Und dann kam Paulette (German Edition)
Nachttisch. Aber der Reihe nach, sie hatten sich vorgenommen, heute noch ihr Haus zu putzen. Ihnen war daran gelegen, es in einwandfreiem Zustand zu hinterlassen. Kein Mensch sollte ihnen vorwerfen können, dass sie Schmutzliesen seien. Auf keinen Fall! Im Leben nicht. Am Abend wollten sie einen kurzen Brief verfassen für diejenigen, die die wahren Gründe wissen wollten. Und das Menü für das Abendessen hatten sie auch schon festgelegt. Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise: nur Kuchen! Mokka-Éclairs, Baisers und Rumtörtchen. Der Diabetes und auch dieser andere Mist, das Cholesterin, konnten ihnen gestohlen bleiben, heute würden sie auf nichts verzichten! Anschließend – gegen halb neun – würden sie sich schlafen legen, es sei denn, im Fernsehen käme ein guter Film oder eine interessante Doku. Sie würden sich voneinander verabschieden mit den Worten: Mit ein bisschen Glück oder einer falschen Weichenstellung sehen wir uns vielleicht wieder im Paradies , um ein letztes Mal herzhaft miteinander zu lachen, und wenn alles gutging, wäre eine Stunde später der ganze Spuk vorbei. Ferdinands Vorschlag kam also wie gerufen: ein Rettungsring in letzter Sekunde, eine Oase in der Wüste, ein Licht am Ende des Tunnels? Zumindest eine Atempause. Sie sagten ja.
Als Erstes fuhr er sie zum Hof. Bei ihrer Ankunft goss es in Strömen. Doch ihre Wasserwelle nahm keinen Schaden, denn Marceline und Guy erwarteten sie mit Schirmen und eskortierten sie zum Haus. Kaum saß sie neben dem Ofen, schlief Hortense ein. All die Veränderungen im Tagesablauf, die angestaute Müdigkeit und die Gefühlsbäder der letzten Tage hatten sie ausgelaugt. Sie schlief über ihrer Kaffeetasse ein. Simone zuckte mit den Schultern und sagte, sie sollten sich nicht darum kümmern, das passierte häufig und hielt nicht lange an. Und tatsächlich, eine Viertelstunde später zuckte sie zusammen und wachte wieder auf. Nachdem sie sich lächelnd umgeschaut und mehrmals zufrieden genickt hatte, beugte sie sich zu Simone hinüber und flüsterte so laut, dass alle es hören konnten, dass diese jungen Leute ja ganz reizend und ausgesprochen höflich seien, das müsse sie zugeben. Simone verdrehte missbilligend die Augen und bat sie, keinen Blödsinn zu reden. Und Hortense brummte, es wäre wirklich schön, wenn sie wenigstens einmal zugeben könnte, dass sie gelegentlich irrte. Herrgott, Simone! Unter den jungen Leuten von heute gibt es auch nette, das ist doch nicht so schwer zu verstehen!
Es war bestimmt schon zwanzig Jahre her, seit sie zuletzt auf Ferdinands Hof gewesen waren, um seinen Eltern einen Besuch abzustatten, sie erkannten das Haus nicht wieder.
Nachdem sie alles besichtigt hatten, entschieden sie sich für zwei kleine Zimmer im Erdgeschoss, die nebeneinanderlagen, was für Hortense sehr praktisch war, da sie keine Treppen mehr steigen konnte, ihre Knie machten ihr Ärger, an manchen Tagen konnte sie nicht einmal mehr den Rollstuhl verlassen. Sie beschlossen, eins der Zimmer zum Schlafen zu nutzen und das andere als Wohnzimmer, für den Fall, dass sie mal für sich sein wollten. Ferdinand, Guy und Marceline bestärkten sie in ihrer Entscheidung. Das war vorausschauend gedacht.
Jetzt galt es, den Umzug in Angriff zu nehmen.
Die beiden Schwestern fuhren mit Ferdinand vor, um ihre Taschen und Kisten zu packen. Guy befestigte den Anhänger am Traktor, und diesmal nahm Marceline neben ihm auf dem Schutzblech Platz. Daran war sie nicht gewöhnt. Das Motorengeräusch, der kalte Sitz, das heftige Ruckeln und Rumpeln der Straße, der Dieselgeruch hatten zur Folge, dass ihr rasch übel wurde. Sie sagten während der ganzen Fahrt kein Wort, beide waren hochkonzentriert: Marceline darauf, sich nicht zu übergeben, und Guy darauf, die Empfindungen auszukosten, die ihn stets von neuem in die Vergangenheit entführten.
Die Auswahl war nicht leicht, und Hortense und Simone waren wegen des ganzen Rummels viel zu aufgeregt. Sie waren noch nie im Leben umgezogen. Zumindest nicht während der letzten siebzig Jahre. Ferdinand schlug vor, mehrere Fuhren zu machen, aber das beruhigte sie keineswegs. Also verzogen sie sich in eine Ecke und tuschelten miteinander. Als sie zurückkamen, räumten sie ein, große Angst davor zu haben, dass der Neffe während ihrer Abwesenheit alles in Brand steckte. Noch einmal versuchte Ferdinand, ihnen zu erklären, dass kein Mensch das Recht hatte, ohne ihre Zustimmung bei ihnen einzudringen, dass man denjenigen daran hindern
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