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und der verschwiegene Verdacht

und der verschwiegene Verdacht

Titel: und der verschwiegene Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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schätzen würde. Bantry mochte sie ebenfalls nicht nach weiteren Einzelheiten fragen.

    Emma lehnte sich vom Zeichentisch zurück und betrachtete ihre Skizzen; ein Gefühl der Freude überkam sie, als sie sah, wie gut sie ihr gelungen waren. Meist bestanden ihre vorläufigen Kritzeleien nur aus Wellenlinien, Kreisen und Reihen von Kreuzchen mit zahlreichen kleinen Pfeilen. Doch das, was jetzt vor ihr lag, waren fertige Zeichnungen. Hier war die Lavendelhecke zu beiden Seiten der Kapellentür, dort waren die Schwertlilien und der Mohn, die alten Rosensorten und ganze Wolken von Schleierkraut – genau so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Es war ihr auch so leicht gefallen, fast als sei ihre Hand von einer anderen geführt worden. Bei dem Gedanken musste Emma lächeln, dann legte sie den Stift hin und streckte sich. Nachdem sie die Zeichnungen leicht koloriert hätte, würde sie sie Bantry zur Begutachtung vorlegen.
    Auch Peter und Nell wollte sie sie zeigen. Sie wunderte sich bei dem Gedanken, wie viel Spaß ihr das Arbeiten mit Dereks Kindern gemacht hatte.
    Zwar hatte Peter sich am Morgen einen unange-nehmen Augenblick lang gegen die Unterbringung der Gartengeräte in der Kapelle aufgelehnt, aber danach war er sehr anstellig gewesen. Bantry mochte ihn zwar scherzhaft einen Workaholic nennen, Emma indessen hatte Fleiß noch nie als einen Cha-rakterfehler betrachtet.
    Auf seine Art jedoch war der Junge genauso rät-selhaft wie seine Schwester. Wenn Nell zu direkt war, so war Peter zu vorsichtig. Wenn er Emma mit seinen großen dunklen Augen ansah – mit den Augen seines Vaters –, dann schienen Dinge in seinem Kopf zu passieren, die er sie nie sehen lassen würde.
    Dann war da auch dieser seltsam beschwingte Hüpfer gewesen, mit dem er in die Küche gekommen war, als er von Susannahs Unfall gehört hatte …
    Emma beugte sich vor, um ihre Zeichenutensilien aufzuräumen – es war Zeit, sich zum Essen umzuziehen. Schließlich waren Kinder ebenso wie Erwachsene ihren Stimmungsschwankungen unter-worfen, dachte sie. Vielleicht hatte Peter Susannah nicht gemocht. Vielleicht hatte sie seine Gefühle verletzt – was Emma nur allzu gut nachempfinden konnte –, in diesem Falle wäre ihr Unfall ihm wie eine gute Nachricht vorgekommen. Nur hatte Em-ma zu gern gewusst, ob er am Morgen wirklich dort draußen auf dem Küstenpfad gewesen war, wie er es behauptet hatte. Sie nahm sich vor, Derek am nächsten Tag danach zu fragen.
    Emma lächelte, als sie die zerknitterte Visitenkarte sah, die schief an der kostbaren Uhr auf dem zierlichen Schreibtisch lehnte. Mattie hatte sie aus der Tasche ihres Jeansrocks gerettet, als sie eine halbe Stunde zuvor gekommen war, um den frisch gewaschenen Cordrock in den Schrank zu hängen.
    Das Mädchen war blass, aber gefasst gewesen und hatte sich dafür entschuldigt, dass sie »eine Szene«
    gemacht habe. Dann hatte sie Emma im Nu aus ihren Gartenkleidern heraus- und in den blauen Bademantel hineinkomplimentiert. Sie hatte auch eine handgestrickte Jacke mitgebracht – aus Ango-rawolle in herrlichen graublauen Heidefarbtönen –, ein weiteres Geschenk von Nanny Cole, die laut Mattie eine Weltmeisterin im Stricken war.
    Emma fragte sich im Stillen, ob es wohl Nanny Coles Aufgabe sei, alle Gäste des Herzogs mit einer nagelneuen Garderobe zu versehen, aber dann wies sie den Gedanken schmunzelnd von sich. Sie bezweifelte, dass sich diese griesgrämige alte Frau überhaupt von irgendjemandem etwas sagen ließ, einschließlich Seiner Hoheit. Wenn Nanny Cole das Kinderhüten mit dem Nähen und Stricken vertauscht hatte, dann war es zweifellos ihre eigene Entscheidung gewesen. Emma hatte keine Ahnung, warum Nanny Cole ihr ein solches Geschenk machen sollte, aber sie wusste schon ganz genau, wann sie die Jacke anziehen würde. Sie würde sehr gut zu der anthrazitfarbenen Hose passen, die sie am folgenden Tag zu ihrer Verabredung mit Derek tragen würde.

11
    ALS EMMA AM NÄCHSTEN TAG auf die Terrasse hinaustrat, traf sie auf Derek, der bewegungs-los dort stand, die Hände in den Hosentaschen seiner Jeans vergraben, und nachdenklich auf die Burgruine schaute.
    Auf ihren Gruß antwortete er mit einem geistes-abwesenden Nicken. »Gute Nachricht über Susannah«, sagte er. »Kate hat aus Plymouth angerufen.«
    »Ich habe gehört, sie sei immer noch bewusstlos, aber stabil.« Emma hatte gerade die Terrassentür geschlossen, aber Derek war ihr bereits auf den Rasen vorausgeeilt; mit gebeugtem Kopf und so

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