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Umzug ins Glück

Umzug ins Glück

Titel: Umzug ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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anderenGelegenheiten hatte er mich bisher noch gar nicht provoziert.
    »Das würde ich nicht wagen.«
    »Ach was«, sagte ich. »Du bist doch sonst nicht so schüchtern.«
    »Kannst du das so genau wissen?«
    »Ich kenne dich seit vierzig Jahren.« So gesehen war es Zeit für ein Jubiläum. Wie würde man das nennen? Rubin-Zoff? »Sag
     schon, was du auf dem Herzen hast.«
    »Paula hat mich angerufen«, sagte er. »Sie fragt, ob wir heute Nachmittag gemeinsam zu ihr kommen können, weil sie was mit
     uns zu besprechen hat.«
    Sofort fühlte ich mich ungemütlich. Zusammen mit Nick was besprechen? Das klang nicht wie ein harmloses Pläuschchen über alte
     Zeiten. »Weißt du genauer, um was es geht?«
    »Nein, leider nicht. Aber sie hat es sehr dringend gemacht. Also, wenn du sowieso Urlaub hast, dann passt es dir doch sicher
     gegen fünf?«
    »Theoretisch ja. Praktisch hab ich nur kein Auto, das ist gerade weg zum Lackieren.«
    »Daran soll es nicht scheitern«, sagte er. »Ich hole dich um Viertel vor fünf ab.«
    Na toll. Jetzt musste ich nicht nur ein Gespräch mit Nick und Tante Paula führen, das sehr geheimnisvoll zu sein schien, sondern
     auch noch Zeit mit ihm im Auto verbringen, wo man auf engem Raum zusammen ist und nicht wegkann, egal was für Sachen einem
     der andere an den Kopf wirft. Seufzend ergriff ich wieder meinen Rechen. Das Leben wäre so unkompliziert, wenn einfach jeder
     in seinem eigenen Garten bliebe. Aber ab und zu musste man wohl auch raus in die Welt, und da konnte man nie wissen, was einen
     erwartete.
    Nick schien sich auch Gedanken gemacht zu haben.»Ich habe mal meinen Freund Andreas angerufen«, sagte er, als ich sicher angeschnallt neben ihm in seinem Auto saß. »Doktor
     Werner«, schob er erklärend hinterher, als er mein verständnisloses Gesicht sah. »Aber an Paulas Zustand hat sich nichts Drastisches
     verändert. Sie soll nach wie vor Ende nächster Woche entlassen werden und lernt hoffentlich bis dahin, ihren Rollstuhl zu
     bewegen und mit ihren Krücken zu laufen. Sie sind nicht so ganz glücklich mit ihren Leberwerten, aber er meinte, es wäre kein
     Anlass zu akuter Sorge. An irgendwas müssten die Leute ja eines Tages sterben, und bei Paula stünde diese Aussicht noch in
     weiter Ferne.«
    »Diese Mediziner sind ein ständiger Quell des Trostes«, brummte ich.
    Nick lachte. »Verglichen mit dem Metzger, der vor ein paar Jahren meinen Beinbruch behandelt hat, ist Andreas ein wahres Sensibelchen.«
    Ich runzelte die Stirn. »Du hattest mal ein Bein gebrochen? Davon weiß ich ja gar nichts.«
    »Kleiner Unfall auf der Baustelle«, sagte er. Als er um eine Kurve lenkte, fiel mir an seiner linken Hand ein dezenter Edelstahlring
     auf. »Sechs Wochen Gips, danach war ich wieder wie neu. Aber da kannst du mal sehen, wie nachlässig du dich um mich kümmerst.«
    »Ich wette, du hattest andere Samariter, die dich versorgt haben.« Manchmal weiß ich wirklich nicht, warum ich so zickig reagiere.
     Bei Nick weiß ich es natürlich. Weil er immer so obercool tut und einen dann hinterrücks mit irgendwas Gemeinem überfällt.
    »Zum Glück«, meinte er mit einem Kopfnicken. »Stell dir vor, sonst läge ich jetzt vermutlich mumifiziert in meiner Wohnung
     und sähe aus wie Ötzi.«
    Ich beschloss, das nicht zu kommentieren. Es erinnerte mich zu sehr an die Situation, in der ich Paula angetroffenhatte, nachdem Frau Grützbauer mich zu ihr hinkommandiert hatte.
    Nick fand natürlich ohne Probleme einen Parkplatz vor der Klinik, setzte gekonnt rückwärts hinein und musste mir zu allem
     Überfluss noch helfen, meinen Sicherheitsgurt zu lösen. Schlechte Voraussetzungen für den weiteren Verlauf. Ich mag es absolut
     nicht, wenn ich wie ein Idiot aussehe, der sich noch nicht mal allein abschnallen kann.
    Brummelig hastete ich hinter Nick her ins Krankenhaus, wo uns Tante Paula zur Feier des Tages vollständig angezogen und im
     Rollstuhl statt im Bett empfing. »Ich dachte, wir gehen runter ins Café«, hatte sie beschlossen.
    Also machten wir uns auf den Weg: Tante Paula im Rollstuhl, in einem wallenden schwarz-grünen Gewand und ihrer augenblicklichen
     grünen Lieblingshandtasche auf dem Schoß, geschoben von Nick, der auch mit diesem Handicap noch schneller war als ich. Wir
     müssen ausgesehen haben wie die Heiligen Drei Könige, wie wir so im Gänsemarsch in den Aufzug einzogen.
    Im Krankenhauscafé wählte Tante Paula eine diskrete Nische, bestellte sich einen großen

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