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Und der Wind bringt den Regen

Und der Wind bringt den Regen

Titel: Und der Wind bringt den Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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einem späten Erwachen.
    England hatte keinen Finger gerührt, als das Rheinland besetzt wurde, es hatte die deutsche Aufrüstung ignoriert und zum «Anschluß» Österreichs geschwiegen. Man hatte Hitler fast mit Gewalt ins Sudetenland geschoben. Aber jetzt war er zu weit gegangen - wie englische Eltern und Kinderfrauen und Lehrer es ausdrückten. Und damit war er über Nacht der unberechenbare Tyrann geworden, ein Tyrann mit einer mächtigen Armee, der ein Land nach dem anderen verschlingen würde: heute die Tschechoslowakei, im Herbst vielleicht Polen und im nächsten Jahr Frankreich, Holland, England...
    Auch die Regierung wachte auf. Die Oberin im Krankenhaus erhielt die Weisung, Vorkehrungen für die Aufnahme größerer Zahlen von Verwundeten aus der Zivilbevölkerung zu treffen. Lehrkurse für die Behandlung von Giftgasopfern wurden abgehalten, Luftschutzräume wurden gebaut.
    Es gibt Krieg, dachte Alice. Und er wird das Ende der Zivilisation sein. Ausgerechnet jetzt!
    Bisher waren ihre Gefühle für Frank Hardy mit Bitterkeit verbunden gewesen. Aber jetzt spürte sie plötzlich, wie Sanftheit und Wärme sie durchdrangen, wenn sie an ihn dachte.
     
    Der Umschwung in der öffentlichen Meinung brachte der Stop Hitler Now Society neuen Zulauf. Die nächste Versammlung fand im Freien statt, auf dem Marktplatz. Hunderte von Menschen waren erschienen. Ein starkes Polizeiaufgebot sorgte für Ordnung. Die britische Faschistenunion verteilte Zettel am Rande der Menge. Nell und Benbow waren gekommen, und auch Alice. Frank hielt eine großartige Rede, und Nell war stolz, den klugen Mann dort oben persönlich zu kennen. Benbow hoffte im stillen,
    Mr. Hardy irre sich. Soldat werden und gegen Ulrikes Landsleute kämpfen zu müssen, widerstrebte ihm. Aber er hatte das unangenehme Gefühl, daß Mr. Hardy die Lage richtig beurteilte.
    Er könnte mein Mann sein, seit zwanzig Jahren, dachte Alice. Es war alles meine Schuld. «Lieber Gott, bitte schütze ihn», murmelte sie. Aber sie hatte nicht so viel Angst um ihn wie bei den früheren Veranstaltungen. Die Polizei würde den Faschisten schon Einhalt gebieten.
    Sie hatte recht: nach seiner Rede wurde Frank zu einem Streifenwagen geleitet und eilig weggefahren. Viele Leute lächelten und winkten ihm zu. Die Menschen waren weiter als ihre Regierung, sie verlangten nach einem mutigen Mann, und in Ingerby begann man, in Frank Hardy diesen Mann zu sehen.
    Der Wagen setzte ihn vor seiner Wohnung ab. Aber Frank hatte noch keine Ruhe. Der Applaus des Publikums klang noch in ihm nach. Er ging ins Krankenhaus zu Alice.
    Sie empfing ihn mit freundlicher Zurückhaltung und ließ Tee für ihn bringen.
    «Ich melde mich bei der Territorialarmee», sagte er.
    Stand einen Augenblick Angst in ihren Augen?
    «Du hast schon getan, was du konntest», wandte sie ein.
    «Heirate mich, Alice. Bevor es wieder losgeht bei uns.»
    Sie schüttelte den Kopf und sagte dann: «Es ist zu spät, Frank. Ich habe meine Entscheidung vor zwanzig Jahren getroffen.»
    «Ich werde dich immer wieder bitten.»
    «Und ich werde immer wieder nein sagen.»
    Als er aufbrach, legte sie ihm nachdenklich lächelnd die Hände auf die Brust und küßte ihn. Als er die Treppe hinunterging, summte er Tea for Two vor sich hin. Er würde sie schon noch herumkriegen.
    Es dämmerte, als er an den Spielplatz kam. Die Glocke fing an zu läuten, aber er wollte das Tor noch erreichen, bevor es abgeschlossen wurde.
    Neben dem Tor standen Büsche: Ilex, Lorbeer, Rhododendron. Und hinter den Büschen kauerten Männer in schwarzen Hemden und mit Gummiknüppeln in der Hand, bereit zu morden.
    Erst als sie ihn umringten, sah er sie. Angst und Wut explodierten in ihm. Er nahm sich einen aufs Korn, sprang wie ein Tiger auf ihn zu und drehte ihm den Arm um. Er hörte Knochen splittern. Der Mann fiel zu Boden und krümmte sich.
    Er stürzte sich auf den nächsten und stieß ihm die Faust in die Zähne, zweimal, dreimal. Sein Gegner schlug zu Boden. Rasend vor Wut packte er den dritten, hielt ihn am Arm fest und riß und riß, bis er merkte, wie der Arm schlaff wurde und der Mann vor Schmerz keuchte.
    Dann war die Reihe an ihm. Sie waren fünf- er hatte von vornherein keine Chance gehabt. Sie schlugen ihn fast tot. Dann ließen sie wie satte Blutegel von ihm ab und verschwanden im Dunkel des Parks.
    Der alte Parkwächter, der das Tor schließen wollte, sah ihn auf dem Weg liegen. Er sah, wie das Blut im Kiesweg versickerte. «Mein Gott!» stöhnte

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