und der blaue Diamant
Disteln und fiel beinahe in eine kleine Vogeltränke, als er plötzlich ganz dicht neben sich die Stimme von Jean hörte. »Da bist du ja endlich! Das hat aber lange gedauert!«
Micki nickte. »Wir waren ja gerade beim Abendbrot, weißt du … und außerdem haben wir uns gerade so lustig unterhalten, meine Freunde und ich.«
Jeans Gesicht verdüsterte sich. Er rupfte ein paar Blätter von den Zweigen und warf sie ärgerlich auf den Boden. »So, das sind jetzt also deine Freunde. Und einen alten Kumpel wie den Jean, den vergißt du dann auf einmal, wie?«
Micki sah Jean erschrocken an. »Das mußt du doch nicht glauben, Jean! Natürlich sind wir Freunde … es ist bloß … die anderen sind so lustig … und sie sind ja auch genauso alt wie ich … ja, und … und sie denken Sich immer so lustige Sachen zum Spielen aus«
Jean nickte grimmig. »Lustige Sachen! Das soll wohllustig sein, wie ihr mir nachspioniert habt da am Schloßgarten.«
Jeans Stimme hatte plötzlich einen ganz anderen Klang bekommen. Kalt und zornig klang sie, und er machte auch überhaupt kein freundliches Gesicht mehr. Er packte Micki grob am Arm und sagte barsch: »Na ja, das werden wir euch schon noch schnell genug austreiben, Freundchen.« Er zerrte Micki mit sich fort.
Micki sträubte ich … was ist denn los?« fragte er ängstlich. »Was hast du denn auf einmal?«
»Das wirst du schon noch merken!« Wortlos schleppte Jean den verwirrten Micki weiter in den Obstgarten. »So warte doch«, rief Micki, »erklär mir doch erst einmal, was das alles soll! Ich habe nicht so viel Zeit! Ich will zu meinen Freunden zurück! Der Baron hat uns versprochen, uns heute abend die Geschichte vom blauen Diamanten … « Er biß sich erschrocken auf die Lippen. Jetzt hatte er es doch wieder ausgesprochen, das Wort: DIAMANT! Und dabei hatten sein Vater und François ihm so eindringlich befohlen, nicht darüber zu reden! Jean blieb stehen. »Diamant?« rief er aufgeregt. »Was ist mit dem Diamanten? Was wollte der Baron euch erzählen?« Er schüttelte Micki. »Los! Rede schon! Oder muß man dir jedes Wort aus der Nase ziehen? Rede endlich, oder … « Er hob drohend die Faust. Micki schloß ängstlich die Augen. »Aber Jean … «, stotterte er. »Ich dachte, wir sind Freunde … ?«
Jean ließ die Hand wieder sinken. »Okay«, knurrte er, »schon gut. Reg dich nicht auf. Komm lieber mit. Wir sind schon viel zu. spät. Violetta mag es nicht, wenn man sie warten läßt.«
»Wer ist denn Violetta?« fragte Micki erstaunt.
»Partner von mir. Violetta und Ruffio. Wirst schon sehen. Frag jetzt lieber nicht so viel. Wirst alles noch sehen.«
Blind stolperte Micki hinter Jean her. Sie verließen den Obstgarten, balancierten auf einem schmalen Holzbrett über den kleinen Graben, der die Koppel vom Obstgarten trennte, Und folgten dann einem alten Steinpfad, der zwischen zwei alten Kastanien endete. Micki hatte diese Kastanienbäume schon oft gesehen, von seinem Fenster aus waren sie gut zu erkennen. In der Nähe war noch ein alter Ziehbrunnen, aber der war schon lange nicht mehr in Betrieb. Und eine Ruine stand da, die schon oft Mickis Neugierde erregt hatte. Aber er war noch nie hier gewesen, er hatte es immer wieder vergessen, die Gegend einmal genau zu erforschen. Jean blieb jetzt vor der Ruine stehen. Er wuchtete einen großen Stein zur Seite und hob die darunter zum Vorschein kommenden Bretter hoch. »Hallo!« rief er. »Ich bin da! Ich habe. ihn mitgebracht!«
»Das wird aber auch Zeit!« keifte eine schrille weibliche Stimme. »Wir sind in diesem Loch schon fast erfroren! Kommt runter.«
Für einen Augenblick hatte Jean Micki nicht beachtet. Micki, der die Stimme der Frau sofort erkannt hatte, riß sich plötzlich los. »Nein!« schrie er. »Nein! Ich gehe da nicht runter!« Er rannte los, aber schon war Jean neben ihm, packte ihn, drehte ihm den Arm herum und schleifte ihn zu der Ruine zurück. »Das hast du dir so gedacht, Freundchen, einfach abhauen!« Micki duckte sich. Er wagte nicht, zu Jean aufzusehen. Er war immer noch ganz fassungslos, daß sein Freund sich so verändert hatte. Von einem Tag auf den anderen! Wenn er noch daran dachte, wie sie abends immer in der Scheune zusammengesessen hatten oder in den Kirschbäumen; wie sie Vogelstimmen nachgeahmt hatten und wie er Jean alles erzählt hatte, von den Erfindungen, die sein Vater machte, von dem wertvollen Schatz, den der Baron besessen hatte, und von dem blauen
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