Um Leben Und Tod
Gerätes die Nachricht ungehört machen.
»Herr Wölfel, Sie wissen doch mehr, als Sie uns sagen wollen.« Er hörte die Stimme Frau von Metzlers und schüttelte den Kopf. Mein Gott, jetzt musste er auch noch lügen, es gelang ihm nicht, Worte in seinem Mund zu formen.
Jakobs Eltern standen gerade am Fenster, blickten hinaus und sahen den Polizeipräsidenten ankommen. In diesem Moment wurde ihnen klar, dass Jakob nicht mehr lebte, dass sie ihn verloren hatten. Seine Mutter weinte und wurde von ihren Angehörigen umarmt. Als es an der Haustür läutete, öffnete Jakobs Vater die Tür.
Jakob, ein »Bündel Mensch« im schlammigen Wasser. Warum? Aus Habgier und um vor seiner Freundin zu protzen. Es war unvorstellbar, abscheulich. Ich war wütend. Natürlich hatte Gäfgen den Mord noch nicht gestanden. Meister des Schweigens und der Lüge. Und Jakob lag nach seiner Identifizierung auf dem metallenen Tisch und wartete auf die Autopsie â den letzten Versuch einer Gerechtigkeit, der Wahrheit. Ich hoffte nur, dass er nicht hatte leiden müssen, dass Jakob wenigstens diese Qual erspart geblieben war.
Ich habe dem Mörder gegenübergesessen, hatte noch geglaubt, Jakob lebend zu finden. Grausam und ohne Schuldgefühle hatte er Jakobs Eltern mit seinen Falschaussagen vorgegaukelt, Jakob würde noch leben. Ihr Leiden und Hoffen war ihm vollkommen gleichgültig gewesen. Nur ein Spiel, das Gäfgen gewinnen wollte.
Wird die Familie den Verlust ihres Sohnes verwinden? Wie viel Leid kann ein Mensch ertragen, ohne verrückt zu werden? Kann die Erinnerung an den Sohn, wie er spielte, lachte und herumtollte, Trost spenden? Oder muss man sich zwingen zu vergessen?
Ich stand auf und holte mir ein Bier.
Nachdem die Leiche Jakobs gefunden worden war, ordnete Kriminaloberrat Gerhard Budecker an, dass alle weiteren Ermittlungen von dem für Mordfälle zuständigen Kommissariat 11 weitergeführt werden sollten. Die Mitarbeiter des Kommissariates 12 sollten noch alles erledigen, was von ihnen begonnen worden war und geleistet werden musste.
Noch am 1. Oktober wurde Magnus Gäfgen mit der Ermittlungsakte dem Haftstaatsanwalt überstellt. Der zuständige Haftrichter Werner Dimde ordnete die Untersuchungshaft an.
Vor dem Haftrichter äuÃerte sich der Beschuldigte nicht zu den Vorwürfen. Aber letzte Zweifel an seiner Alleintäterschaft waren widerlegt.
Am 2. Oktober 2002 lagen die Obduktionsergebnisse vor. Leider wurde meine Hoffnung enttäuscht. Jakob hatte einen langsamen und grauenvollen Tod erleiden müssen, Gäfgen hatte ihn bis zu zehn Minuten lang gewürgt, geschlagen und erstickt. In der gerichtsmedizinischen Sprache heiÃt es wie folgt:
Die deutlich ausgeprägten Hirndruckzeichen sowie punktförmige Unterblutungen unter den Ãberzügen der Wachstumsdrüse, der Lungen und des Herzens sowie flüssiges Blut in den Herzhöhlen und den GefäÃen ergaben, dass der Tod durch Ersticken eingetreten war. Deutliche Einblutungen im Bereich der vorderen Halsmuskeln und des Kehlkopfgerüstes sowie beider Schilddrüsenlappen und zirkulär um die Luftröhre herum deuteten zudem auf ein Würgen oder einen Schlag gegen den Hals hin. Diese Manipulationen am Hals waren für sich bereits lebensgefährlich. Hinweise auf sexuelle Manipulationen am Körper des Jungen fanden sich nicht. Der Sachverständige Professor Dr. Dr. Kauert schloss durch eine Diatomeen-Untersuchung aus, dass der Tod durch Ertrinken im Weiher eingetreten sein könnte.
In beschlagnahmten Mülltonnen wurden Jakobs Kleider und Schulsachen sichergestellt. Die Reifenspuren am Weiher stimmten exakt mit denen von Gäfgens Honda Civic überein. Auf einem der Plastiksäcke, die den Körper Jakobs umhüllt hatten, wurde eine eindeutige Fingerspur Gäfgens festgestellt. Die Beweise seiner Schuld waren erdrückend: Gäfgen hatte das Lösegeld abgeholt, das Geld wurde in seiner Wohnung gefunden, die silberfarbenen Klebebänder aus seiner Wohnung dienten als Fesseln Jakobs, und dort war auch die handgeschriebene Checkliste entdeckt worden. Die Spurensuche wurde abgeschlossen.
Die Bevölkerung nahm groÃen Anteil, viele trauernde Menschen legten am Anwesen der Familie von Metzler Blumen, Fotos, Abschiedsbriefe sowie Stofftiere ab und zündeten Kerzen an. In der Schule und im Frankfurter Römer wurde jeweils ein Kondolenzbuch
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