner Mutter so ergeben. Vor allem sollten wir wissen, ob es in der Neujahrsnacht 1999 irgendwelche besonderen Vorkommnisse gegeben hat, so viel ich weiß, waren Sie beide mit ihm zusammen in diesem Lokal, in diesem...«
    »Im GlucksKasten«, sagte Isolde und sah ihn scharf an. »Es ist ja sicher wichtig, dass sich die Polizei um Tilmans Unfall kümmert, aber finden Sie nicht, dass Ihnen das ein wenig spät einfällt?«
    Kuttler nickte, höflich oder zustimmend, es war nicht genau zu erkennen. «Sie waren beide dort, nicht wahr?«
    »Wir haben uns öfters dort getroffen«, antwortete Treutlein, »man kann fast sagen, wir waren eine Clique, und dass wir uns an Silvester treffen, war ein Ritual, ein absolutes Muss.«
    »Und Sie gehörten beide zu dieser Clique, ebenso Tilman und auch Luzie Haltermann?«
    »Sie haben uns alle gesehen«, sagte Treutlein, »bis auf Isolde waren wir sämtlich bei der Trauerfeier, Manfred Czybilla, das ist der mit dem dunklen Anzug und der schlanken Taille« – Treutlein breitete beide Arme aus, als müsse er ein besonders großes Fass ausmessen – »und Andreas Matthes, das ist übrigens der Referent des Oberbürgermeisters, und die Puck...«
    »Er meint Angelika Falter«, warf seine Frau ein.
    »Sie müssen entschuldigen«, fuhr Treutlein fort, »mir kommen diese nick-names immer wieder in die Quere, bei mir ist das ja auch so, neulich habe ich einen getroffen, den ich von früher gekannt hab, vom Zivildienst, und zum Schluss geb ich ihm meine Karte, falls er mal anrufen will, und er sagt, ach! Treutlein heißt du, Harald Treutlein, ich hab dich nämlich immer bloß als Juffy gekannt. Einen Augenblick.«
    Vom Kinderzimmer drang Gekreische herüber und steigerte sich zu einer Art Gellen, Johannes erschien im

Weitere Kostenlose Bücher