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Und dann kam Paulette (German Edition)

Und dann kam Paulette (German Edition)

Titel: Und dann kam Paulette (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Constantine
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Schwestern Lumière sind nicht wirklich Schwestern. Sie haben nur denselben Namen, weil Hortense mit Simones Bruder verheiratet war. Die beiden haben sich kurz nach Kriegsausbruch kennengelernt, ineinander verliebt und den Ortsbürgermeister gebeten, sie wenige Tage danach zu trauen. Bedauerlicherweise ist der arme Octave, als er nach seiner Hochzeit zu seinem Regiment zurückkehren wollte, auf eine Mine getreten. Seine Eltern starben vor Kummer, und Hortense blieb ganz allein mit Simone, ihrer Schwägerin, zurück, die damals fünfzehn oder sechzehn war. Sie selbst war dreiundzwanzig. Seit dieser Zeit waren sie immer zusammen. Sie eröffneten einen Laden, den sie Elektrofachgeschäft der Schwestern Lumière nannten. Hatten sie bei ihrem Nachnamen denn eine Wahl? Neben den üblichen Artikeln – Kabel, Steckdosen, Kabelmäntel, Lichtschalter etc. – hatten sie sich auf zwei Produkte spezialisiert: Nachttischlampen und Kinderleuchten. Simone entwarf die Modelle, Hortense stellte sie her. Gaby hatte vor allem die magischen Laternen geliebt, die sich dank der Hitzeentwicklung der Glühbirnen drehten. Das war sehr poetisch. Manchmal war sie nur zu den beiden in den Laden gegangen, um zu sehen, wie sie sich drehten. Letztes Jahr erst haben sie das Geschäft geschlossen.
    Sie leben bestimmt seit siebzig Jahren zusammen. Eine Gnadenhochzeit, sagt Marceline beeindruckt.
    Es beginnt zu regnen, schnell gehen sie ins Haus. Ferdinand legt Holz nach. Guy wäscht die Tassen unter dem Wasserhahn ab, Marceline weicht für den nächsten Tag getrocknete Bohnen ein. Dann versuchen sie sich vorzustellen, wie sie sich organisieren müssten, wenn sie zu fünft wären. Sie gehen durch das ganze Haus, stellen fest, dass der Platz dicke reicht. Nichts spräche wirklich dagegen.
    Am Fuß der Treppe bleiben sie stehen, sie haben Gesprächsbedarf. Es wird vielleicht nicht leicht sein, sie zu überreden? Anders als in ihrem Fall. Die Frauen sind älter, unflexibler. Hortense mit ihren fünfundneunzig Jahren, Simone mit achtundachtzig? Sie könnten ihre Mütter sein! Mensch, das ist witzig … Sie hängen bestimmt sehr an ihrem Haus, so lange, wie sie da schon wohnen. Es wird nicht einfach werden. Wie dem auch sei, sie können sie in dieser Situation nicht im Stich lassen, das wäre … unterlassene Hilfeleistung bei drohender Gefahr! Ja, genau. Nun ja, es wird keine leichte Aufgabe sein, das ist alles.
    Ferdinand ahnt, dass er in der Nacht nach den richtigen Worten suchen und an seinen Argumenten feilen wird. Marceline und Guy sind zuversichtlich. Sie wissen aus Erfahrung, dass er ein Händchen für solche Situationen hat.
    Sie wünschen einander eine gute Nacht. Marceline und Ferdinand gehen in ihr Zimmer, Guy schlüpft in seinen Mantel. Bevor er hinausgeht, nimmt er etwas Glut aus dem Ofen und gibt sie in einen Blecheimer. Wie jeden Abend wird er von Berthe begleitet. Als er die Werkstatt betritt, überläuft ihn ein Schauer, das Thermometer zeigt 4 °C. Er schüttet die Glut in das Kohlebecken, stellt es so dicht wie möglich an die Werkbank. Berthe legt sich neben ihn auf einen Stapel mit Jutesäcken und rollt sich ein, und Guy macht sich an die Arbeit. Bis zum Ende der Woche muss er zwei Fahrräder flottmachen. Arbeit für mehrere Nächte am Stück. Genau der richtige Druck, damit er in die Gänge kommt.
    Ferdinand liegt im Bett und starrt an die Decke, Lolli schnurrt ihm ins Ohr. Bis jetzt ist er ihm keine Einschlafhilfe, Ferdinand denkt an den morgigen Tag.
    Was soll er ihnen bloß sagen? Welche Worte soll er wählen? Und wie soll er es ihnen am Ende verklickern?
    Er ist nervös, der arme Kerl.

[zur Inhaltsübersicht]
    37
    Drei + zwei
    Ferdinand war überrascht, wie schnell alles ging. Kaum hatte er drei Sätze gesagt, stand Simone auf, packte Hortense am Ärmel und zog sie in ihr Zimmer. Er hörte sie tuscheln, nach nicht einmal einer Minute kamen sie zurück. Zitternd und mit Tränen in den Augen schlossen sie ihn nacheinander in die Arme. Der Neffe war gestern da gewesen, nachdem Ferdinand mit den Kleinen gegangen war, und hatte ihnen einen gehörigen Schreck eingejagt. Sie hatten eine furchtbare Nacht hinter sich. Angefangen damit, dass sie ihre zwei Wellensittiche tot im Käfig vorgefunden hatten. Sie lagen auf dem Rücken, die Bäuche geschwollen, ihr Tod war völlig unerklärlich. Anschließend mussten sie ihren eigenen Abgang planen, den großen, den endgültigen, mit der ausreichenden Dosis Schlaftabletten auf dem

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