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Unbekannt verzogen: Roman

Unbekannt verzogen: Roman

Titel: Unbekannt verzogen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Winter
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um Zahlen, nicht um Wörter.« Obwohl Albert sich gereizt gibt, kommt ihm die Störung nicht ungelegen. Die Sudoku-Rätsel, an denen er sich bis jetzt versucht hat, waren alle zu schwierig für ihn.
    »Aha, Zahlen also.« Mickey nickt verständnislos mit dem Kopf. »Und wozu soll das gut sein?«
    »Das hält fit. Im Kopf.«
    »Hast wohl Schiss, dass du langsam verkalkst, was?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Klar, aber bis jetzt hast du dich doch noch nie mit so einemKäse abgegeben.« Er blättert weiter. Das Heft ist ein Testament des Scheiterns. »Und es sieht mir auch nicht so aus, als ob du dich leicht damit tust.«
    »So spät ist es schon?« Albert reißt Mickey das Büchlein aus der Hand und wirft es auf den Tisch. »Das ist das Dumme, wenn man so vertieft ist. Man vergisst völlig die Zeit.«
    »Das könnte allerdings auch mit deinem Alter zusammenhängen, Albert. Meine Mutter hat immer die Wochentage vergessen. Anfangs fanden wir das noch lustig, aber dann wollte sie sich irgendwann mal in der Badewanne die Haare föhnen. Sie ruhe in Frieden.«
    Pietätvoll legt Albert ein paar Schweigesekunden ein. »Wolltest du mir nicht eigentlich die Post bringen?«
    »Jetzt werd’ ich auch schon senil! Dabei bin ich noch nicht mal alt.« Er drückt Albert das dünne Päckchen Briefe in die Hand. »Sag mal, kannst du die Seiten aus deinem Heft, die du nicht brauchst, rausreißen und aufs Klo legen? Damit man was zu tun hat, wenn man mal nicht so schnell kann, wie man will. Ich weiß auch nicht, woran’s liegt, zu viele Ballaststoffe oder zu wenige, aber manchmal habe ich das Gefühl, als ob tagelang überhaupt nichts geht.«
    Offenbar würde er sich gern noch eingehender über das Thema austauschen. Doch er wartet vergeblich auf eine Antwort.
    Albert sieht ihn nur schweigend an.
    »Okay, bis dann«, sagt Mickey schließlich. »Ich geh’ mal wieder.«
    Kaum ist er draußen, macht Albert sich auch schon aufgeregt über die Sendungen her.
    Ein paar falsch adressierte Geschäftsbriefe.
    Eine unleserliche Ansichtskarte.
    Noch ein Brief an den Weihnachtsmann, unter Garantie von einem verzogenen Balg, das zu viel Taschengeld bekommt.
    Aber dann.
    Ein Smiley.
    Sofort landet der Rest des kleinen Stapels im Papierkorb. Albert hat alles, was er braucht.
    Mit einem anerkennenden Nicken betrachtet er den Umschlag, das solide, cremefarbene Papier liegt warm in seiner Hand.
    »Teuer«, sagt er mit kaum verhohlener Freude.
    Er öffnet ihn ganz langsam, um das wunderbare Gefühl bis zur Neige auszukosten – das Gefühl, einen Brief von einer guten alten Freundin bekommen zu haben.

33
    Schon wieder ein Brief! »Das ging aber schnell«, höre ich Dich sagen.
    Albert ist einigermaßen verunsichert. Was ist denn das für ein Anfang? Es muss wohl Sarkasmus sein. Schließlich ist sie eine Connie.
    Ich bin schon wieder betrunken …
    »Die Frau hat ein Alkoholproblem«, murmelt er. »Schnapspralinen kriegt sie zu Weihnachten schon mal nicht.«
    … aber keine Bange. Diesmal werde ich Dich nicht beschimpfen. Damals war ich blau, weil ich unglücklich war, was noch milde ausgedrückt ist, kreuz- oder todunglücklich trifft es besser. Mir war zum Heulen. Aber heute … nun, dass ich glücklich bin, kann ich wahrlich nicht behaupten. Bei meinem Mann wurde nämlich heute nun wirklich Krebs festgestellt. Nur weil ich ihn nicht liebe, heißt das noch lange nicht, dass ich kein Herz habe. Ich glaube, ich habe zu viel getrunken, weil ich mich betäuben musste. Einmal natürlich wegen der Krebsdiagnose. Und zum anderen, um die Grillparty von Freunden zu vergessen. ( FREUNDE !!! Da wäre ich lieber tot.)
    Nur damit wir uns richtig verstehen: Ich hatte nicht vor, an dem Tag auf eine Party zu gehen, an dem mein Mann seine Krebsdiagnose bekommen hat. Es war seine Idee, er hat darauf bestanden. Was sollte ich also machen? Wenn Dich jemand, der gerade erfahren hat, dass seine Krankheit tödlich ist, um etwas bittet, kannst Du doch unmöglich nein sagen. Auch wenn die Jasagerei sicher irgendwo ihre Grenzen hat. Zum Beispiel, wenn er mich gebeten hätte, etwas Kriminelles oder durch und durch Perverses zu machen. Aber so ein interessanter Typ ist mein Mann nun mal nicht.
    Vielleicht sollte ich auch noch schnell klarstellen, dass, genau genommen, nicht mein Mann den Krebs hat, sondern einer seiner Hoden, der momentan irgendwo in Chelsea in einem Kühlfach liegt … Am liebsten würd ich laut Scheiße schreien.
    SCHEISSE !!!!!
    Ich habe keine Ahnung, wie

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