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und der verschwiegene Verdacht

und der verschwiegene Verdacht

Titel: und der verschwiegene Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Hintertür geschlossen, als Grayson, Gash und Newland durch die runde Eingangstür in die Kapelle stürzten. Sie hatten dort bereits eine Weile vergeblich versucht hinein-zugelangen, waren aber außer vom Sturm auch von wild flatternden Regenjacken und den mitgebrach-ten Wolldecken behindert worden.
    »Die gute alte Kate«, sagte Grayson, indem er Emma eine Wolldecke umhängte. »War ziemlich genial von ihr, der Einfall mit den Leuchtraketen, nicht wahr?«
    Zitternd zog Emma die Decke enger um sich. Sie versuchte, ein deutlicheres Bild von der Frau im Fenster zu erhaschen, jedoch war das Licht der Taschenlampen und die Aufmerksamkeit aller auf Mattie gerichtet, die bewusstlos auf einer der hinteren Bänke lag. »Grayson …«, flüsterte Emma schwach.
    »Schsch.« Grayson legte ihr seinen Arm um die Schultern und sah zu Newland hinüber, der neben Mattie hockte und ihren Puls fühlte. »Jetzt nicht, meine Liebe, kein Wort, bis wir euch alle wieder im Haus haben.« Newland sah auf, und Grayson nickte. »Gut. Alles in Ordnung? Dann lasst uns gehen.«
    Derek hielt Peter in den Armen, Gash und Newland trugen die in Decken gewickelte Mattie, und Grayson ließ seinen unerwartet starken Arm um Emma gelegt, als sie die Kapelle verließen, um es erneut mit dem Sturm aufzunehmen. Emma war benommen, und ihre Beine fühlten sich an wie aus Gummi, als sie im peitschenden Regen durch den Schlamm watete. Als die Mauern der Burgruine zurückwichen und Emma weit vor sich das schwache Licht aus dem Speisezimmer sah, erschien es ihr wie ein Traum an einem fernen Horizont.
    Kate und Hallard hielten reich verzierte Leuchter in den Händen, denn es gab immer noch keinen Strom. Sie geleiteten die bunte Schar in die Bibliothek, wo Dr. Singh sie bereits erwartete. Emma, die bis aufs Mark durchgefroren war, dankte Grayson und bat ihn, sich jetzt um die anderen zu kümmern, dann machte sie sich auf den Weg und ging die dunkle Treppe hinauf und über den stillen Korridor zu ihrem Zimmer, wobei sie es seltsam beruhigend empfand, dass sie auch ohne Licht hinfand.
    In der Rosensuite war es warm und trocken und still. Emma ließ die regennasse Decke von den Schultern gleiten, dann trocknete sie die Brillenglä-
    ser an der Bettdecke ab und kniete sich vor den Kamin, wo sie mit klammen Fingern versuchte, das Feuer anzuzünden, jedoch vergeblich. Schließlich zog sie die Bettdecke zurück, um sich darunter zu verkriechen, sie war zu erschöpft, um sich erneut aufzuraffen. Sie wusste nicht, wie lange sie so gelegen hatte, als eine Stimme im Korridor sie aus ihrer Benommenheit weckte.
    »Emma, Schätzchen. Ich bin’s, Syd. Könnten Sie vielleicht an die Tür kommen?«
    Syd Bishops Kerzen klebten auf einem runden Tablett. »Zimmerservice«, verkündete er, indem er das Tablett auf den niedrigen Tisch zwischen den Sesseln stellte. »Heißer Kaffee und ein Teller Hühnerbrühe. Ich würde in die Hölle kommen, wenn ich behaupten wollte, sie ist so gut wie die von meiner Oma, Gott hab sie selig, aber wahrscheinlich hat Madame ihr Rezept geklaut.« Er schenkte eine Tasse Kaffee ein und reichte sie Emma, wobei er zusammenzuckte, als er ihre zerschundenen Knö-
    chel sah. »Aua! Da hat es Sie aber ganz schön erwischt, wie? Aber was machen Sie eigentlich immer noch in den nassen Sachen? Kommen Sie, und ziehen Sie was Trockenes an, ehe Sie ’ne Lungenentzündung kriegen.«
    Die Jahre, die Syd hinter den Kulissen bei Mode-schauen verbracht hatte, zahlten sich jetzt aus. Er kannte sich mit den Verschlüssen von Damenwä-
    sche aus und war nackter Haut gegenüber von ent-waffnender Sachlichkeit. Im Nu hatte er Emma aus ihren nassen Kleidern gepellt, in ihren blauen Bademantel gehüllt und ihr ein Handtuch um den Kopf geschlungen, und alles ohne einen Tropfen ihres Kaffees zu verschütten oder sie auch nur an-satzweise erröten zu lassen.
    Der Kaffee hatte Emma neu belebt, und der Duft der Hühnerbrühe erwies sich als unwiderstehlich.
    Während sich Syd vor den Kamin hockte, um das Feuer anzuzünden, aß Emma die köstliche Brühe bis auf den letzten Löffel auf. Dann lehnte sie sich zurück und wünschte, es wäre mehr gewesen. Allmählich spürte sie den Schmerz in Händen und Knien, und sie ahnte, dass ihr später wahrscheinlich jede Faser ihres Körpers wehtun würde. Im Augenblick aber, nach der warmen Brühe und mit einer zweiten Tasse Kaffee in der Hand, in den weichen Sessel vor dem Feuer gekuschelt, das gerade anfing zu knistern, fühlte sie sich, als

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