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...und da sagte Don Camillo...

...und da sagte Don Camillo...

Titel: ...und da sagte Don Camillo... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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prallte der Ball am Zaun ab.
    Don Camillo atmete schwer, und seine Stirn war schweißnaß. «Jesus!» flehte er. «Gib ihm die Kraft!»
    Das Mägerlein war entkräftet, und die Ärmchen, die aus den viel zu großen Ärmeln des väterlichen Hemdes ragten, sahen noch dünner aus als sonst. Der Kleine konnte sich nur mit Mühe auf den Beinen halten; es verging einige Zeit, bis er den Ball wieder hochzuwerfen vermochte.
    Don Camillo schloß die Augen. Als er sie wieder öffnete, lag der Ball drinnen auf dem Spielplatz und das Mägerlein auf dem Rücken in der Luzerne, reglos und steif, wie tot.
    Don Camillo fuhr wie eine Lawine die Treppen hinunter und war schon im nächsten Augenblick in der Wiese. Er beugte sich nieder, um das Mägerlein aufzuheben, und als er es so leicht auf seinen Armen fühlte, durchdrang ihn Erschütterung und Angst.
    Das Mägerlein öffnete für einen kleinen Moment die Augen, und als es sich in den Klauen des großen Mannes sah, flüsterte es: «Don Kamel ... der Ball ist drinnen ...»
    «Fein, fein!» antwortete Don Camillo.
    Der Glöckner, der losgelaufen war, um Jo zu benachrichtigen, fand die arme Frau tobend vor Jammer, denn sie hatte eben das Verschwinden des Kleinen bemerkt. Als sie dann wenig später ihren Jungen im Wohnzimmer des Pfarrhauses auf dem vor das Kaminfeuer geschobenen Diwan liegen sah, blieb ihr die Sprache weg.
    «Ich habe ihn ohnmächtig in der Luzernewiese gefunden, vor zwanzig Minuten», erklärte Don Camillo.
    «Im Luzernefeld? Was hatte er denn da zu suchen? Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr.»
    «Wann hast du schon einmal etwas verstanden!» gab Don Camillo trocken zurück.
    Dann kam der Arzt und sagte zu Jo, es wäre nicht im Traum daran zu denken, den kleinen Jungen fortzubringen.
    Er gab dem Patienten eine Spritze und erklärte Jo, was sie zu tun habe.
    Inzwischen bereitete Don Camillo sich in der Sakristei auf die Messe vor.
    «Jesus!» wandte er sich an den Gekreuzigten über dem Hauptaltar. «Wie ist das nur möglich? Wie konnte das Kind so handeln, bei der gräßlichen Erziehung, die es bekommen hat? Wer hat es bloß gelehrt, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, wo es doch immer nur im Bösen gelebt hat?»
    Christus lächelte. «Don Camillo, wer lehrt die Fischlein schwimmen? Es ist Instinkt. Gewissen kann man nicht lernen, es ist Instinkt. Gewissen ist nicht etwas, das man jemandem gibt, der es nicht besitzt. Du trägst nicht v on außen eine brennende Lampe in ein dunkles Zimmer. Die Lampe brannte vielmehr bereits, und das Zimmer war nur dunkel, weil sie von einem dicken Schleier verhüllt war, und wenn du den Schleier wegnimmst, wird es im Zimmer hell.»
    «Aber wer hat den Schleier von der Lampe weggezogen, die in der Seele dieses kleinen Jungen brannte?»
    «Don Camillo, wenn die Finsternis des Todes naht, sucht jeder instinktiv in sich ein wenig Licht. Hör auf, nach dem Wie zu forschen, und begnüge dich mit dem Daß. Danke Gott, daß der Kleine das Licht gefunden hat.»

    Das Mägerlein blieb zwei Wochen lang im Pfarrhaus, und Jo sah jeden Tag am Morgen und am Abend nach ihm. Sie kam allerdings nicht herein, sondern blieb draußen vor den Gitterstäben des Wohnzimmerfensters. Sie klopfte an die Scheibe, und wenn Don Camillo öffnete, murrte sie: «Ich bin gekommen, um meinen Sohn im Gefängnis zu besuchen.»
    Don Camillo antwortete nicht, sondern ließ Jo allein mit ihrem Jungen plaudern.
    Aber nach vierzehn Tagen kam Don Camillo einmal unverhofft nach Hause und erwischte das Mägerlein dabei, wie es ihm aus den Pneus des Fahrrades die Luft abließ.
    Da stopfte er die ärmlichen Sachen des Kleinen in ein Bündel, hängte ihm das Bündel an den Arm, stellte ihn vor die Tür und sagte: «Fort mit dir, du bist gesund.»
    Am Abend kam Jo, dreist wie immer, und fragte: «Was bin ich schuldig?»
    «Nichts. Die einzige Entschädigung, die du mir geben kannst, ist die, dich hier nie mehr blicken zu lassen Ewigkeit amen. »
    «Amen», knurrte Jo.
    Sie ging, aber um ihn zu ärgern, saß Jo am folgenden Sonntag in der Elfuhrmesse. In der vordersten Bank, samt dem Mägerlein.
    Als Don Camillo sie vor sich sah, warf er ihr einen fürchterlichen Blick zu, aber aus der Keckheit, mit der sie seinen Augen standhielt, konnte Don Camillo ihre stumme Antwort genau ablesen:
    «Du brauchst mich gar nicht so anzufunkeln, Don Kamel - ich habe keine Angst!»

«Sturmwolke»

    Für sich allein betrachtet, war es schlicht und einfach ein Dreiradlieferwagen mit

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