Und dann kam Paulette (German Edition)
erinnerte sich an ihre Freude über dieses Mistviech – aber er hatte ihn noch nie in Aktion erlebt. Bei Ferdinand lagen die Dinge anders, er war bereits in den Genuss von niedergetrampelten Karotten im Gemüsegarten und Ähnlichem gekommen, daher hielt sich seine Begeisterung in Grenzen, er war sogar ziemlich erbost. Doch als er Guys Gesichtsausdruck sah, beruhigte er sich sofort. Fast hätte er den Esel sogar ins Haus gebeten, ihm einen Platz auf dem Sofa und etwas zu trinken angeboten, weil er ein solches Lächeln hervorgerufen hatte. Ein raffiniertes Mistviech, dieser Esel, wirklich.
Sie gingen nach oben, wo Ferdinand vorschlug, dass Guy Henriettes altes Zimmer bezog, bis er sich endgültig entschieden hätte. Das Bett sei bequem, die Dekoration mit den Werken der Kinder ganz neu. Sie hätten übrigens neulich auch hier übernachtet, die beiden Banditen, nach ihrer Fahrradflucht …
Ferdinand machte sich an die abendliche Suppe. Lauch, Karotten und Perlgraupen. Als es dunkel wurde, hörte er, wie der Hund an der Tür kratzte, er machte auf und wurde mit Freudensprüngen begrüßt, dann drückte Berthe sich an Guy, um weitere Streicheleinheiten zu bekommen. Als wäre es nie anders gewesen. Nachdem sie ihre Stiefel abgestreift hatte, kam Marceline herein, erschöpft von einem langen Tag im Garten. Und mit dem dringenden Wunsch, sich umzuziehen, eine heiße Suppe zu essen und dann zu Bett zu gehen. Bei Guys Anblick hellte sich ihr Gesicht auf, und sie begrüßte ihn mit Küsschen. Ferdinand hatte es geschafft! Als sie an ihm vorbeiging, nickte sie ihm mit einem Lächeln in den Augenwinkeln fast unmerklich zu, um ihm unauffällig zu gratulieren. Kurz bevor sie in ihr Zimmer trat, fiel ihr etwas ein, und sie kehrte noch einmal zurück, um auch ihn mit Küsschen zu begrüßen. Das hatte sie noch nie getan, zumal sie sich nach wie vor siezten.
Nach dem Essen gingen alle drei nach draußen, um Cornélius guten Tag zu sagen.
Bevor sie sich verabschiedeten, flüsterte Marceline ihm zärtliche Worte ins Ohr und bat ihn, etwas weniger eifrig die Türschlösser, Schnappschlösser und Riegel zu studieren, weil Ferdinand das gar nicht witzig fand. Sie trat einen Schritt zurück, um seine Reaktion abzuwarten, er nickte. Das überraschte sie. Vielleicht verstand er wirklich alles.
Beim Hineingehen fiel ihr dann ein Briefumschlag aus der Tasche. Guy hob ihn für sie auf. Sie hatte ihn aus ihrem Briefkasten genommen und ganz vergessen, ihn zu öffnen. Es gab so viel anderes zu tun. Etwas ängstlich machte sie ihn auf. Es war der Kostenvoranschlag für die Reparatur ihres Hauses. Sie las ihn von oben bis unten durch, und als sie bei der Gesamtsumme ankam, inklusive Materialkosten, Arbeitsstunden und Steuern, sank sie auf den Stuhl. Guy und Ferdinand merkten beide, wie sie blass geworden war. Dann entschuldigte sie sich, sie sei so müde, könne sich kaum noch auf den Beinen halten und müsse rasch ins Bett. Sie wünschten ihr eine gute Nacht, woraufhin Marceline den Hund streichelte und ging.
Guy und Ferdinand waren noch nicht müde. Beim Durchblättern der Fernsehzeitschrift sah Ferdinand, dass in knapp fünf Minuten ein Dokumentarfilm über Wale beginnen würde. Den wollte er auf keinen Fall verpassen. Also nahmen sie zwei Gläser und die Flasche Pflaumenwein mit und setzten sich vor den Fernseher. Wie zwei alte Lausbuben.
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30
Möglicherweise eine Grippe
Dafür, dass es seine erste Nacht war, schlief Guy ziemlich gut. Zweimal anderthalb Stunden. Nichts Ungewöhnliches für ihn, er leidet an Schlaflosigkeit. Gegen drei Uhr morgens ging er draußen ein wenig spazieren, um sich die Beine zu vertreten und die gute Landluft einzuatmen. Der Hund begleitete ihn zu Marcelines Haus, wo er sich im Schein der Taschenlampe den Zustand des Dachs anschaute. Um es reparieren zu lassen, würde sie ganz schön was hinlegen müssen. Kein Wunder, dass sich die arme Frau Sorgen machte.
Bei seiner Rückkehr machte er noch einen Abstecher zur Scheune. Als er am Traktor vorbeikam, konnte er nicht widerstehen und kletterte hinauf. Er ließ den Motor aber nicht an, um niemanden zu wecken. Danach ging er in die Werkstatt und sah sich um. Vielleicht gab es hier etwas zu tun? Aber er fand nichts, was ihn interessierte. Als er merkte, wie seine Stimmung sank, legte er sich wieder ins Bett, bevor ihn endgültig eine Depression übermannte.
Acht Uhr.
Marceline ist noch nicht auf. Normalerweise macht sie um sieben Uhr
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