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Und der Wind bringt den Regen

Und der Wind bringt den Regen

Titel: Und der Wind bringt den Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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ob die paar Politiker, die da in Paris zusammensaßen, wirklich imstande waren, die Streitereien für immer zu schlichten.
    Frühling! Frühling in Paris: Narzissen und Hyazinthen und Tulpen in allen Farben. Frühling in den kargen Straßen von Ingerby: Narzissen und Hyazinthen auf den Fensterbänken der kleinen Häuser. Und in einem Fenster ein Schild:
     

10
     
    Nell ließ das abgepellte halb weiche Ei auf die Toastscheibe gleiten, nahm den angewärmten Teller mit einem Topflappen hoch und stellte ihn vor Taffy auf den Tisch. Dann setzte sie sich, stützte die Ellbogen auf und blickte ihren Mann fest an: «Ich hab ein Haus gesehen, das zu vermieten ist. Albion Street.»
    Er schnitt das Ei mit dem Messer durch; das Eigelb quoll heraus und mischte sich mit der geschmolzenen Margarine. Er schnitt ein Stück vom Toast ab, wendete es im Eigelb, tupfte es ins Salz und führte es an den Mund. Dann erst blickte er auf und fragte: «Wieviel?»
    «Fünf Shilling die Woche.»
    «Woher weißt du das?»
    «Ich - ich bin reingegangen und hab gefragt.»
    Er blickte sie scharf an. «Du möchtest es haben, was?»
    Lieber als alles auf der Welt, hätte sie gern erwidert. Aber so etwas sagte man nicht in England, das hatte sie schon gelernt. «Es wäre schön», sagte sie. «Und ich hab doch das Geld von Pa, Taff. Damit könnten wir’s einrichten.»
    Er reichte ihr seine Tasse zum Nachschenken. «Und was wird mit ihnen?» fragte er und machte eine Kopfbewegung zum Wohnzimmer hin.
    «Das hab ich mir alles schon überlegt», antwortete sie schnell. «Ich könnte weiter herkommen und ihnen zur Hand gehen -»
    «Sie brauchen aber mehr als eine Hand», sagte er kopfschüttelnd. «Bedient wollen sie werden, hinten und vorn.» Er trank seinen Tee aus und versuchte, den letzten Rest Eigelb mit Brot aufzunehmen. Dann sagte er: «Hast du deinen Mantel?» Er stand auf, nahm seinen Schal vom Haken und legte ihn sich um. Mit aufkeimender Hoffnung sah sie zu ihm auf.
    «Wo gehen wir hin, Taff?»
    «Na, wir müssen doch deinen Palast mal besichtigen, oder?»
    Sie fiel ihm um den Hals. «O Taffy — es ist so ein süßes kleines Haus — das schönste, das du dir denken kannst -»
    Nun, das schönste war es nicht. Es war ein Haus wie Millionen andere, die englischen Arbeitern Zuflucht boten. Eins von den Millionen Schlössern, in denen Männer und Frauen sich ihr Heim schufen, ein Zuhause, das sie mit Liebe und Lachen füllten - oder mit Haß und Streit, je nach Charakter und Veranlagung.
    Ein blasser Sonnenstrahl fiel durch die schmale Lücke der beiden gegenüberstehenden Häuser auf das Haus Nummer 71 und brachte die braungelbe Fassade zum Leuchten.
    «Das ist es», sagte Nell. Sie merkte, daß sie zitterte — vor Sehnsucht, Hoffnung und Angst vor einer Enttäuschung. Spitzengardinen hingen am Fenster, eine Aspidistra stand in der Sonne. So eine wollte sie auch haben, dachte Nell, es gab dem Hause so etwas Vornehmes, wenn eine Aspidistra im Fenster stand.
    Taffy ging auf die Tür zu und griff mutig nach dem Klopfer. «Du willst - du gehst doch nicht rein?» fragte Nell ängstlich.
    Taffy klopfte, und die Tür wurde von einem argwöhnisch blickenden älteren Mann geöffnet. Als er Nell erkannte, ging ein leises Lächeln über sein Gesicht.
    «Können wir’s mal ansehen?» fragte Taffy.
    «Jetzt? Es ist eigentlich etwas spät», sagte der Mann zögernd. «Ich weiß nicht - Ethel!» rief er nach hinten. «Es ist die junge Frau, die heute morgen hier war.»
    «Laß sie reinkommen», rief eine Stimme aus der Küche.
    «Kommen Sie rein», sagte der Mann an der Tür, immer noch mit einem Ausdruck, als rechne er damit, daß sie ihm eine Pistole an die Rippen hielten.
    Die Haustür führte direkt in das vordere Zimmer. Es roch ein bißchen muffig und verrußt. Aber Nell sah es so, wie es sonntagabends aussehen würde: im Kamin brannte ein helles Feuer, die Gaslampe mit dem gläsernen Zylinder zischte leise - und vielleicht, aber viel später natürlich, würden sie es sogar zu einem Klavier bringen...
    Mißtrauisch führte sie der Mann durch das Wohnzimmer. Hier werden wir abends sitzen und Tee trinken, dachte Nell. Nicht in der Küche.
    «Ein hübsches kleines Haus», sagte Mr. Braithwaite, der wohl meinte, er müsse die Werbetrommel rühren.
    «Kostet ja auch genug Geld», gab Taffy ungerührt zurück. Nells Mut sank. Wenn Taffy das Haus nicht mochte, war alles aus.
    In der Küche stand ein Kessel auf dem

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