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Unbescholten: Thriller (German Edition)

Unbescholten: Thriller (German Edition)

Titel: Unbescholten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Söderberg
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Vielleicht waren sie nur ein Paar geworden, weil sonst keiner da gewesen war. Vielleicht waren sie aber auch ein Paar geworden, weil sie beide keine Kinder wollten. Oder weil es ihnen so viel Spaß machte, sich schuldig zu fühlen.
    »Was tust du?«, fragte er, an den Türrahmen gelehnt.
    Sie blickte vom Computer auf. »Rate.«
    Warum musste sie nur so antworten? Er schaute sie verächtlich an. Ihm fiel plötzlich auf, wie hässlich sie war. So anders als Sophie. Ihre Art, mit krummem Rücken dazusitzen, die Beine übereinandergeschlagen. Diese eklige Teetasse, die sie immer wieder füllte, ohne sie zwischendurch zu spülen. Ihr mangelndes Bedürfnis, sich im Alltag ein wenig zurechtzumachen, ihre verfluchte Billigkeit, die sie hinter intellektuellem Gequatsche verbarg – sie war der personifizierte Gegensatz zu allem, was er wollte.
    »Ziehst du aus oder ich?«, fragte er.
    »Du.«
    Ihre Antwort kam zu schnell.
    »Nein, du ziehst aus, das ist meine Wohnung. Bis dahin wohne ich im Arbeitszimmer.«
    Er holte seine Tasche und die Kamera. Als er wieder am Wohnzimmer vorbeikam, stand Sara am Fenster, die Arme um den Oberkörper geschlungen, und schaute hinaus.
    »Was ist passiert?«, fragte sie viel zu laut.
    Ohne zu antworten, verließ er die Wohnung.
    ––––––––
    In seiner Wohnung in der Wittstocksgatan ließ Jens sich erst einmal aufs Sofa fallen.
    Er sah an die Decke und lauschte auf den Verkehrslärm, der vom Valhallavägen hereindrang. Doch die Rastlosigkeit schmerzte ihm in den Knochen. Er stand auf, öffnete ein Fenster und ging zu der Putzkammer in seiner Küche. Mit seinem Bogen und einem Köcher voller Pfeile kam er wieder heraus.
    Die Wohnung war hundertfünfunddreißig Quadratmeter groß. Er hatte fast alle Wände herausreißen lassen, denn er wollte Platz zum Bogenschießen haben.
    Ganz hinten, wo einmal das Wohnzimmer gewesen war, stand die Zielscheibe, ein großes rundes Ding aus Schilf. Er schoss Serien von fünf Pfeilen von seinem Platz im alten Esszimmer ab. Die Musikanlage spielte Siebzigerjahre-Salsa – zwei Typen sangen auf Spanisch von männlicher Einsamkeit und Frauen mit großen Brüsten. Jens trank Bier, irgendwann ging er zu Whisky über. Er schoss eine Weile, dann stemmte er Hanteln, bis ihm die Arme wehtaten.
    Er kannte diesen Zustand, dass ihn nichts befriedigen konnte, sosehr er sich auch mit Musik zudröhnte oder mit Alkohol abfüllte. Dieses Verlangen, immer noch mehr spüren zu wollen. Seine Mutter hätte ihn »verwöhnt« genannt, sein Vater eher »süchtig«, recht hätten sie vielleicht beide gehabt.
    Er hatte die Russen angerufen und gesagt, dass sich die Waffenlieferung verspäten würde. Die Russen fanden, das sei sein Problem, sie wollten ihre Sachen innerhalb der vereinbarten Frist. Sie gaben Jens eine Woche, danach würden sie Rabatt verlangen, und Jens solle sich darauf einstellen, dass sie das nicht noch einmal tolerieren würden.
    Er lag auf dem Rücken auf dem Teppich und überlegte, wie er Aron finden sollte oder Leszek, die ihn zu Michail führen konnten.
    Er erhob sich, setzte Kaffee auf und machte sich an die Arbeit.
    Aron zu finden war nicht so leicht. Er hatte nur einen Vornamen. Einen Vornamen und das Aussehen. Um die vierzig, markantes Gesicht, schwarzes Haar, ein Gentlemantyp. Damit kam man nicht weit.
    Aron hatte Stockholm erwähnt, als sie sich verabschiedeten, aber das hieß ja nicht notwendigerweise, dass er in der Stadt war. Vielleicht wohnte er ganz woanders, vielleicht nicht einmal in Schweden. Jens dachte an Leszek. Hatte der etwas gesagt? Nein. Oder Thierry? Die Steinskulptur – war die vielleicht ein Anhaltspunkt?
    Jens suchte im Internet nach Steinskulpturen. Vergeblich. Er rief im Naturkundemuseum an und beschrieb die Figur. Die Frau versuchte behilflich zu sein, aber mit Jens’ Beschreibung konnte sie nichts anfangen. Er druckte sich die Adressen sämtlicher Geschäfte der Stadt aus, die Antiquitäten, Kunst und Ethnokram anboten.
    Dann verließ er die Wohnung, kaufte Zigaretten und lief Richtung Zentrum, um nach Aron, Leszek, Thierry oder Steinskulpturen zu suchen. Er klapperte alle Läden ab, die infrage kamen, und stellte immer die gleiche unbestimmte Frage, hörte überall das gleiche, unbestimmte Nein. Die Tage verrannen, und er fühlte, wie der Druck stieg.
    »Sophie, geht es dir gut in deinem Villenvorort?«, hatte er am Telefon gefragt.
    Auf dem Weg nach Biskopsudden war sie nervös gewesen. Sie wollte nicht – nein, das

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