Umzug ins Glück
versuchte, mir die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Die Vorstellung, wie Nick und Magnus
sich schlagen würden, half mir zumindest dabei, mit dem Weinen aufzuhören.
»Nee, das ist mir zu weit«, entschied Nick. »Mia, dann lassen wir das einfach für heute. Niemand drängt dich.«
Ich spürte, dass er das nicht nur auf das Ausmisten bezog. Er ahnte, dass auch nach sieben Jahren Witwenschaft eine Ehe noch
sehr präsent sein kann. Dankbar sah ich ihn an. »Tut mir leid, Nick. Ich bin eine schreckliche Frau. Du versuchst mir zu helfen,
und ich mache so einen Zirkus.«
»Oje«, seufzte er. Er drehte sich zu mir und begann mich systematisch abzutasten. Nicht erotisch, sondern eher wie die Beamten
am Flughafen, nur freundlicher, wenn Sie verstehen, was ich meine.
»Nick? Was machst du da?«
»Ich bin Bond, James Bond, und suche nach dem Selbstzerstörungsmechanismus«, erklärte er. »Ich würde ihn gern entschärfen,
damit du mir noch eine Weile erhalten bleibst.«
Wider Willen musste ich lachen. »Der sitzt leider innen im Kopf. Aber ich glaube, mit einem Glas Rotwein lässt er sich ausschalten.
Ich hole mal eine Flasche.«
»Und dann können wir uns einfach hier vor den Fernseher setzen und uns irgendeine Sendung für Hirntote reinziehen«, schlug
er vor. »So was ohne Kummer und Sorgen. Kommt vielleicht heute ›Amrum Ahoi‹?«
»Ich glaube nicht«, sagte ich schniefend. Aber es ging mir schon wieder besser. Obwohl ich schon ein bisschen schockiert war,
weil ich einen sehr realen, lebendigen Mann neben mir hatte und mich trotzdem von einem Toten nicht trennen konnte.
11
»Jan Hörnum war heute schon hier«, erzählte Tante Paula. »Er ist total beschäftigt mit diesem Garagenverkauf am Samstag.«
Mir wurde etwas mulmig. »Garagenverkauf? Samstag? Doch nicht etwa bei dir?«
»Doch, natürlich!« Paula sah mich überrascht an. »Das weißt du doch! Er sagte, ihr hättet das miteinander abgesprochen.«
»Na ja …« Er hatte es erwähnt, und wir hatten es ihm nicht ausdrücklich untersagt. So war das gewesen. Aber wenn man wollte, dass
Jan Hörnum etwas unterließ, dann musste man ihn offensichtlich fesseln und knebeln.
»Auf jeden Fall passt das optimal«, fuhr Paula fort. »Weil ich doch am Wochenende im Silvretta einziehe. Die haben sogar einen
Service, der die Möbel abholt. Da kann ich am Samstag noch mal ins Haus und entscheiden, was ich an sonstigen Sachen mitnehmen
will, und den Rest verkauft ihr dann. Von dem Geld will ich übrigens nichts, das könnt ihr behalten.«
Darum geht es nicht, dachte ich. Von den paar Euro können wir dir Blumen zum Einzug kaufen. »Bist du sicher, dass er das wirklich
machen will?«
»Aber sicher! Er hat schon im Anzeigenblatt für morgen und Samstag eine Kleinanzeige aufgegeben, und das Flugblatt hat er
mir auch gezeigt.«
»Flugblatt?« Jetzt war ich doch perplex. Die Nummer war offensichtlich größer, als ich dachte.
Paula drehte sich zu ihrem Nachttisch und holte ein DIN-A 4-Blatt hervor. Darauf erkannte ich ein Foto des brillenlosen Herrn Mäderle, darunter wahllos zusammengestoppelt einige Bilder von
Antiquitäten und die Schlagzeile: »Garagenverkauf mit Jan Hörnum!!! Haushaltsauflösung – alles muss raus!! Tolle Schnäppchen
zu Superpreisen – Möbel, Hausrat, Textilien! Samstag von 10 bis 16 Uhr, bei Behrendt, Richthofenweg 46.«
»Gut, was?«, sagte Paula. »Das hängt Frau Grützbauer heute in allen Supermärkten aus und im Bürgerzentrum.«
Klar, für die Drecksarbeit hatte er wieder eine Sklavin gefunden. Ich ließ das ausrufungszeichenlastige Flugblatt sinken und
dachte nach. »Nick wollte zum Wochenende einen Container bestellen.«
»Das macht doch nichts«, fand Paula. »Dann machen wir erst den Verkauf, und was übrig bleibt, schmeißen wir weg.«
Wir? Sie würde davon ja wohl gar nichts machen. Während ich mich bei dem Gedanken an eine Horde von Menschen, die sich wie
beim Winterschlussverkauf durch das Haus wühlten, fast in eine Panik steigerte.
Paula sah das nicht so eng. Wenn etwas kaputtging, dann machte das doch auch nichts mehr, fand sie. Und sie hätte richtig
Lust, sich so etwas mal anzusehen. Nick könnte sie früh abholen, dann würden wir ihre Sachen packen. Die Möbel, die sie mit
in die Residenz Silvretta nehmen wollte, müsste ich allerdings schon vorher ausräumen. »Die kommen eventuell schon am Freitag.
Vielleicht kann Nick die reinlassen. Und könntest du mir diese
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