und der sizilianische Dieb
war.
14
Sie fand Franca in der Küche, wo sie Tomaten in Scheiben schnitt. »Zum Trocknen in der Sonne«, erklärte sie Mrs. Pollifax. Als sie von Aristoteles' Vermutung erfuhr, seufzte sie.
»Oh, verdammt! Ich hatte natürlich gehofft... Aber ich werde sofort eine Versammlung einberufen und Pläne machen, für den Fall, daß er recht hat. Und Peppino soll zu den carabinieri laufen - wir haben dort einen Freund, ein Onkel Giovannis, des Jungen, der heute morgen die Glocke geläutet hat. Ich hasse Schußwaffen! Als das letzte Mal eine Meute die Mauer stürmen wollte, mußte Gino Trabia eine Kugel aus dem Arm geschnitten werden. Wer ist dieser Raphael?«
»Das wissen wir nicht«, sagte Mrs. Pollifax bedauernd.
»Farrell wurde von Mister Vica, Ambrose Vica, beauftragt, ein historisches Dokument von diesem Mister Raphael - eh - wiederzubeschaffen, und dabei wurde er angeschossen.
Das hatte nichts mit Aristoteles zu tun«, fügte sie hinzu. Da erinnerte sie sich an Francas fast unmerkliche Reaktion, als der Name Vica zuvor erwähnt worden war, und sie fragte wie beiläufig: »Sie kennen Mister Vica?« Franca zuckte die Schultern. »Er ist als Kunstsammler sehr bekannt. Aber entschuldigen Sie mich jetzt bitte, ich muß die Alarmglocke läuten und eine Versammlung einberufen.«
Zur Beruhigung rief ihr Mrs. Pollifax nach: »Die Polizei wurde verständigt. Möglicherweise ist sie längst hier, ehe Raphael etwas versucht. Vielleicht ist sie sogar schon auf dem Weg.«
»Von woher?« rief Franca skeptisch. »Die Polizei in Sizilien ist nur bis zu einem gewissen Punkt zuverlässig. Es gibt gute Polizeibeamte und nicht so gute. Geben Sie bitte Farrell und Kate Bescheid. Sie sind im Garten.« Mrs. Pollifax blickte auf die Uhr. Höchstens noch fünf Stunden, bis es dunkel wurde.
Und bis zu der Gewißheit, ob Aristoteles mit Raphael recht hatte oder nicht, lag sicherlich eine schlaflose Nacht vor ihnen. Sie trat hinaus in den sonnigen Garten und sah Farrell und Kate nebeneinander im Schatten sitzen. Farrell gestikulierte dramatisch, und Kate lachte.
Als Kate sie bemerkte, rief sie ihr entgegen: »Ich bin neidisch, Mrs. Pollifax. Er erzählt gerade, wie Sie sich in Mexiko kennengelernt und dann in Sambia wiedergesehen haben -
kein Wunder, daß Sie so gute Freunde sind! Kommen Sie, rücken Sie sich einen Stuhl heran und setzen Sie sich zu uns.«
»Das würde ich gerne, aber dazu ist leider keine Zeit - Franca ist auf dem Weg, den Berg hinunter, um die Alarmglocke zu läuten.«
»Waas?«
»Als ich Aristoteles mittags in seiner selbsterrichteten Zelle aufsuchte, war er ziemlich überzeugt davon, daß Raphael erraten wird, wo er ist, und ihn, wenn es dunkel ist, holen kommen wird. Er könnte sich natürlich auch irren.«
Farrell entgegnete grimmig: »Nicht, wenn Raphael weiß, daß er hier ist. Hat Aristoteles Grund, das zu glauben?«
Mrs. Pollifax berichtete in allen Einzelheiten, was sie erfahren hatte. »Ja, weil er weder Sie noch mich getötet hat. Wie Sie wissen, hat mich das zu dem Zeitpunkt sehr überrascht. Es war mir sogar unerklärlich. Jetzt allerdings verstehe ich es besser: Sein berechnender Verstand hat bereits an einer Möglichkeit gearbeitet, Raphael zu entkommen. Sie hätten ihn versteckt halten sollen! Als er mich sah, kam ihm der Gedanke daß ich mich als nützlich erweisen könnte, wenn er mich nicht eliminiert.«
»Wie kühl Sie das Wort ›eliminieren‹ sagen.« Kate schüttelte sich.
Mrs. Pollifax lächelte. »Es ist ein Aristoteles-Wort, das dem Wort ›töten‹ jede Emotion nimmt. Aber wie auch immer, daß er mich nicht traf, erregte Verdacht.« Kate stellte nüchtern fest: »Man braucht nur zu überlegen, wieviel Geld sie in ihn investiert haben, um ihn aus dem Gefängnis zu holen und aus Frankreich heraus hierherzubringen - sie werden ihn nicht einfach abhauen lassen.«
»Und was...«, begann Farrell, als ihn das Läuten der großen Glocke verstummen ließ. Als sie zu schlagen aufgehört hatte, fuhr er fort: »Was geschieht als nächstes, Kate? Sollen wir hinunter ins Dorf gehen und uns Franca anschließen?«
»Nein, sie werden alle heraufkommen, sobald sie von den Feldern zurück sind - Peppino, Vincenzo, Gino und Pasquale, wahrscheinlich auch Manfredi. Das Planungskomitee.«
»Und wie viele Männer wird Raphael für seinen Besuch hier vermutlich mobilisieren können?« fragte Farrell ruhig.
Kate überlegte. »Wenn er die Villa nur gemietet hat, dürfte er keine nennenswerten Beziehungen
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