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und der sizilianische Dieb

und der sizilianische Dieb

Titel: und der sizilianische Dieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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zu bleiben. Auch in dieser Nacht war es nicht anders. Nach dem Abendessen und dem Lesen einer Zeitung döste sie kurz und war gegen Mitternacht hellwach. Sie ignorierte den Film auf dem Bildschirm über ihr und holte statt dessen die Karte von Sizilien heraus, die Bishop ihr in die Umhängetasche gesteckt hatte. Sie fand sie viel interessanter als den Film mit seinen finsteren Gestalten, die in dunklen Gassen erstochen oder erschossen wurden. Mit Hilfe ihrer Taschenlampe suchte sie Palermo und Erice. Als Großstadt war Palermo auf der Karte leicht an der Küste zu finden, aber um Erice aufzuspüren, brauchte sie eine gute halbe Stunde - es war eine kleine Stadt, auf der Karte nur mit kleiner Schrift und einem winzigen Punkt eingetragen und eine weitere halbe Stunde, die Kilometer in Meilen umzurechnen und festzustellen, daß es vom Flughafen in Palermo nur ein paar Autostunden dorthin war. Aber als sie die Namen anderer Städte auf der Karte überflog, mußte sie sich eingestehen, daß sie doch erleichtert war, am Flughafen von jemandem abgeholt zu werden, der sich auf der Insel auskannte; denn wie war es möglich, fragte sie sich, zwischen Petralia Sottana und Petralia Soprana, oder Casteldaccia, Castroreale und Castellamare zu unterscheiden?
    Der Film endete, Frühstück wurde serviert - nach ihrer Uhr war es zwei Uhr morgens, und sie stellte sie nun auf acht Uhr vor. Sie landeten in Mailand, wo sie umstieg, und von da an bot sich ihrem Blick eine herrlich blaue See. Nicht das Mittelmeer, wie sie sich von ihrer Karte erinnerte, sondern der Golf von Palermo. Und schließlich kreisten sie über Land und setzten zur Landung an. Sobald das Flugzeug aufgesetzt hatte, vertrieb ihre Erregung dieMüdigkeit. Sie holte ihr Gepäck, begab sich durch den Zoll - es war alles überraschend unkompliziert - und trat aus dem Terminal in strahlenden Sonnenschein.
    Einen Moment lang blieb sie stehen und genoß den klaren Himmel und die Sonne. Rechts von ihr erhob sich ein phantastisch surrealistisch wirkender kahler Berg, beige im Morgenlicht und mit dunklen Schatten geädert. Der Parkplatz auf der anderen Straßenseite sah mit seinen kleinen roten, grünen, schwarzen und weißen Autos wie ein blühender Garten aus. Ein Mann in schwarzem Anzug, der mit den Händen in den Taschen neben einem weißen Wagen stand, beobachtete sie.
    Eine junge Frau in verwaschenen Jeans, mit einem Rucksack und langem zu einem Zopf geflochtenem Haar, lehnte an einem grellroten Auto. Ein Mann und ein Junge warteten am Eingang des Flughafengebäudes, den Blick erwartungsvoll ins Innere gerichtet. Das Mädchen mit dem Rucksack schlenderte zum Terminal hinüber. Nach einem kurzen Blick zu ihr wandte Mrs. Pollifax ihre Aufmerksamkeit dem Mann in Schwarz zu, der ebenfalls auf sie zukam. »Mrs. Pollifax?«
    Erstaunt drehte sie sich halb um und sah die junge Frau neben sich. Automatisch sagte sie: »Ja?« und dann: »Meine Güte, Sie können doch nicht...« Sie starrte das Mädchen verblüfft an und dachte: Aber sie geht doch bestimmt noch aufs College. Ihr blonder Zopf war mit einem Schnürsenkel zusammengehalten, ihr Gesicht sonnenverbrannt mit einem Anflug von Sommersprossen, ihre klaren Augen waren blau. »... können doch nicht«, wiederholte Mrs.
    Pollifax, »der Rossiter sein, der mich abholen soll?«
    Das Mädchen antwortete höflich, aber seine Stimme wirkte etwas gereizt: »Sind Sie schockiert, daß Rossiter eine Frau ist?
    Hat man es Ihnen nicht gesagt?« Mrs. Pollifax schüttelte heftig den Kopf. »Das ist es nicht sondern Ihr Alter. Sie können noch keine achtzehn sein, und man sagte - man versicherte mir...«
    »Ja?« fragte das Mädchen kühl.
    »Daß mich ein erfahrener Agent erwarten würde!«
    »Oh, das ist es.« Es klang amüsiert. Die junge Frau nahm Mrs. Pollifax' Koffer. »Der rote Wagen ist unserer, und ich bin nicht achtzehn, sondern sechsundzwanzig.« Es liegt an den Sommersprossen, mußte Mrs. Pollifax zugeben. Als Kind hatte sie sich immer Sommersprossen gewünscht, allerdings konnte sie sich nicht mehr erinnern, aus welchem Grund. Obwohl sie verblüfft war, daß es sich bei Rossiter um eine so junge Frau handelte -
    und sie hatte ihre Zweifel, daß das Mädchen tatsächlich eine erfahrene Agentin war -, fand sie, daß diese Rossiter dem, den sie sich vorgestellt hatte, bei weitem vorzuziehen war, da wollte sie nicht undankbar sein.
    Das Mädchen öffnete den Kofferraum, verstaute Mrs. Pollifax' Gepäck darin, öffnete dann die

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