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Ulysses

Ulysses

Titel: Ulysses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Joyce
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sind ja, scheint mir, Ihr eigener Herr.
    - Ich bin der Diener zweier Herren, sagte Stephen, eines Engländers und einer Italienerin.
    - Einer Italienerin? sagte Haines. Eine verrückte Königin, alt und eifersüchtig. Knie vor mir nieder.
    - Und noch ein dritter, sagte Stephen, ist da, der mich für Gelegenheitsarbeiten braucht.
    - Aber - einer Italienerin? wiederholte Haines. Was haben Sie gemeint?
    - Den imperialen groß-britannischen Staat, antwortete Stephen, und Röte stieg ihm in das Gesicht, und die heilige römische katholische und apostolische Kirche.
    Haines zupfte sich ein paar Tabakfäden von der Unterlippe, ehe er weitersprach.
    - Ich habe volles Verständnis dafür, sagte er ruhig. Ein Ire muß sogar so denken, möchte ich einmal sagen. Wir haben in England das Gefühl, euch ziemlich unfair behandelt zu haben. Die Geschichte ist schuld daran, scheint es.
    Die stolzen machtvollen Titel ließen den Triumph ihrer ehernen Glocken über Stephens Erinnerung hinschallen: et unam sanctam catholicam et apostolicam ecclesiam: das langsame Wachsen und Wechseln von Ritus und Dogma wie seiner eigenen aparten Gedanken, eine Chemie der Sterne.
    Das apostolische Symbolum in der Missa Papae Marcelli, die Stimmen ineinander klingend, laut und allein gesungene Affirmation: und hinter ihrem Gesang entwaffnete und bedrohte der wachsame Engel der militanten Kirche ihre Häresiarchen. Eine Horde von Irrlehren, fliehend mit schiefen Mitren: Photius und die Brut der Spötter, deren Mulligan einer war, und Arius, sein Leben lang im Krieg gegen die Konsubstantialität des Sohnes mit dem Vater, und Valentinus, der Christi irdischen Leib verwarf, und der spitzfindige afrikanische Häresiarch Sabellius, der die These vertrat, daß der Vater Selbst Sein eigener Sohn sei. Worte, die Mulligan vor einem Augenblick voll Spott zu dem Fremden gesprochen. Müßiger Spott. Gewißlich wartet die Leere aller, so da weben den Wind: Bedrohung, Entwaffnung, Überwältigung durch die zur Schlacht gerüsteten Engel der Kirche, die Heerscharen Michaels, die da streiten für sie allzeit in der Stunde der Gefahr mit ihren Lanzen und Schilden.
    Hört, hört. Anhaltender Beifall. Zut! Nom de Dieu!
    - Natürlich bin ich Brite, sagte Haines’ Stimme, und ich fühle als Brite. Ich möchte mein Vaterland auch nicht gern in die Hände deutscher Juden fallen sehen. Das ist unser nationales Problem, fürchte ich, grad jetzt.
    Zwei Männer standen am Rand der Klippe, Ausschau haltend: Geschäftsmann, Bootsmann.
    - Hält auf Bullock Harbour zu.
    Der Bootsmann machte eine leicht verächtliche Kopfbewegung nach dem Norden der Bucht.
    - Da draußen ist’s fünf Faden tief, sagte er. Da reißt’s ihn hoch, wenn die Flut kommt gegen eins.
    Werden ja heute neun Tage.
    Der Mann, der ertrunken ist. Ein Segler, kreuzend in der kahlen Bucht, wartend darauf, daß plötzlich ein gedunsenes Bündel auftaucht, der Sonne ein qualliges Gesicht zukehrt, salzweiß. Hier bin ich.
    Sie folgten dem gewundenen Pfad hinunter zur schmalen Buchtung. Buck Mulligan stand auf einem Stein, in Hemdsärmeln, sein gelockerter Schlips wehte ihm wellig über die Schulter. Ein junger Mann, der sich in seiner Nähe an einem Felszacken festhielt, bewegte langsam wie ein Frosch die grünen Beine im tiefen Gallert des Wassers.
    - Ist eigentlich dein Bruder bei dir, Malachi?
    - Unten in Westmeath. Bei den Bannons.
    - Immer noch? Ich hab’ eine Karte von Bannon gekriegt. Da steht drin, er hätte ein süßes junges Ding da unten gefunden. Ein Photomädchen, schreibt er.
    - Kleiner Schnappschuß fällig, was? Mal kurz belichten.
    Buck Mulligan setzte sich, um seine Schnürsenkel zu lösen. Ein älterer Mann stieß plötzlich unweit des Felsvorsprungs ein schnaufendes rotes Gesicht herauf. Er kraxelte an den Steinen hoch, Wasser glitzerte auf seiner Birne und ihrem grauen Haarkranz, Wasser rann ihm über Brust und Wanst und schoß in Strahlen aus seinem schwarzen durchhängenden Lendentuch.
    Buck Mulligan machte ihm Platz, daß er vorbeikraxeln konnte, warf Haines und Stephen einen Blick zu und bekreuzigte sich fromm mit dem Daumennagel über Stirn, Lippen und Brustbein.
    - Seymour ist wieder in der Stadt, sagte der junge Mann und faßte erneut nach dem Felszacken. Hat die Medizin hingeschmissen und schmeißt sich dafür jetzt auf den Militarismus.
    - Ach du heilger Drecksack, sagte Buck Mulligan.
    - Nächste Woche geht’s los mit dem Drill. Kennst du diesen Rotschopf aus Carlisle, die Lily?
    -

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