Unbescholten: Thriller (German Edition)
nichts mit den Guzmans zu tun. Ich bin hier, um meine Sachen zu holen, sonst nichts.«
Ralph Hanke atmete tief durch und schüttelte den Kopf.
»Nein, du wirst ihnen meinen Vorschlag überbringen und uns dann anrufen und erzählen, wie sie ihn aufgenommen haben. Du wirst hier vermitteln.«
Ralph Hanke machte eine Kunstpause. Dann fuhr er fort: »Michail sagt, dass er schon mal mit dir zu tun hatte. Wenn ich mit einem Vermittler ankäme, würde Guzman sich sofort widersetzen. Ich möchte, dass du mit dieser Frage zu ihm gehst, deine Waffen nimmst du natürlich mit. Wir wollen sie einladen und mit ihnen sprechen.«
»Ich werde euch die Antwort übermitteln, dann bin ich fertig mit dieser Sache«, sagte Jens.
»Wer ist die Frau?«
Die Frage kam unerwartet.
»Welche Frau?«
»Die das Auto fuhr, als ihr Hector so heldenhaft gerettet habt.«
»Keine Ahnung, eine von Hectors Flammen, nehme ich an.«
Ralph Hanke nickte. »Ist er so einer?«
»Was für einer?«
»Ein Mann, der sich mit Frauen umgibt?«
»Das kann ich nicht beantworten.«
»Wie heißt sie?«
Jens schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.«
Ralph Hanke starrte ihn an und versuchte, in seinen Augen zu lesen.
»Michail bleibt hier und hilft dir mit deinen Sachen«, sagte er schließlich, drehte sich um und ging zur Tür. Sein Sohn stand auf und folgte ihm. Sie verließen das Haus, die Tür fiel ins Schloss, und es wurde wieder still.
Michail zeigte auf die Kellertreppe. Jens rieb sich die Müdigkeit aus den Augen, seufzte und ging in den Keller hinunter. Michail folgte ihm.
Sie hoben die Leiche von den Kisten, trugen sie in eine Art Waschküche und legten sie auf den Boden. Dann gingen sie wieder in die Garage.
»Wie geht es Klaus Köhler?«, fragte Michail.
»Besser als Jürgen.«
Michail wiederholte seine Frage.
Jens blieb bei seinen Kisten stehen. »Wir haben ihn in die Notaufnahme gebracht, er wird durchkommen.«
Michail öffnete das Garagentor, und der Raum wurde von Tageslicht erfüllt. Sie nahmen eine von Jens’ Kisten und trugen sie zu zweit zum Wagen.
»Klaus ist in Ordnung.«
Sie schoben die Kiste in den Kofferraum.
»Was heißt ›in Ordnung‹ in deinen Augen?«, fragte Jens.
Michail antwortete nicht. Sie verfrachteten die zweite Kiste ins Auto, und Jens warf die Kofferraumklappe zu.
»Gib mir deine Nummer«, sagte Michail.
Dann schickte er ihm einen Kontakt auf sein Handy. »Ruf diese Nummer an, wenn du mit den Guzmans gesprochen hast. Sieh zu, dass du es auf die Reihe bekommst. Das läuft hier gerade in eine ganz beschissene Richtung«, sagte Michail.
Jens ließ München hinter sich und fuhr Richtung Polen. Der kürzeste Weg führte durch Tschechien, aber er wollte Grenzübergänge meiden, so gut er konnte. Deshalb fuhr er weiter durch Deutschland und hoffte auf einen kleinen Übergang. Er fand ihn bei Ostritz und gelangte problemlos nach Polen.
Er rief Risto an und erzählte, dass es miserabel gelaufen sei mit den Waffen, dass er jetzt aber auf dem Weg sei. Er bat Risto, die Russen zu überreden, keine große Sache aus der Verspätung zu machen. Er sei bereit, einen geringfügigen Preisnachlass zu akzeptieren. In sieben Stunden würde er in Warschau sein. Er nannte Risto den Namen eines Hotels, wo sie am nächsten Tag Kontakt mit ihm aufnehmen konnten.
Es war so dunkel, als wäre dieser Teil Polens noch von der Elektrizität abgeschnitten. Kompakte Finsternis, wohin Jens auch blickte. Er begegnete keinem Auto und sah keine Häuser. Das gab ihm für einen Moment das Gefühl, ganz allein auf der Welt zu sein. Dunk, dunk, dunk … Das Geräusch wurde in seinem Kopf zu einem Kinderlied.
Jens drohte am Steuer einzunicken, er öffnete das Fenster und versuchte sich wach zu halten, indem er laut vor sich hinsang. Es funktionierte nicht, er hörte auf zu singen, ohne es selbst zu merken, das Lied ging in seinem Kopf weiter. Er nickte wieder für Sekundenbruchteile ein. Dunk, dunk, dunk … Und dann plötzlich hörte er ein anderes, durchdringendes Geräusch. Sein Handy!
»Hallo?«
»Habe ich dich geweckt?«
»Ja, zum Glück. Danke.«
»Hier ist Sophie.«
»Das höre ich.«
»Wo bist du?«
»Im Auto.«
Er schloss das Fenster und fuhr langsamer, um sie besser verstehen zu können.
»Ich glaube, ich brauche Hilfe.«
»Wobei?«
»Jemand ist in meiner Wohnung gewesen.«
»Rufst du von zu Hause aus an?«
»Nein, von einer der wenigen Telefonzellen, die es noch gibt.«
»Fühlst du dich bedroht?«
»Ja.«
»Ich bin
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