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...und da sagte Don Camillo...

...und da sagte Don Camillo...

Titel: ...und da sagte Don Camillo... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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vor sich hin, als er die Taktik des Graskorsaren durchschaute. «Das hast du fein eingefädelt. Aber vom Rand der Wiese bis zur Baumreihe mußt du ja doch die Deckung verlassen!»
    Das Mägerlein aber war gerissen. Am Rande des Luzernefeldes angekommen, kroch es weiter bäuchlings durch das Gras neben den Bäumen bis zu dem tiefen Graben, der quer zur Baumreihe verlief und in dem es ungesehen davonlaufen konnte.
    «Jesus!» flüsterte Don Camillo fast entsetzt, «wer kann einem fünfjährigen Knirps einen so raffinierten Trick beigebracht haben?»
    «Don Camillo», antwortete der Gekreuzigte, «wer bringt den kleinen Fischlein das Schwimmen bei? Es ist der Instinkt.»
    «Instinkt!» knurrte Don Camillo. «Haben die Menschen denn wirklich den Instinkt des Bösen?»

    Don Camillo besorgte den Kindern einen andern Ball und verriet niemandem etwas vom Unternehmen Mägerlein. Er hoffte, den Kleinen wiederzusehen: vielleicht hatte der Ball als Angel und Köder gewirkt. Jeden Tag beobachtete er die Luzernewiese; aber da wogte nichts mehr.
    Dann hörte er, das Mägerlein sei krank und könne schon seit einiger Zeit das Haus nicht mehr verlassen.
    Tatsächlich hatte der Kleine noch am selben Abend Fieber bekommen. Im Graben hinter dem Luzernefeld hatte er nämlich Wasser vorgefunden, aber da er die Deckung nicht aufgeben konnte, war er weitergekrochen und hatte sich vollgesogen wie ein Schwamm.
    Ehe er ins Haus ging, hatte er ein Loch gegraben und den Ball eingebuddelt. Jo war spät heimgekommen und hatte den Buben kalt wie einen Eiszapfen angetroffen.
    Zuerst schien es nur eine kleine Erkältung zu sein, die sich mit etwas Wärme und ein paar Pillen kurieren ließ; dann aber wurde die Sache schlimmer, und eines Abends begann das Mägerlein im Fieber zu phantasieren.
    Es murmelte immer wieder die gleichen Worte, und erst nach einer ganzen Weile begriff Jo, daß von einem großen Gummiball die Rede war.
    «Ist ja schon gut», beschwichtigte ihn die Mutter. «Jetzt wirst du erst einmal gesund, und dann kaufe ich dir den Ball.»
    Der Kleine schien beruhigt, aber in der folgenden Nacht, als das Fieber stieg, kam er in seinen wirren Reden wieder darauf zurück: «Der Ball ... der große Ball ...»
    «Sei still, reg dich nicht auf! Ich habe doch gesagt, daß ich dir den Ball kaufe, sobald du gesund bist!»
    «Nein ... nein ...»
    «Du willst ihn jetzt schon? Wenn du brav bist, gehe ich und kaufe ihn.»
    «Nein., nein., der Ball ...»
    Es war offenbar eine fixe Idee. Auch der Arzt sagte, man brauche in dem, was ein Kind im Fieberwahn spricht, keinen Sinn zu sehen.
    Als daher der Bub in der nächsten Nacht erneut von einem Ball phantasierte, beschränkte Jo sich darauf, ihn mit «Ja, ja, ist ja schon gut!» zu beruhigen. Erst um ein Uhr früh hörte er auf, wirres Zeug zu reden, und schlief, vom Fieber ermattet, ein. Und Jo warf sich zu Tode erschöpft auf ihr Bett.

    An jenem Morgen war Don Camillo früh aufgestanden und rasierte sich schon um fünf Uhr vor dem kleinen Spiegel, den er am Fensterriegel seiner Kammer aufgehängt hatte.
    Es war ein schöner Morgen, frisch und klar, und Don Camillo trödelte mit Pinsel und Rasiermesser, denn einerseits hatte er keine Eile, andererseits konnte er von hier oben weit hinausblicken über die grünen Wiesen, den Damm und die Pappeln hinter dem Damm, und hinter den Pappeln glitzerte der Fluß.
    Unter dem Fenster lag der Spielplatz mit dem Karussell und der Schaukel, still und verlassen; in wenigen Stunden aber würde die Bande wieder anrücken. Er lächelte beim Gedanken an die frischen, sauber gewaschenen Gesichter und die Augen, in denen noch kleine Stückchen Traum verweilten.
    Er betrachtete den hohen Maschenzaun und die Luzernewiese und dachte unwillkürlich: «Dort war er, der kleine Gauner ...»
    Er fuhr zusammen, als er etwas Weißliches sich durch das Gras bewegen sah. Was es war, vermochte er nicht zu erraten, aber als das Ding nur noch wenige Meter vom Zaun entfernt war, begriff er: Es war das Mägerlein, das wie ein betrunkener Schlafwandler durch das Feld wankte. Das Mägerlein im langen, weiten Nachthemd, das nichts anderes war als ein altes Taghemd seines Vaters.
    Der Bub stolperte, fiel hin, raffte sich auf und kam näher, und an die Brust gedrückt trug er den großen Gummiball.
    Am Zaun angelangt, warf er den Ball. Er wollte ihn auf den Spielplatz werfen, aber der Zaun war zu hoch, und der Ball fiel zurück. Das Mägerlein hob ihn auf und probierte es noch einmal, und wieder

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