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Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
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Schauspielschule zu lernen? Oder war das eine Befreiung?
    Ich merkte: Irgendetwas passiert da oben. (
Er tippt sich an den Kopf.)
Und ich will es in Worte fassen. Diese ganze Gedankenwelt. Das Sprechen lernen war nicht sehr schwierig, weil ich musikalisch bin. Sprache hat ja auch mit Musikalität zu tun. Und natürlich hat der Beruf auch mit Nachahmung und Hören zu tun. Aber man kann überall glücklich werden. Ob man jetzt viel redet oder wenig. Ob man zur Post geht oder zur Eisenbahn. Ich habe meinen Beruf und meine Gabe gefunden. Weil ich eben Sprachen und Sprechen liebe! Ende gut, alles gut.
    Die Verwurzelung mit der Heimat, die Sie beschreiben – damit verbindet man zunächst mal keinen Menschen, der gerne in andere Rollen schlüpft.
    Vielleicht fällt es auch leichter – weil du eine Basis hast. Dann kannst du dir alles Mögliche ausdenken und einfallen lassen – du hast das Vertrauen in dich selbst. Da ist ein Zentrum, auf das du zurückfallen kannst im besten Falle. Ich glaube, das ist auch schwäbisch: bei sich zu sein.
    Es gibt heute Leute, die trainieren sich den Dialekt regelrecht ab. Die haben Angst vorm Dialekt. Verstehen Sie die?
    Na ja, ich musste das aus Berufswegen tun. Bei Shakespeare, Schiller und Goethe kommst du als Allgäuer, mit dieser Färbung, nicht weiter. Ich kann Leute verstehen, die Hochdeutsch lernen, weil sie beruflich weiterkommen wollen.
    Ist das provinziell?
    Schrecklich, wenn es das wäre. Aber wenn einer seinen Dialekt wirklich durchzieht, ist mir das schon auch sehr sympathisch – weil ich so ein Gefühl habe: Der ist wirklich bei sich.
    Was können Sie mit dem Dialekt ausdrücken, was Ihnen auf Hochdeutsch nicht gelingt?
    Ich glaube, man ist näher an der Seele dran. Man ist tiefer bei sich und kommt näher zu sich, weil es, wenn man damit aufgewachsen ist, natürlich die Muttersprache ist. Es ist eine Verbindung zum Selbst und …
    … zur Kindheit.
    Das Tor öffnet sich mehr – zu den ganz emotionalen und vielleicht archaischen Erlebnissen in der eigenen Biografie. Da schließt einen der Dialekt mehr auf und bringt einen sich näher.
    Haben Sie ein Lieblingswort im Allgäuerischen?
    Da fallen mir gleich Worte ein von meiner Oma. Ein Lieblingswort ist das nicht, aber sie hat immer gesagt: »Du bischt heut wieder ahdthär.« Ahdthär – das heißt, man ist so ein bisschen störrisch. »A Schwarzblatt« – das ist eine Amsel. Das mochte ich immer: »A Schwarzblatt hocket auf dem Baum«, da gab es in meiner Kindheit ein Lied.
    Sie mochten den Vogel?
    Die Amsel ist die Allgäuer Nachtigall. Die singt ja auch gar nicht so schlecht, so eine Amsel. Anstatt »Hast du Feuer?« sagt der Allgäuer: »Hascht a Fuurr?« Verstehen Sie: das »R«! »Hascht a Fuurrrrr?« Da bist du ganz nah am Neandertal. Da hast du schon fast den Knüppel in der Hand, am offenen Feuer, und denkst: »Jetzt kommt er glei. Und wenn er frech wird, dann hau i em abrr oine!« 8
    Sie gehören zur Spitze der Schauspieler in Deutschland und Sie haben den Mut, Dialekt zu sprechen. Das ist ungewöhnlich. Ihr Film über den Allgäuer Kommissar Kluftinger war ja ein großer Erfolg im Fernsehen.
    Das war überraschend. Weil in den Büchern eigentlich kein Dialekt vorkommt, nur so andeutungsweise. Ich habe dann aber mit dem Team entschieden, diese ganzen Figuren Dialekt sprechen zu lassen. Und es machte einen Riesenspaß, im Dialekt zu spielen.
    Dabei ist der Dialekt doch eher ein Auslaufmodell.
    Es erforderte Mut, das Allgäuerische in die ARD zu bringen. Ich saß vor der Ausstrahlung mit dem Intendanten zusammen und er sagte: »Herr Knaup, ich verstehe kein Wort! Es klingt interessant – aber ich verstehe es nicht!« Und dann haben sich das über viereinhalb Millionen Menschen angeguckt!
    Ist das eine neue Form von Heimatfilm?
    Mich hat immer dieses babylonische Wunder fasziniert, dass die Menschen in allen Zungen sprechen – und plötzlich kommt der Heilige Geist über sie und sie verstehen sich. Der Libanese, der Türke – und der Schwabe.
    Für den Kluftinger mussten Sie ja zwölf Kilo zunehmen. Da lag es nahe, schwäbisch zu essen.
    Das habe ich auch gemacht. Rostbraten, Spätzle – diese Hausmannskost. Und Presssack.
    Gab es bei Ihnen auch Kutteln?
    Wir haben alles gegessen.
    Der Kluftinger verkörpert ja auch den schwäbischen Bruddler.
    Den schwäbischen was?
    Bruddler.
    Was ist denn der Bruddler?
    Diesen Begriff gibt’s im Allgäuerischen nicht? Im Bayerischen ist das der Grantler. Ein Mensch, der

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