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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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wie sein Vater oder dass die Beziehung zu seinen Patienten nur so kurz dauern würde wie in der Inneren. Es ist einfach zu hart, so intensive Beziehungen für so eine kurze Zeit einzugehen und dann einfach beim nächsten Patienten weiterzumachen. Doch dann, ganz allmählich, findet Nicholas sich wieder damit ab, dass das offenbar sein Schicksal ist.
    Mit letzter Kraft reißt er sich zusammen, öffnet die oberste Schreibtischschublade und holt einen Bogen Briefpapier heraus, das jetzt seinen Namen trägt. »Oakie will also eine Liste«, murmelt er. »Dann werde ich ihm also eine Liste geben.« Und Nicholas beginnt, alles aufzuschreiben, was er und Paige besitzen. Das Haus. Die Autos. Die Mountainbikes und das Kanu. Der Grill, die Wintergartenmöbel, die weiße Ledercouch und das riesige Bett. Es ist dasselbe Bett, das sie auch schon in ihrer alten Wohnung hatten. Nicholas und Paige hatten sich das handgemachte Bett bestellt, weil man ihnen versichert hatte, es würde noch in der gleichen Woche geliefert. Doch es hatte sich verspätet, und so hatten sie monatelang auf einer Matratze auf dem Boden geschlafen. Das erste Bett war einem Lagerhausbrand zum Opfer gefallen, und deshalb musste es noch mal gemacht werden. Eines Nachts hatte Paige sich an ihn gekuschelt und ihn gefragt: »Glaubst du, Gott will uns damit sagen, dass alles nur ein großer Fehler war?«
    Als Nicholas kein weiterer Besitz mehr einfällt, holt er ein zweites Blatt Papier aus der Schublade und schreibt seinen Namen in die eine und Paiges Namen in die andere Ecke. Dann zeichnet er eine Tabelle. GEBURTSNAME. GEBURTSORT. AUSBILDUNG. DAUER DER EHE. All das kann er leicht ausfüllen, doch er ist schockiert, als er sieht, wie viel Platz seine Ausbildung im Gegensatz zu Paiges einnimmt. Dann schaut er auf das Feld DAUER DER EHE und schreibt nichts hinein.
    Wenn sie diesen Kerl geheiratet hätte, hätte sie das Kind dann bekommen?
    Nicholas schiebt die Papiere beiseite, dreht sich zum Fenster um, legt den Kopf zurück und betrachtet die Rauchschwaden aus den Kaminen des Krankenhauses, doch er sieht nur Paiges verletztes Gesicht darin. Er blinzelt, aber das Bild verschwindet nicht, bis er glaubt, verrückt zu werden.
    Nicholas fragt sich, ob sie diesen anderen Kerl wohl geliebt hat … und warum sich ihm beim Gedanken an diese unausgesprochene Frage der Magen umdreht.
*
    Als Nicholas sich mit dem Stuhl wieder umdreht, steht seine Mutter vor dem Schreibtisch. »Nicholas«, sagt sie, »ich habe dir ein Geschenk mitgebracht.« Sie hält ein großes, in Pappe verpacktes Rechteck in der Hand. Schon als er das Klebeband abzieht, weiß er, dass es sich um ein gerahmtes Foto handelt. »Das ist für dein Büro«, sagt sie. »Ich habe wochenlang daran gearbeitet.«
    »Das ist nicht mein Büro«, sagt Nicholas. »Ich kann hier nichts aufhängen.« Dann starrt er das Foto an. Es zeigt eine Weide am Ufer eines Sees, die von einem wütenden Wind zu einem umgedrehten U gebogen wird. Im Hintergrund ist alles purpurn, und der Baum selbst ist rot wie Lava, als würde er im Innern glühen.
    Astrid tritt um den Tisch herum und stellt sich neben ihren Sohn. »Fantastisch, nicht wahr?«, sagt sie. »Das liegt nur am Blitz.« Sie schaut auf die Papiere auf Nicholas’ Schreibtisch und tut so, als wisse sie nicht, was sie zu bedeuten haben.
    Nicholas streicht mit den Fingern über die Signatur seiner Mutter, die unten eingraviert ist. »Sehr schön«, sagt er. »Danke.«
    Astrid setzt sich auf die Schreibtischkante. »Ich bin nicht nur hier, um dir das Foto zu geben, Nicholas. Ich bin hier, um dir etwas zu sagen, was dir nicht gefallen wird«, sagt sie. »Paige ist bei uns eingezogen.«
    Nicholas starrt sie an, als hätte sie ihm gerade verkündet, sein Vater sei in Wahrheit ein Zigeuner und seine Diplome alle falsch. »Du willst mich wohl auf den Arm nehmen«, sagt er. »Das könnt ihr mir nicht antun.«
    »Genau genommen, Nicholas«, erwidert Astrid, steht auf und geht auf und ab, »hast du uns nicht zu sagen, was wir in unserem Haus tun sollen oder nicht. Paige ist ein liebes Mädchen, und sie ist ein charmanter Gast – es ist wohl besser, das spät zu erkennen als nie, nehme ich an. Imelda sagt, sie macht sogar ihr Bett selbst. Stell dir das einmal vor.«
    Nicholas juckt es in den Fingern. Er verspürt das dringende Verlangen, seiner Mutter an den Hals zu springen. »Wenn sie Max auch nur anrührt …«
    »Darum habe ich mich bereits gekümmert«, sagt Astrid. »Sie hat

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