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Und der Wind bringt den Regen

Und der Wind bringt den Regen

Titel: Und der Wind bringt den Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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die sich gegen Sand und Meer und Himmel abhoben; er sah nur Alices Gesicht vor sich, die feinen schmalen Züge, das weiche Haar, und das Rosenblatt mit dem kleinen Rußfleck.
    Er sehnte sich nach ihr - ja, er sehnte sich, obgleich er sie fast haßte. Nicht so sehr wegen ihrer Lügen, sondern weil sie ihn gezwungen hatte, seine Gefühle zu zeigen, zu erkennen, daß ihm Eifersucht und Zorn und lähmende Unentschiedenheit nicht fremd waren.
    Er erhob sich und murmelte «Ich will jetzt aufstehen und geben.» Er wandte sich ab vom Meer und dem sonnenglänzenden Strand. Langsam, wie ein alter Mann, stapfte er durch die Sanddünen und über den Strand zurück in die häßliche schmutzige Welt der Menschen.
     
    Aber Großtante Mabel hatte Augen und Sinne für den herrlichen Morgen! Sie freute sich über die Sonne, die sie auf Armen und Wangen spürte, über die rosigen Ferkelchen, die draußen herumliefen und fröhlich quiekten. Sie liebte das Moor bei jeder Stimmung, ob es naß und glucksend war, oder in Novembernebel gehüllt oder weit und flach unter den jagenden Wolken im April. Heute war es besonders schön: die paar verkrüppelten Bäume schimmerten in der Sonne, die Trampelpfade und schmalen Sandwege führten sicher in versteckte Talmulden, wo Tausendschön und Herbstzeitlose blühten. Mabel war keine Dichterin. Aber sie hatte gern Gedichte gelernt, früher in der Schule, und manchmal dachte sie, es wäre schön, ein Gedicht über das Moor zu machen. Den Anfang hatte sie schon gemacht, aber über die Zeile «O schwarzes Moor» war sie nicht hinausgekommen...
    Der Tag heute war wie geschaffen dafür. Er weckte viele Gefühle in ihr: sie spürte ihre Einsamkeit, ihre Liebe für diese verlassene Gegend, für den herbstlichen Tag, der bei aller Lieblichkeit doch schon die schreckliche Leere der Winterabende ankündigte, Sehnsucht nach warmer kreatürlicher Zweisamkeit, einem stillen Miteinander - mit Siegfried: Sie freute sich über die Sonne heute und fürchtete sich vor der Zukunft. Hätte sie das alles in Worte fassen können, dann wäre ihr leichter gewesen. Aber das konnte sie nicht. Es war nicht einmal jemand da, zu dem sie sagen konnte: «Was für ein schöner Tag heute!» Nur die Schweine...
    Da kam jemand den schnurgeraden Weg entlang. Noch weit weg, aber immerhin — es kam jemand. Sie blieb wartend stehen und legte die Hand über die Augen. «Nell!» rief sie plötzlich freudig. «Mit dem Jungen!» Schnell ging sie ins Haus, um Sandwiches zu machen aus selbstgebackenem Brot und einem der gerade verwursteten Schweine.
    Benbow war es fast übel geworden vor Aufregung. Sie würden mit der Straßenbahn fahren!
    Er wartete mit Mam an der Haltestelle, eine ganze Weile. Endlich war ein Geräusch zu hören, es kam näher und näher, bis die Bahn klingelnd und rasselnd um die Ecke schwenkte. «Können wir nach oben gehen?» fragte Benbow, und seine Mutter nickte: «Ja.» Die Bahn hielt. Ungeduldig wartete Benbow, bis ein alter Herr ausgestiegen war; dann kletterte er mit flinken Beinen auf das offene Oberdeck, wo zum Glück der begehrteste Platz, ganz vorn, noch frei war.
    Nell ließ sich neben ihm nieder, einen Picknickkorb auf dem Schoß. Die Glocke klingelte zweimal, und schlingernd fuhr die Bahn an. Der Fahrtwind schlug Benbow ins Gesicht und spielte mit Nells goldblondem Haar. Wie Götter blickten sie nach unten auf die Straße, wo die gewöhnlichen Sterblichen gingen. Sie konnten in die oberen Etagen der Häuser sehen: Betten aus Messing, Wasserkrüge, Wäsche, die über Stühlen hing. Dann blieben die Häuser zurück, und sie fuhren zwischen Baumwipfeln hindurch. Einmal fegte ein großer Zweig an der Bahn vorbei, ganz nahe an Benbows Mütze. Er nahm sie ab, um nachzusehen, ob ihr auch nichts geschehen war. «Der hätte mich beinahe getroffen, Mam!» sagte er begeistert.
    Dann kam die Endstation. Die lange Richtungsstange wurde aus der Halterung gezogen, umgeschwenkt und wieder eingehängt. Nell und Benbow blieben so lange stehen, bis die Bahn wieder abfuhr und sich klingelnd und leise schaukelnd auf die Reise ans andere Ende der Stadt begab.
    «Nun komm aber, Benbow», sagte Nell und schlug einen von Löwenzahn und Wegerich und anderem Unkraut eingefaßten Weg ein. Zerfallene Schuppen, verkümmerte Gänseblümchen, hier und da ein paar Strünke Rosenkohl - aber nichts war häßlich an diesem goldenen Morgen.
    Nell war lange nicht aus der Stadt herausgekommen, sie war wie verzaubert. Die Sonne auf den Blättern,

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