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Umzug ins Glück

Umzug ins Glück

Titel: Umzug ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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nicht so heiß auf unseren Garagenverkauf war. Sie stöberte durch die Kaufgesuche, in der Hoffnung, dass irgendjemand
     zufällig gebrauchte CDs suchte. »Die se ganze Popmusik höre ich doch nie wieder«, behauptete sie.
    »Und was hörst du jetzt?«, fragte Doris. »Walgesän ge ? Thailändische Tempelgong-Konzerte? Nepalesische Männerchöre?«
    Lea sah sie mit einem Blick voller Verachtung an. »Wenn du es unbedingt wissen willst: Ich höre hauptsächlich Entspannungsmusik.
     Der Bodhisattva Monasanga bietet eine C D-Sammlung an   …«
    »Nur hier! Und nur heute! Für lächerliche einhundertneunundsechzig Euro zuzüglich Versand!«, imitierte Doris die Einpeitscher
     der gängigen Verkaufssender. »Diese CDs sind im Handel nicht erhältlich! Rufen Sie gleich an!« Sie sah Lea nach, die beleidigt
     das Anzeigenblatt zurück auf den Schreibtisch geworfen hatte und in ihr Büro gerauscht war, wo sie vermutlich ihren Kolleginnen
     ihr Leid klagte.
    »Du liebe Zeit«, befand Doris, »was für eine Mimose! Schade, dass ihre Bestimmung nicht die bunte Farbe des Humors ist.«
    »Du machst es einem aber auch nicht immer einfach«, sagte ich.
    »Ach Quatsch! Du hältst es doch auch mit mir aus.«
    »Das liegt nur daran, dass ich so ein umgänglicher Mensch bin«, sagte ich.
    »Glaubst du«, gab Doris zurück und blinzelte mir zu. »Außer mir ist ja niemand bereit, länger als vier Stunden am Stück mit
     dir zusammen zu sein.«
    »Glaubst du«, gab ich zurück. Das konnte ich endlich mit Fug und Recht sagen.
     
    In der Mittagszeit nötigte Doris mich, mit ihr zu »Bernhard’s Grillstübchen« zu gehen und dort das Tagesgericht zu essen.
     Sie wusste immer, wenn Bernhard etwas Besonderes anbot, und heute war es wieder mal sein ganz famoser Linseneintopf, preiswert
     und lecker.
    Wie immer setzte ich mich so, dass ich sein Schild mit den überflüssigen Apostrophen nicht sehen musste (er hatte nicht nur
     bei Bernhard’s eins verwendet, sondern teilte den Besuchern auch mit, dass er seit neustem Sonntag’s ebenfalls geöffnet hätte).
    Doris und ich erfanden jedes Mal neue Variationen für den ebenso inflationären wie irrsinnigen Gebrauch des Apostrophs. Das
     Ziel war, einen möglichst langen Satz zu kreieren, in dem jedes Wort einen hatte. Unser Rekord bisher war die Kreation ›Bredenscheid’s
     beste’s Grills’tübchen – neuerding’s Sonntag’s ebenfall’s nicht’s Geschlossene’s‹. Es tat dem Geschmack seiner Speisen keinen
     Abbruch, und Bernhard stand darüber. »Wenn es jemandem auffällt, dann kommt er wenigstens ins Gespräch mit mir«, sagte er.
     »Und vielleicht erinnert er sich besser, wo er gegessen hat.«
    Bernhard’s neuste Errungenschaft war eine große Tafel im englischen Pub-Stil, auf der er die Tagesgerichte der laufenden Woche
     mit Kreide notiert hatte. Für Freitag’s war zu meinem Erschrecken Pannfisch angesagt.
    »Erinnere mich daran, dass ich am Freitag hier auf keinen Fall hingehe«, sagte ich zu Doris.
    Sie war ganz überrascht. »Wieso denn das? Der Fisch ist hier ganz prima. Total knusprig.«
    »Knusprig?«, wiederholte ich verblüfft. »Was ist denn daran knusprig?« Ich erinnerte mich noch mit Schaudern an die weiche,
     etwas matschige Konsistenz von Fisch und Kartoffeln. Das Bissfesteste waren jedenfalls die Zwiebeln gewesen.
    Doris holte sich bei Bernhard Unterstützung. »Bei mir gibt es den Fisch paniert und frittiert!«, klärte er mich auf. »Und
     dazu dann Bratkartoffeln und geröstete Zwiebeln.« Interessant, man hätte also fast sämtliche Bestandteile noch unter Verwendung
     von heißem Fett verbessern können. Im Gegensatz zu Bernhard’s Haaren, die schon fettig genug waren, aber darüber wollte ich
     lieber nicht weiter nachdenken.
    »Und keine weiße Sauce?« An die dachte ich auch noch voller Grausen.
    »Ich nehm Remoulade«, sagte Bernhard. »Meine Gäste sind oft etwas kritisch mit Saucen, aber Mayonnaise oder Remoulade ist
     kein Risiko.« Das hätte mal jemand Jan Hörnum erklären sollen! Wir wären alle dankbar gewesen.
    Nach einem weiteren Blick auf die Karte hatte ich noch eine Frage. »Warum gibt es denn zwischen ›mit‹ und ›ohne‹ einen Unterschied
     von einem Euro? Ist das nicht ein bisschen teuer für einen Klacks Remoulade oder so was?«
    »Das gibt es immer dazu«, ließ Bernhard mich wissen. »›Mit‹ bezieht sich auf den Schnaps nach dem Essen. Die meisten wollen
     einen. Sie vielleicht auch?«
    Ein Blick auf die Uhr überzeugte

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