Und da kam Frau Kugelmann
und das, und ihre Stimme gefiel ihm so gut wegen des weichen, polnischen Klangs. Später haben sich die beiden heimlich getroffen, sie sind an einsamen Stellen spazieren gegangen und wurden doch entdeckt. Schon am nächsten Tag fing das Gerede an. Mit dem Gerede war das bei uns so: Zuerst musste die Polin mit dem Bachmann gesehen werden, was in Bendzin so gut wie sicher war, dann musste das Gesehene weitergegeben werden, was ohnehin geschah, und dann durfte es über Nacht nicht in Vergessenheit geraten, was bei diesem ungewöhnlichen Paar keinesfalls zu erwarten war. Wenn dann beim morgendlichen Einkauf im Bäckerladen die Frauen darüber sprachen, war das Gerede nicht mehr zu halten, es schwoll von Hausfrau zu Hausfrau immer mehr an, verdreifachte seinen Umfang, angereichert mit wahren und erfundenen Einzelheiten. Was es da nicht alles zu berichten gab! Wenn es beim Metzger anlangte, plusterte es sich derart auf, dass es danach beim Lebensmittelhändler Potok schon nicht mehr durch die Tür passte. Die Leute erzählten sich die Neuigkeit bereits vor der Tür, ohne den Laden zu betreten. Manch einer vergaß vor lauter Eifer einzukaufen, was zu Hause fehlte. Auch der Lebensmittelhändler trat neugierig vor die Tür, um zu hören, was es denn so Wichtiges gebe, und erfuhr, dass wohl sehr bald eine Hochzeit zwischen der Polin von der Kollontajastraße und einem Bachmann von hinter dem Berg zu feiern wäre.
Und als das Gerede den höchsten Punkt überschritten hatte, denn jedes Gerede findet einmal ein Ende, hat es noch mal einen kleinen Aufschwung genommen und ist den Eltern zu Ohren gekommen. Die feinen Eltern mussten erfahren, dass die Tochter sich einen Bachmann als Kavalier genommen hatte, ohne einen Augenblick an die Ehre der Familie zu denken.
Die Polin hielt an dem Bachmann fest, aber er löste sich von ihr, und dass er sich löste von ihr, hing wiederum mit dem bachmannschen Ehrgefühl zusammen. Denn als auch die Bachmanns erfuhren, dass einer von ihnen mit einem feinen Mädchen von der Kollontajastraße ging, haben die Bachmanns den jungen Kollegen mit Prügeln zur Vernunft getrieben, kein Bachmann schaut ein Mädchen aus so gutem Hause an, von vor dem Berg, und schon gar nicht von der Kollontaja. Dorthin müssen die Bachmanns die Waren tragen, und das wollen sie auch weiterhin tun. Den Beruf muss man streng vom Herzen trennen. Der Lehrling Janek hat es eingesehen und war von da an ein ausgewachsener Lastenträger.
Jeder Sack mit Lebensmitteln, mit Zucker, Mehl, Fisch oder Fleisch, den die Bauern aus der Umgebung nach Bendzin brachten, wurde von den Bachmanns abgeladen. Meist wurden die Waren donnerstags angeliefert, wenn die Bendziner sich für den Schabbat eindeckten. Und es hätte ja sein können, dass der Bauer auch ein kräftiger Kerl war, vielleicht genauso stark wie ein Träger, und er gerne seine Ware selbst abgeladen hätte, genauso wie er sie aufgeladen hat, vor allem aber, um das schwer verdiente Geld einzusparen. Da aber waren die Lastenträger zur Stelle, das Aufund Abladen der Waren gehörte in ihre starken Hände, denn auch ein Träger musste leben und seinen vielen Kindern zu essen geben. Nicht dass der Bauer etwa friedlich einwilligte, es war der Anblick der kraftstrotzenden Bachmänner, der ihn von einer Rauferei abhielt.
Wer mit dem Zug nach Bendzin fuhr, machte schon am Bahnsteig Bekanntschaft mit den Trägern. Doch bevor der Zug in die Bahnhofshalle einlief, lernten die Reisenden zuerst unser schönes Ortsschild kennen. Da stand in riesigen Lettern das Wort ›Bendzin‹, und kurz dahinter, in kleinem, aber nicht unbescheidenem Abstand, das Wort ›Miasto‹, Stadt. Bendzin Stadt stand da, nicht etwa Bendzin Großstadt, das wäre wahrlich übertrieben, Kleinstadt dagegen wäre untertrieben, und schlicht und einfach nur ganz schmucklos Bendzin, das wäre zu bescheiden gewesen für unsere aufblühende Stadt. Nein, Bendzin Stadt, das schien genau die goldene Mitte, um den Reisenden klar zu machen, wo sie angekommen waren. Und die Träger machten Bendzin sogar zu einer Stadt mit Großstadtsitten.
Denn zum Beispiel, als der Mosche Dreiblatt das erste Mal nach Bendzin kam, hatte er wie jeder Reisende einen Koffer dabei, keinen sehr großen, denn er führte keine Waren mit sich und wollte nur kurze Zeit bleiben. Er kam zu einer Bris, zur Beschneidung seines Vetternsohns, Mieteks neugeborenem Bruder, einem unerwarteten Nachzügler der Familie. Mosches Frau war daheim geblieben, sie war
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