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Umzug ins Glück

Umzug ins Glück

Titel: Umzug ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Dinge auch schon mal einpacken?« Sie reichte mir eine umfangreiche
     Liste. Darauf hatte sie unter anderemihr gutes Geschirr aufgeführt – 12   Personen, Essservice und Kaffee – sowie Besteck, Gläser, einiges an Hausrat, Kleidung, Bücher, diverse Kleinigkeiten bis hin
     zu ihrem Strickzeug. »Und wenn ich noch was vergessen habe, kann ich es ja am Samstag mitnehmen.«
    Seufzend steckte ich die Liste in meine Tasche. Immerhin hatte es auch etwas Gutes. Jetzt wären Nick und ich erst mal in ihrer
     Wohnung beschäftigt, statt uns mit Stephans langen Schatten zu befassen. Und hinterher wäre vielleicht im Container mehr Platz
     für meine Sachen – wenn ich mich endlich entschieden hatte, wovon ich mich trennen wollte.
     
    Von zuhause aus rief ich Nick an, um ihm schonend die Sache mit dem Garagenverkauf beizubringen. Er nahm es recht philosophisch
     auf, so als hätte ihm Lea auch eines ihrer stimmungsaufhellenden Mandalas aufgehängt. »Wenn er das schon überall angekündigt
     hat, dann müssen wir da wohl durch. Er soll nur nicht glauben, dass ich da den Marktschreier mache.«
    »Nick«, sagte ich, »wenn hier einer den Marktschreier macht und den Leuten etwas aufschwatzt, wer, glaubst du, wird das sein?«
    Er lachte. »Keine Frage. Was hältst du denn davon, wenn wir uns heute schon mal in Paulas Haus treffen und mit den Vorbereitungen
     anfangen? Da ist bestimmt eine ganze Menge zu tun.«
    »Da könntest du recht haben.« Ich hatte schließlich Tante Paulas Listen in der Tasche. »Bring bloß deine Kartons mit, ja?
     Und ich hole mal meine alten Zeitungen wieder aus der grünen Tonne. Es gibt jede Menge einzupacken.«
    »Klingt ja wahnsinnig verlockend«, sagte er. »Aber ich kann dir auch schon mal ein paar Zeichnungen mitbringen,damit du sehen kannst, wie ich mir den Umbau vorstelle. Sagen wir halb acht? Dann kann ich vorher noch um die Sperre laufen.
     Oder möchtest du mitkommen?«
    Ich sah schon wieder sein provozierendes Grinsen vor mir. Auch wenn ich seit vierzig Jahren seine Traumfrau war, gab ihm das
     nicht das Recht zu beobachten, wie ich auf der Sperrmauer zusammenbrach. »Nein, danke, dafür bin ich zu kurzatmig. Ich hebe
     mir meine Energien lieber für die Einpack-Orgie auf.«
    »Du bist nicht nur kurzatmig, sondern auch nachtragend«, sagte er. »Aber egal, dann sehen wir uns dort.«
     
    Ich war ein wenig nervös, als ich feststellte, dass Jan Hörnum nicht da war. Der Umgang mit Nick wäre einfacher in der Gegenwart
     eines Dritten, denn so ein Melodram wie gestern wollte ich nicht noch einmal abziehen. Zu wissen, dass er eine intensivere
     Beziehung mit mir anstrebte, war überraschenderweise nicht einfacher auszuhalten als der Verdacht, er plane ständig irgendwelche
     hinterlistigen Komplotte gegen mich. Auch wenn wir uns einer unausgesprochenen Vereinbarung gemäß nicht mehr berührten oder
     gar küssten, war da plötzlich eine knisternde Stimmung im Raum, die zumindest ich spürte. Und an die Stelle meines jahrelangen
     Argwohns war das schlechte Gewissen getreten, das mich jedes Mal überfiel, wenn er mir eine Tür aufhielt oder mir geduldig
     lächelnd erklärte, wie er sich das mit dem neuen Wintergarten vorstellte.
    Es war das gleiche schlechte Gewissen, das man hat, wenn man sich in einer Boutique einen teuren Mantel überzieht, von dem
     man genau weiß, dass man ihn nicht kaufen wird. Ich bin jedenfalls jemand, dem das so geht. Stephan war da abgebrühter, der
     lieh sich auch schon mal für ein Wochenende einen Vorführwagen, den er niebestellen würde, nur um mit seinen Kumpels mitreden zu können, wenn es um Beschleunigung und Kurvenverhalten ging.
    Haben Sie’s gemerkt? Schon ist Stephan wieder mit dabei. So war es gestern Abend, als Nick und ich im Wohnzimmer die Schränke
     anschauten. Und so war es auch noch später in der Nacht, als ich unruhig im Bett lag und über meine Situation nachdachte.
    Ich trauere nicht ständig meinem toten Mann nach. Ich bin nicht der Typ, der zweimal in der Woche zum Friedhof rennt und dort
     mit dem Verstorbenen stille Zwiesprache hält. Manchmal vergehen Wochen, ohne dass mir bewusst wird, dass ich eine Witwe bin.
     Aber in Situationen wie dieser, da ist Stephan auch nach über sieben Jahren sehr präsent.
    Wir hatten eine sehr intensive Beziehung. Ich wage zu behaupten, dass wir uns nie getrennt hätten, wenn er diesen Unfall überlebt
     hätte. Wir wären eins dieser alten Paare geworden, die gemeinsam durch den Supermarkt ziehen

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