Und da kam Frau Kugelmann
verkaufte kiloweise Zucker an die kleinen Lebensmittelgeschäfte, denn die Krämer waren zu arm, um einen ganzen Sack Zucker abzunehmen. Zuckerstücke wurden aber in jeder Familie gebraucht. Denn beim Teetrinken hat man bei uns den Zucker nicht mit dem Löffel im Glas verrührt, sondern die groben Zuckerstückchen zwischen die Zähne genommen und den heißen Tee hindurchgeschlürft. Das schmeckte besonders gut, weil der Tee dann kühler war und voll bitterer Süße.
Der Dattelstrauch war beim Zuckeranliefern immer aufgeregt, aber an diesem Tag war er ganz außer sich, er schrie die Träger so laut an, dass nicht nur ich, sondern auch andere Passanten vor dem Geschäft stehen blieben. Sogar der Jacob Teitelbaum vom Geschäft nebenan trat aus seinem Laden heraus und vergaß für einen Augenblick den Verkauf seiner Mäntel. Sie sollten die Säcke vorsichtig hinlegen, damit sie nicht platzten, brüllte der Dattelstrauch in einem Anfall von Jähzorn die Lastenträger an und sprang ihnen vor die Füße. Mit seinem unaufhörlichen Gezeter störte er sie bei der schweren Arbeit. Plötzlich haben die Lastenträger dem Dattelstrauch die Säcke vor die Kellertür geschmissen und prompt ihren Lohn verlangt. Der Dattelstrauch hatte aber wirklich keinen guten Tag, um es genau zu sagen, er war an diesem Tag besonders übel gelaunt, nein, er war gallenbitter. Frühmorgens fing der Tag schon mit einem Ärgernis an, weil seine junge unternehmungslustige Frau wieder mal einen Sommerurlaub mit den Schwiegereltern in Krynica plante, ohne an die anfallenden hohen Kosten zu denken. Wahrlich, ein triftiger Grund, übel gelaunt zu sein, und deswegen gab der Dattelstrauch den Trägern einen kleineren Lohn, als ihnen zustand. Den Lohn hielt er für gerechtfertigt, weil wegen der Unachtsamkeit der Bachmanns beim Abladen der Säcke mit einem Bruch der Zuckerstückchen zu rechnen wäre, also einem Teilverlust von seiner, Dattelstrauchs, Ware. Die Lastenträger aber ließen ihm keine Zeit, die Höhe der Entlohnung noch einmal zu bedenken. Sogleich sind sie mit ihrem schweren Gewicht auf die Zuckersäcke gesprungen und haben das Sackleinen zum Platzen gebracht. Sie sind so lange auf dem verstreuten Zucker hin und her gehüpft, bis kein einziges Würfelstückchen mehr heil blieb. Der Dattelstrauch wollte seinen Augen nicht trauen, was aus seinem Zucker geworden war. Die Stiefel der Lastenträger hatten ihn binnen kurzer Zeit zu Mehl zerrieben und auf dem Hof festgetreten, als sei das ein neuer Teppich. Und niemand konnte unter dem Zuckerteppich mehr ein Stückchen Erde entdecken. Der Dattelstrauch händigte den Trägern schnell die ausstehende Summe aus, sogar ein üppiges Trinkgeld fügte er noch hinzu, damit sie endlich verschwanden. Den vereinbarten Lohn steckten die Bachmanns ein, das Trinkgeld aber haben sie dem Dattelstrauch vor die Füße geworfen. Noch nicht einmal eine Hand voll zerbrochene Zuckerstückchen haben sie für ihre hungrigen Kinder aufgelesen, so grundehrliche Leute waren sie.
Um noch bei der Ehre zu bleiben, auch die Bachmanns heirateten unter sich. Einmal hat sich die stolze Polin in einen Bachmann verliebt. Der Janek war schön anzusehen, muskulös, gerade gewachsen und mit einem Schopf voller kräftiger, nachtschwarzer Haare. Er war noch nicht allzu lange im Beruf, ein Bachmannslehrling gewissermaßen, noch ohne rechtes Empfinden für die Bachmannsehre. Jeden Donnerstag, wenn die Polin ihre Mutter zum Markt begleitete, zog Janek ein frisches Sackleinenhemd an. Und wenn die stolze Polin in seine Nähe kam, fluchte er, so laut er konnte, weil er sich keinen anderen Rat wusste, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Die Polin schien beeindruckt von seinen derben Flüchen. Um ihr zu gefallen, hob er die allerschwersten Lasten von den Ständen. Einmal hat er sogar, als sie länger verweilte, nur für sie allein, zu ihrem Vergnügen, ein großes schweres Blech mit seinen sehnigen, starken Händen auseinander gebogen.
Die Polin gefiel ihm, weil sie so ein elegantes Mädchen war, mit feinem Rock, unter dem sich, wenn man genau hinschaute, ein kleines rundes Bäuchlein abzeichnete. Das Bäuchlein gefiel dem Janek so sehr, dass er sich bemühte, genau an dem Stand Waren abzuliefern, an dem die Polin mit ihrer Mutter Lebensmittel einzukaufen pflegte. Und was ihm noch mehr an der Polin gefiel, waren ihre feinen Manieren. Er hatte zugehört, wie schön sie ihre Mutter in polnischer Sprache ansprach, Mamuschia, schau doch mal dies
Weitere Kostenlose Bücher