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Und dann der Himmel

Und dann der Himmel

Titel: Und dann der Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Stressenreuter
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geringer zu werden.
    „So sieht es aus“, erwidert Rafael und schlendert zum nächstgelegenen Tisch. „Können wir jetzt endlich frühstücken? Mein Magen knurrt.“
    Ulli starrt mich verwirrt an und erst jetzt fällt mir auf, dass ihm der Inhalt unseres Streits vielleicht etwas merkwürdig vorkommen könnte.
    „Geht’s dir gut, Marco?“ fragt mich mein Chef dann auch behutsam. „Bist du auf Droge?“
    „Nein, natürlich nicht!“ antworte ich. „Rafael hat hin und wieder ein paar Aussetzer, aber wir haben das unter Kontrolle.“ Eigentlich glaube ich selbst nicht, was ich da sage, und auch Ulli sieht nicht sonderlich überzeugt aus. Ich fasele etwas von schwieriger Kindheit und einer neuen Medikation gegen Depressionen, die Rafael zurzeit ausprobiere. „Mach dir keine Sorgen“, wiegele ich schließlich ab, „es ist alles in Ordnung! Schaff einfach deinen Hund aus meinem Blickfeld und lass uns in Ruhe frühstücken.“
    Aber Adolf denkt überhaupt nicht daran, wieder zu verschwinden. Obwohl Ulli an ihm zieht und zerrt, bleibt er wie ein nasser Sack Zement sitzen und glotzt mich weiterhin erwartungsvoll an.
    „Er erwartet eine Belohnung fürs Platz machen“, ruft Rafael gelangweilt zu mir herüber. „Du musst ihm den Nacken kraulen. Das hat er gerne.“
    Vorsichtig und zugegebenermaßen auch etwas ängstlich beuge ich mich zu der Dogge und streichele sie hinter den Ohren. Adolf hechelt mich ergeben an und verdreht genüsslich die Augen. Er wirkt plötzlich wie ein Riesenbaby. „So“, sage ich zu dem Hund, „und jetzt hör auf, mir auf die Nerven zu fallen.“
    Adolf steht gehorsam auf und trottet langsam zu Rafael hinüber, wo er sich wie ein geschlachtetes Pferd unter dem Tisch ausstreckt und ausgiebig gähnt.
    „Das darf doch alles nicht wahr sein!“ murmele ich. Nicht nur, dass ich seit gestern Rafael am Hals habe – einen Engel mit immer deutlicher werdenden anarchischen Tendenzen, zusätzlich scheint auch kein Weg an der Erkenntnis vorbeizuführen, dass ich jetzt Besitzer einer Deutschen Dogge bin – einer Dogge, deren größtes Vergnügen es ist, bei jeder unpassenden Gelegenheit den Hitlergruß und Joseph Goebbels’ hinkenden Gang zu imitieren. Meine Mitbewohner werden mich umbringen.
    Das Merkwürdige daran ist, dass ich trotz meines Wutausbruchs gar nicht richtig sauer bin auf Rafael. Natürlich bin ich verärgert über die sechzig Euro, die ich an die Staatskasse abführen muss, und natürlich will ich keine Dogge als Haustier. Aber jedes Mal, wenn ich die Zeit finde, Rafael aus den Augenwinkeln zu betrachten, schmilzt mein Ärger dahin wie ein Waffeleis in der Sonne. Ich brauche mir nur die Grübchen auf seinen Wangen anzusehen und seine dunklen, widerspenstigen Haarsträhnen, die ihm andauernd in die Stirn fallen, und merke, wie sich ungewollt ein Lächeln über mein Gesicht stiehlt. Es ist lange her, dass ich mich in der Gegenwart eines anderen Mannes so wohl gefühlt habe. An Finn habe ich in den letzten vierundzwanzig Stunden kaum gedacht.
    Wie gut, dass Rafaels und meine Positionen so klar definiert sind. Ich meine, er fühlt normalerweise den Hauch göttlicher Inspiration in seiner Nähe und ich mich meist wie der Dorfdepp, der von einem Fettnapf zum nächsten wankt; er ist ein Engel und ich bin ein Mensch, was soll da schon groß passieren?
    Gerade will ich mich zu ihm an den Tisch setzen, als mein Blick erneut auf die Papiere fällt, die Ulli noch immer wie eine Schatzkarte in seiner Hand hält. „Was hast du eigentlich da?“ frage ich.
    Ulli senkt die Augen. „Äh … das ist meine Altersversicherung“, nuschelt er.
    Ich sehe ihn verwirrt an. „Verstehe ich nicht. Der Laden läuft doch gut. Seit wann machst du dir Sorgen um deine Rente?“
    „Ich habe damals eine riesige Hypothek auf den Laden aufnehmen müssen“, erwidert Ulli zögernd. Die Unterhaltung scheint ihm plötzlich peinlich zu sein. „Und ich hatte gehofft, eines Tages mit Opa Hermanns Geld die ganzen Schulden auslösen zu können. Verdient hätte ich die Kohle allemal, nachdem ich mir jahrelang seine Hasstiraden angehört habe! Aber jetzt sieht es ja so aus, als könnte eine rechtsradikale Partei mit meinem Erbe die Kasse für ihren nächsten Wahlkampf aufbessern. Deshalb habe ich letzte Woche das Café verkauft. Ich hasse es, Schulden zu haben. Es stört meine Nachtruhe.“
    „Die zwei Typen in den Maßanzügen!“ platzt es aus mir heraus. Meine Intuition hat mich doch nicht getrogen.
    Ulli nickt.
    Ich

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