Und dennoch ist es Liebe
abzutragen. Ich wollte ein wenig sparen, nur für den Fall, doch Nicholas erklärte, wir würden schon bald mehr haben, als wir benötigten. Ich wollte nur eine kleine Wohnung, aber Nicholas bestand darauf, dass wir uns Immobilienkapital aufbauten. Und so kauften wir also ein Haus, das unsere Möglichkeiten bei Weitem überstieg, ein Haus, von dem Nicholas glaubte, es sei sein Ticket, um Chef der Herzchirurgie zu werden.
Nicholas war so gut wie nie zu Hause, und vermutlich wusste er, dass das so sein würde, bevor er das Haus kaufte. Trotzdem bestand er darauf, es in einem bestimmten Stil einzurichten. Wir hatten nahezu keine Möbel, wir konnten sie uns einfach nicht leisten. Das gesamte Haus war in Hauttönen gehalten. Aber Nicholas sagte, das verleihe dem Haus einen ›skandinavischen‹ Touch. Kein Beige und kein Pink, sondern irgendetwas dazwischen. Die Teppichböden passten zu den Tapeten, und die wiederum passten zu den Regalen und den in die Wände und Decken eingelassenen Lampen. Die einzige Ausnahme war die Küche, sie war in einer Farbe gestrichen, die sich Gerstenweiß nannte. Ich weiß nicht, wem die Dekorateurin etwas vormachen wollte, denn in Wirklichkeit war es einfach Weiß – Punkt. Weiße Fliesen, weiße Arbeitsplatte, weißer Marmorboden und weißes Holz. »Weiß ist in«, hatte Nicholas mir erklärt. Er hatte in den Häusern der Ärzte, mit denen er zusammenarbeitete, überall weiße Polstermöbel und Teppiche gesehen. Außerdem kannte Nicholas sich mit dieser Art zu leben aus, ich hingegen nicht. Ich erwähnte ihm gegenüber nicht, wie schmutzig ich mir vorkam, wenn ich in meinem eigenen Wohnzimmer saß. Ich erzählte ihm nicht, dass die Küche förmlich nach Farbe schrie und dass ich mir bisweilen wünschte, mich zu verletzen, wenn ich Gemüse schälte. Ein paar Tropfen Blut auf dem Boden hätten mir zumindest das Gefühl gegeben, eine Spur zu hinterlassen.
Für die Wohltätigkeitsveranstaltung im Krankenhaus hatte ich mir etwas Rotes ausgesucht. Nicholas in Schwarz und ich in Rot, wir hoben uns deutlich von dem beigen Hintergrund des Schlafzimmers ab. »Du solltest öfter etwas Rotes tragen«, bemerkte er und strich mir mit der Hand über die nackte Schulter.
»Die Nonnen haben uns stets ermahnt, nie Rot zu tragen«, erwiderte ich gedankenverloren. »Rot zieht nämlich die Jungs an.«
Nicholas lachte. »Komm. Gehen wir«, sagte er und nahm mich an der Hand. »Fogerty wird sich jede Minute merken, die ich zu spät komme.«
Alistair Fogerty, Nicholas’ Chef und seiner Meinung nach Gott höchstpersönlich, war mir egal. Es kümmerte mich nicht, ob wir die üppigen Kaviarhäppchen zur Cocktail-Hour nun verpassten oder nicht. Hätte ich die Wahl gehabt, ich wäre nicht hingegangen. Ich mischte mich nur ungern unter Ärzte und ihre Frauen. Ich hatte zu ihren Gesprächen nichts beizutragen, warum also sollte ich dorthin gehen.
»Paige«, sagte Nicholas, »komm schon. Du siehst toll aus.«
Als ich Nicholas heiratete, hatte ich naiverweise geglaubt, wir beide würden uns selbst genügen. Und vielleicht wäre das auch so gewesen, wenn Nicholas sich nicht in diesen Kreisen bewegt hätte. Je besser Nicholas in seinem Job wurde, desto häufiger wurde ich mit Menschen und Situationen konfrontiert, die ich nicht verstand: formelle Abendessen bei irgendjemandem zu Hause, betrunkene Scheidungsopfer, die Nicholas ihre Hotelzimmerschlüssel in die Smokingtasche steckten, und aufdringliche Fragen nach meinem Hintergrund, den ich eigentlich einfach nur vergessen wollte. Auch war ich nicht annähernd so klug wie diese Leute und auch nicht so gerissen. Ich verstand ihre Scherze nicht. Ja, ich ging auf diese Veranstaltungen, ich mischte mich unter die Leute, aber ich tat es nur für Nicholas, und er wusste genauso gut wie ich, dass wir uns etwas vorgemacht hatten, dass ich niemals zu diesen Leuten passen würde.
Als wir vor ein paar Jahren heirateten, hatte ich eine Zeit lang versucht, daran etwas zu ändern. Ich hatte mich an der Harvard Extension School für zwei Abendkurse eingeschrieben. Ich hatte mir Architektur und eine Einführung in die Literaturwissenschaft ausgesucht, Letzteres ausschließlich für Nicholas. Ich hatte gehofft, wenn ich Hemingway von Chaucer und Byron unterscheiden könnte, dann würde ich den subtilen Literaturanspielungen folgen können, die Nicholas’ Freunde sich bei Tisch zuwarfen wie Pingpongbälle. Aber ich konnte es einfach nicht. Wenn ich den ganzen Tag im Mercy auf den
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