umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)
erwürgen!)
2. Winnie sprechen.
Und 3. …? Keine Ahnung.
Helga schrubbte die Theke und lief zwischendurch immer wieder in die Küche. Von dort machte sich schon der allerlieblichste Duft von frisch gebratenem Kotelett und Blumenkohl breit. Und plötzlich wusste ich, wen ich dringend zu interviewen hatte. Frau Heckel, die Assistentin von Van der Baack. Sollten nicht beide auf einer Tagung in München gewesen sein? Hätte ich doch bloß gestern Nacht besser aufgepasst, als der Polizeibeamte im Nebenzimmer von Seidels Büro mit ihr telefonierte. Na ja, wenn man selber in der Bredouille steckt, dann ist man weit davon entfernt, wie Emma Peel geistesgegenwärtig alle Bälle in der Luft zu behalten. Aber jetzt, der akuten Gefahr entronnen, stellte sich bei mir so was wie Recherchefieber ein. Wenn ich für einen Kleingarten-Gauleiter die Journalistin geben konnte, dann auch vor Frau Heckel. Ich würde für sie die Journalistin wiederbeleben, ein bisschen frisch machen, und mal sehen, ob sie bereit war, dem Lockruf der Medien zu folgen. Ich hatte zwar keine Kamera dabei, aber es muss nicht immer Fernsehen sein. Auch die Landschaft der Printmedien bot jede Menge Möglichkeiten. Ich würde mir die gute Frau Assistentin erst mal anschauen und spontan entscheiden, für welchen Arbeitgeber ich unterwegs war. Notfalls auch für die New York Times.
Ich bat Helga um das Telefonbuch von Bochum und machte mich an die Arbeit.
Als ich eine Stunde später aus der Tür des Ehrenfelder Ecks trat, war ich nicht nur rundum satt und zufrieden, sondern die Journalistin Wilma Korff, die eine Verabredung zu einem Interview mit Frau Heckel hatte, das im Tagungszentrum in Herne stattfinden würde. Ich hatte eine lange Liste mit Fragen in der Tasche, noch genau zehn Euro im Portemonnaie und schrieb für den Stern.
Rasanter Aufstieg, Maggie Abendroth, rumorte Oma selig in meinem Kopf. Hat dein Herr Matti nicht gesagt: Eine Lüge ist die Mutter von zehn neuen? Du bist schon bald bei zwölf.
Ja, aber diesmal wirklich, wirklich für einen guten Zweck.
Kind, du hast einfach zu viel Fantasie. Die bringt dich nur in Schwulitäten, referierte Oma weiter. Hör doch mal endlich auf das, was die Leute dir sagen. Ich weiß noch, wie du uns alle glauben machen wolltest, dass du adoptiert bist …
Diese Geschichte ist jetzt definitiv zu lang, Oma, und ich hab was Dringendes zu erledigen. Auf mich wartete immerhin eine Fachausstellung für alte Musikinstrumente mit dem Titel: Trumscheit und Lirone, Vihuela und Viole. Frau Heckel hatte die Worte für mich buchstabieren müssen. Möge sich einen Reim drauf machen, wer auch immer sich dazu bemüßigt fühlt. Ich hatte nicht den geringsten Hauch einer Ahnung, was ich dort zu sehen bekommen würde. Ich hoffte nur, dass nichts davon eine ansteckende Krankheit war.
Auf dem Weg zur U-Bahn wählte ich wieder Winnies Handynummer, bat um dringenden Rückruf (mein genauer Wortlaut war: ›Mir fliegt hier alles um die Ohren, und dein Kollege Seidel ist ein Arschloch und verdächtigt Matti und Rudi, einen Mord begangen zu haben; Borowski, der alte Irre, ist auf der Flucht, und deiner Oma geht’s auch nicht gut!‹) und gab ihm den guten Rat, auf dem Landweg, meinetwegen mit einer Troika, nach Helsinki zu fahren und dort ein Flugzeug zu besteigen.
Die U-Bahn sauste durch den Tunnel. Ich hielt das Handy in der Hand und kontrollierte regelmäßig, ob ich auch tatsächlich Empfang hatte. Es konnte doch nicht sein, dass ganz St. Petersburg zu einem einzigen Funkloch geworden war?!
Nach einer Viertelstunde hielt die Bahn in Herne an der Haltestelle Archäologiemuseum/Kreuzkirche. Ich stieg aus und hielt mich, wie Frau Heckel mir aufgetragen hatte, am Ausgang der Station links, marschierte am Archäologiemuseum vorbei und memorierte derweil die Fragen, die ich ihr stellen wollte. Die Frau hatte sich schon bei meiner harmlosen Begrüßung am Telefon als harte Nuss geoutet. ›Entgegenkommend‹ nenn’ ich was anderes. Auch das Zauberwort ›Presse‹ hatte nicht die erwartete Wirkung gezeigt, denn die Kollegen von BILD und Ruhr Nachrichten waren ihr schon in aller Herrgottsfrühe auf die Bude gerückt, und ich musste ihr mehrmals versichern, dass ihr Name in meinem Artikel nicht vorkommen würde. Fotos durfte ich von ihr auch nicht machen. Alles Wünsche, die ich jederzeit erfüllen konnte: Weder hatte ich einen Auftrag vom Stern, noch besaß ich einen Fotoapparat. Ich hatte das Telefonat mit ihr mit völlig reinem
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