und der sizilianische Dieb
einem bodenlangen Rock verborgen war.
Sie war barfuß. Als sie zurück ins Licht trat, blickte Mrs. Pollifax in ihr Gesicht, und ihre Verblüffung wurde noch größer.
Fast leuchtender Lidschatten war großzügig aufgetragen, die Augenumrisse waren mit schwarzem Stift nachgezogen. Sie kann einfach nicht jünger als fünfzig sein, dachte Mrs.
Pollifax und war außerordentlich beeindruckt von dieser extravaganten Erscheinung.
»Franca, wir stecken in Schwierigkeiten«, sagte Kate ohne Umschweife zu der Frau an der Tür. »Ich habe dir Gäste mitgebracht.«
Mit einem interessierten Blick auf Mrs. Pollifax und Farrell nickte die Frau. »Ist gut, Liebes«, sagte sie, und zu Peppino: »Häng dir heute nacht lieber ein Gewehr um, Peppi, und vergewissere dich, daß die Tore doppelt gesichert sind.«
Farrell starrte sie erstaunt an und murmelte: »Gewehre? Gesichert? Sie ist an so was gewöhnt?«
Kate wandte sich ihnen lächelnd zu. »Ich habe Sie noch nicht miteinander bekannt gemacht - entschuldigen Sie. Das ist meine Tante, Franca Osborne, und, Franca, das sind Mrs.
Pollifax und Mister Farrell.«
»Es gibt keinen Grund, hier vor der Tür herumzustehen«, sagte ihre Tante mit klangvoller, kehliger Stimme. »Kommen Sie herein. Sie möchten doch bestimmt etwas zu essen, nicht wahr? - Igeia?« rief sie. »Anonin! Leute! Gäste!« Sie führte die kleine Gruppe in eine alte bäuerliche Küche mit vielen Deckenbalken, von denen Kräuterbüschel, Knoblauchzöpfe und Peperonischnüre hingen. Es gab einen offenen Kamin und zwei eiserne Herde, doch dominiert wurde die Küche von einem langen hölzernen Schragentisch in der Mitte, der von Hängelampen gut beleuchtet war. Die beiden Besucher blieben an der Tür stehen, doch diesmal innen, während Franca sie musterte. »Keine Schlafanzüge, keine Zahnbürsten, vermute ich... Igeia! Schnell was zu essen! Und Schlafanzüge, Zahnbürsten, zwei Betten -
anonin!«
Eine dünne kleine Frau huschte durch den Türbogen in die Küche. »Ich bin hier, ich bin hier, Franca. Die pasta con le sarde?«
»Sie müßte reichen, und Wein - den Etna Rosso -, während ich ihnen ihre Zimmer zeige.«
Mrs. Pollifax bemerkte, daß eine Lampe flackerte. »Aber das sind ja Petroleumlampen!«
»Stimmt, wir haben hier keinen Strom. Das heißt, wir haben zwar einen Generator, aber wir setzen ihn nur einmal am Tag in Betrieb. Kommen Sie!«
Mit Kerzen und Taschenlampen in den Händen führte sie die Ankömmlinge durch einen schier endlosen dunklen Korridor mit Backsteinboden, vorbei an einer Reihe geschlossener Türen.
Mrs. Pollifax dachte: Wir sind hier in einer anderen Welt - oder einem anderen Jahrhundert.
Sie war immer noch etwas verstört nach ihrer rasenden Flucht den Berg herunter und dem Zwischenfall mit einem bewaffneten Ganoven. Was für ein riesiges und geheimnisvolles Haus das ist! Auf jeden Fall viel größer, als es von außen ausgesehen hat. Endlich öffnete Franca eine Tür und deutete auf Mrs. Pollifax. »Sie.« Sie reichte ihr eine Kerze und eine Taschenlampe, dann öffnete sie die Tür daneben und rief Farrell. »Sie!«
»Gibt es vielleicht ein Bad?« erkundigte er sich
hoffnungsvoll.
Franca öffnete die Tür zu einem Badezimmer am Ende des Korridors. »Bring sie bald zum Essen zurück«, wies sie Kate an.
»Igeia braucht ihren Schlaf.« An Farrell gewandt, fügte sie hinzu: »Ihr Knöchel blutet.«
»Ja.«
Sie nickte. »Peppino wird ihn sich ansehen, wenn Sie gegessen haben.«
Zehn Minuten später saßen sie in der Küche und aßen hungrig Pasta mit Sardinen und Piment, gut mit Kräutern gewürzt.
Nachdem Igeia es ihnen serviert hatte, war sie verschwunden, auch Kates Tante hatte sich taktvoll zurückgezogen. Farrell sagte erstaunt: »Ihre Tante stellt gar keine Fragen über uns?«
Kate blickte ihn amüsiert an. »Wir haben sie bei der Arbeit gestört. Sie ist Malerin. Eine Künstlerin.«
»Sie hat orangefarbenes Haar«, sagte Farrell fast vorwurfsvoll.
»Oh, das... es ist eine Perücke«, erklärte Kate. »Es macht ihr Spaß, sie kauft platinblonde Perücken und färbt sie. Wenn sie morgen findet, daß es ein purpurner Tag für sie ist, wird sie eine purpurfarbene tragen.«
»Wie - wie außergewöhnlich«, sagte Farrell schwach und wandte sich wieder dem Essen zu.
»Keinen Strom zu haben ist ebenfalls außergewöhnlich«, meinte Mrs. Pollifax, die fasziniert auf die Handpumpe am Spülbecken blickte und auf die beiden großen Herde. Widerstrebend verdrängte sie die
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