Und dann kam Paulette (German Edition)
gutstellen, und nachdem sie dem Wirt Tschüs, Paulo, bis zum nächsten Mal! zugerufen haben, kehren sie ins Restaurant zurück. Dort holt Roland einen weißen Chablis aus dem Keller, bittet Ferdinand, Platz zu nehmen, schenkt ein. Endlich, der ist gut, sie atmen erleichtert auf, so macht das Leben wieder Spaß, verdammt!
Ferdinand berichtet Roland von seinen Plänen: Er will sein Testament um eine Klausel ergänzen. Für den Fall, dass ihm etwas zustoßen sollte, will er, dass Guy, Marceline, Simone und Hortense in Ruhe auf dem Hof weiterleben können, mit anderen Worten: Er will ihnen Nießbrauch einräumen. Das ist doch normal, bist du einverstanden? Roland findet es normal und ist einverstanden. Er ist ohnehin der Meinung, dass er nach Henriettes Tod mit dem Restaurant sein Erbteil schon bekommen hat. Und der Hof, das sagt er seinem Vater lieber nicht, um ihn nicht zu verletzen, aber der geht ihm ziemlich am Arsch vorbei. Allerdings könnte es eventuell mit Lionel Probleme geben, oder? Nein, Ferdinand hat schon mit ihm gesprochen, und der Australier hat nichts dagegen. Ferdinand hatte es sich schon gedacht, aber Lionel war so ehrlich gewesen und hatte ihm gesagt, der Hof ginge ihm ziemlich am Arsch vorbei. Das hat er gesagt? Fuck the farm, waren seine Worte gewesen, dann hat er sie übersetzt. Perfekt, dann ist ja alles gebongt, und sie können jetzt über andere Dinge reden.
Aber so einfach ist das nicht. Voraus gehen ein paar Seufzer und ein paar Hmmms … Schließlich kommt es.
Ist nicht so einfach, plötzlich allein zu sein, echt nicht. Tja, keine Frage, damit kennt er sich aus, der gute Ferdinand. Du wachst morgens auf, niemand da. Du gehst abends ins Bett, niemand da. Und manchmal fragst du dich, wofür du dich eigentlich abrackerst. Genau … Seufzer. Pause. Ein Schluck Wein. Noch ein Seufzer. Ferdinand hält den Moment für geeignet, um Ratschläge zu geben. Der Klassiker: die Kinder, die Arbeit und alles, was damit zusammenhängt. Roland zählt die Fliegen an der Decke. Als die Flasche leer ist, ändert Ferdinand den Ton, er wird lebhaft, leidenschaftlich, macht Vorschläge … eine Rückeroberung! Aber Roland lacht bitter, schüttelt resigniert den Kopf. Okay, wenn hier nichts mehr zu holen ist, dann muss man weitersehen, sich etwas einfallen lassen, nicht allein bleiben, abends ausgehen, zum Tanzen, in die Disco, das Leben ist doch nicht zu Ende, Scheiße, es gibt noch mehr Frauen auf der Welt als nur Isabelle! Roland steht auf und hält ihm entgegen: Sprichst du für dich, Papa? , dann geht er in den Keller, um eine weitere Flasche hochzuholen. Ferdinand sieht den Zusammenhang nicht und grummelt in seinen Bart: Wie doof kann man nur sein!
Nach der zweiten Flasche knurrt Roland der Magen. Er lädt Ferdinand zum Abendessen ein. Heute hat das Restaurant geschlossen, sie können machen, was sie wollen. Hm, als Vorspeise hätte ich anzubieten … er macht die Kühlschranktür auf … eine Pfanne Schnecken an Brennnesselbutter, sagt dir das zu? Anschließend eine Wildschweinkeule, in Champagner mariniert und im Ofen gebraten, dazu eine Steinpilzpfanne? Ferdinand reagiert angesäuert. Wo hast du die Steinpilze her, fragt er misstrauisch. Von einem Kumpel, antwortet Roland. Hier aus der Gegend? Na klar. Ah, der Arsch, das ist bestimmt derjenige, der meinen Geheimplatz entdeckt hat!
Sie verbrachten ein paar schöne Stunden miteinander. Vielleicht arg feucht-fröhlich, aber gespickt mit herzhaftem Gelächter und mit ein paar Tränen, Alkohol fördert halt emotionale Ausbrüche. Nach einigem Überlegen stellten sie fest, dass sie das erste Mal einen ganzen Abend zu zweit verbracht hatten, nur sie beide, ohne dass andere dabei waren. Sie waren verblüfft. Potz Blitz. Also wirklich, das erste Treffen unter vier Augen zwischen einem siebzigjährigen Vater und seinem fünfundvierzigjährigen Sohn … Nach dieser bedrückenden Erkenntnis schwiegen sie eine Weile. Um die Stimmung zu heben, ließ Roland einen banalen Spruch los: Besser spät als nie. Ferdinand zuckte mit den Schultern und zog eine Grimasse. Es half alles nichts, fand er. Es war einfach nur traurig, so viel Zeit verloren zu haben, bis er, Ferdinand, erkannt hatte, dass sein Sohn nicht nur ein Versager war, und Roland umgekehrt erkannt hatte, dass sein Vater keineswegs nur ein alter Kotzbrocken war.
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Marceline erzählt
Ich schwebe fast. So geht es mir immer nach einem Konzert, ich habe das Gefühl, dass meine
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