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und der verschwiegene Verdacht

und der verschwiegene Verdacht

Titel: und der verschwiegene Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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hockte sich auf die Fersen und sah Emma an. »War ich wirklich so schlimm?«
    Emma wollte ihn trösten, aber sie konnte es nicht. Nach allem, was sie gehört und gesehen hatte, waren Nells Klagen eher gerechtfertigt. Sie stellte ihr Whiskyglas vorsichtig auf den kleinen Tisch und sagte: »Sie müssen Ihre Frau schrecklich ver-missen.«

    Derek sah auf das feuchte Taschentuch in seiner Hand. »Manchmal – wenn ich arbeite – vergesse ich es.«
    »Arbeiten Sie deshalb so viel?«, fragte Emma vorsichtig.
    Derek sah sie erstaunt an. »Nein. Das tue ich für die Kinder. Ich will Peter und Nell alles geben, was Mary sich für sie erhofft hatte.«
    Sie hätte ihnen bestimmt mehr Zeit mit ihrem Vater gewünscht, dachte Emma, aber sie sagte nichts.
    Sie hatte kein Recht dazu, Derek vorzuschreiben, wie er sein Leben zu gestalten hatte.
    »Na ja, trotzdem, danke.« Einen Augenblick noch ruhte Dereks Blick auf Emma, dann stand er auf, steckte das Taschentuch ein und ging wieder an seinen Platz am Kamin. »Eigentlich komisch«, sagte er und verschränkte die Arme. »Ich mag Grayson unheimlich gern, und Susannah ist mir eigentlich völlig egal. Und doch kann ich nur daran denken, wie man sie vor ihm schützen kann. Wahrscheinlich weil sie so hilflos ist.«
    »Genauso hilflos wie wir«, sagte Emma leise. Sie räusperte sich und fügte schnell hinzu: »Ich fürchte aber, wir können nicht viel tun, um sie zu schützen, oder?«
    »Kaum, es sei denn, wir sprechen mit ihr und finden heraus, ob sie etwas hat, das wir der Polizei zeigen können.« Derek drehte sich um und starrte ins Feuer. »Und Kate sagte, sie würde in drei bis vier Tagen zurückkommen? Ich weiß wirklich nicht, was wir inzwischen unternehmen könnten. Ich muss drü-
    ber nachdenken.«
    »Ich auch. Im Garten.« Emma stand auf. »Derek«, sagte sie zögernd, »wenn Sie nichts anderes zu tun haben, könnte ich – das heißt, Bantry und ich könnten etwas Hilfe da draußen gut gebrauchen.«
    »Ich weiß«, sagte Derek, der immer noch ins Feuer sah. »Nell hat es mir schon gesagt. Aber leider muss ich noch Graysons verdammte Laterne suchen.«

15
    WEGEN EINER LEICHTEN Lungenentzündung musste Susannah schließlich noch zehn Tage im Krankenhaus bleiben. Während dieser Zeit machte die Heilung ihrer Kopfverletzungen jedoch gute Fortschritte, und ihr Gedächtnis kehrte ganz allmählich zurück. Sie erkannte Grayson und nannte ihn beim Namen, jedoch schien ihr Kate als Person völlig entfallen zu sein. Insgesamt jedoch schien sie auf dem Weg der Genesung. Kate rief jeden Morgen an und berichtete über ihre Fortschritte, und Mattie gab alle Neuigkeiten erleichtert an Emma weiter.
    Kates konsequenter Umgang mit der Presse sowie Newlands Wachtposten schienen ihre Wirkung zu tun. Reporter, die sich am Tor einfanden, wurden höflich informiert, dass Seine Hoheit in seinem Hotel in Plymouth für Fragen und für Fotos zur Verfügung stehe. Die wenigen, die es über die Mauer geschafft hatten, wurden wieder hinausbegleitet, noch ehe sie halb durch den Wald gelangt waren.
    Andere wieder versuchten ihr Glück in Penford Harbour, wo sie weniger mit eisigem Schweigen als mit einem regelrechten Redeschwall empfangen wurden. Die Brüder Tregallis beglückten sie mit Fischeranekdoten, Herbert Munting belehrte sie über Hühnerzucht, und Jonah Pengully schimpfte auf alles und jeden – bis auf das, worüber die Reporter ihn schimpfen hören wollten. Wie alle anderen im Dorf weigerte sich auch Jonah, ein Wort über den Herzog zu sagen.
    »Es war köstlich«, erzählte Derek begeistert, als er von einem Ausflug ins Dorf wiederkam. »Fast wie ein Fußballspiel. Jedes Mal, wenn Graysons Name genannt wurde, warf Jack das Thema James zu, der es an Ted weiterkickte, und der, statt den Ball anzunehmen, fing an, sein Seemannsgarn über den Dorschfang zu spinnen.« Die Dorfbewohner gewannen dieses Spiel mit Leichtigkeit, sie hielten die Reporter in Atem, ohne auch nur einen Punkt zu vergeben. Die Zeitungsberichte über Penford Hall mussten bald mit der letzten Seite vorlieb nehmen.
    Nanny Cole fuhr fort, Emmas Garderobe zu er-gänzen. Sie nähte Kleider aus feinem Wollstoff, Samt und bedruckter Seide, strickte Pullover aus schiefergrauer und altrosa Wolle und fertigte zwei weitere Paar Hosen und einen dritten Gartenkittel an. Emma kam es vor, als hätte sie plötzlich eine eigene Modeschöpferin. Mattie teilte ihr Entzücken und machte sie auf handwerkliche Feinheiten aufmerksam, die Emma sonst nie

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