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Umzug ins Glück

Umzug ins Glück

Titel: Umzug ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Milchkaffee und ein Stück Torte und
     ließ uns endlich wissen, warum sie uns gemeinsam einbestellt hatte. Und vielleicht war es gut, dass wir gemütlich saßen und
     einen Kaffee vor uns hatten, denn was sie uns zu sagen hatte, war in der Tat keine Kleinigkeit.
    Offensichtlich hatte sie nicht nur mit Doktor Werner über ihren Zustand und ihre Aussichten gesprochen. Sie hatte ja viel
     Besuch gehabt in den letzten Tagen, so ungefähr jeder, der sie kannte, hatte sie in der Hoffnung heimgesucht, Jan Hörnum könnte
     auch gerade da sein. Sie hatte mit Adele geredet, die ehrenamtlich in Kappenhagen im Johannesstift arbeitete und dort Nachmittagsveranstaltungenfür die Senioren organisierte. Sie hatte die Röbels interviewt, die vor zwei Jahren in eine kleinere Wohnung in einer seniorengerechten
     Anlage gezogen waren. Onkel Rudolfs alter Freund Friedhelm, der auf mir unbekannte Weise zu einer Menge Geld gekommen war,
     ließ sich seit seinem zweiten Herzinfarkt von einer netten osteuropäischen Frau mittleren Alters betreuen, die mit ihrem Sohn
     in der Einliegerwohnung seiner Villa lebte.
    Über alle diese gesammelten Erkenntnisse hatte sie in Ruhe nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass es für sie am
     besten sei, wenn sie sich in die »Ruheresidenz Silvretta« einkaufte, die ganz zentral am Stadtpark lag. Sie hatte auch schon
     dort angerufen und erfahren, dass sich zufällig gerade eine Vakanz ergeben hatte, mit anderen Worten: Es war jemand gestorben
     und hatte eins der Apartments frei gemacht. Für sie war das ein Zeichen vom Himmel, dass diese Entscheidung die richtige war.
    »Ich hab das mal besichtigt«, sagte Nick. Vermutlich war einer seiner Freunde der Heimleiter, oder der Empfangsdirektor, wie
     man in so einer piekfeinen Anlage vermutlich sagte. Oder Senioren-Manager? »Abgesehen von der guten Lage ist das wirklich
     neuster Stand für seniorengerechtes Wohnen. Aber auch nicht billig. Man muss da eine Einstiegszahlung leisten.«
    Auch darüber hatte sie sich schon Gedanken gemacht, und nun kam der Eröffnung zweiter Teil. Sie hätte ja das Haus. Das würden
     wir beiden eines Tages als nächste Angehörige auf jeden Fall erben. Und statt auf diesen Zeitpunkt zu warten, sollten wir
     es, handlich in zwei Eigentumswohnungen portioniert, schon jetzt übernehmen und ihr dafür einen Betrag überweisen, der ihr
     den Eintritt in den noblen Club der Silvretta-Bewohner ermöglichte.
    Ich saß da wie eingefroren, den Süßstoffspender in der Hand. »Aber das   … geht doch nicht   …«, stotterte ich.
    »Warum denn nicht?«, fragte sie. »Ich habe es mir genau überlegt. Mein Haus lässt sich wunderbar in zwei Wohnungen aufteilen,
     Nick und ich haben früher schon mal darüber nachgedacht. Du ziehst nach unten, wo du direkt in den Garten kannst. Er wohnt
     oben und baut sich das Dach als Atelier aus. Das passt perfekt.«
    Vehement winkte ich mit dem Spender, bis ein Dutzend kleine Süßstofftabletten über den Tisch flogen. »Ich habe schon ein Haus!«
    »Das viel zu groß ist für dich allein.« Gelassen rührte sie in ihrem Kaffee, bevor sie eine düstere Prophezeiung aussprach.
     »Eines Tages bist du dann auch mal in meiner Lage, und niemand hört dich.«
    Und nach ihrer Vorstellung wäre es dann Nick, der mich hörte und mir in meinem Bad zu Hilfe kam? Eine großartige Vorstellung,
     fürwahr. Ich klaubte die Süßstoffpillen wieder auf und warf zwei davon in meinen Kaffee. Den Rest bot ich Nick an. »Auch Süßstoff?«
    Ablehnend schüttelte er den Kopf. Echte Männer trinken ihren Kaffee schwarz. Zu Paulas Vorschlag hatte er bisher geschwiegen.
     Jetzt redete er. »Was wirst du mit deinen Sachen machen? Du kannst nur einen Bruchteil davon mitnehmen.«
    »Darum müsst ihr euch kümmern.« Sie zog einen Zettel aus ihrer grünen Handtasche. »Ich habe mal aufgelistet, was ich mitnehmen
     will. Der Verwalter vom Silvretta hat mir bereits einen Grundriss der Wohnung geschickt, und ich habe hier ja genug Zeit zum
     Planen.«
    Allerdings. Da hatte sie was Feines ausgeheckt. Nick und ich unter einem Dach, sie mit unserem Geld in einem edlen Altersruhesitz,
     den sie gedanklich schon vollständigmöbliert hatte. Da war ja wohl unsere Zustimmung nur noch eine Formsache   …
    »Hör mal, darüber muss ich erst mal nachdenken.« Unglücklich hielt ich mich an meiner Tasse fest.
    »Natürlich«, sagte Tante Paula verständnisvoll. »Tu das. Schlaf eine Nacht darüber.«
    Eine großzügige Frist. Und

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