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Und die Goetter schweigen

Und die Goetter schweigen

Titel: Und die Goetter schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Janson
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verschränkte demonstrativ seine Arme vor der Brust.
    »Du musst mit deiner Schwiegermutter sprechen. Wenn Krister die Kuh nicht bei den Hörnern nehmen will, dann musst du das tun! Hast du sie denn direkt ins Gesicht gefragt, ob sie in deinen Schubladen gewühlt und deine Zigaretten genommen hat? Hast du gefragt, ob sie dein Nachthemd gesehen hat?«
    »Ich habe es nicht geschafft«, antwortete Maria und stocherte im Schaum ihres zweiten Biers. Die Kontaktlinsen scheuerten wegen der Müdigkeit und des vielen Rauchs in der schlechten Luft des Pubs. Der Hals fühlte sich eng an. Vielleicht nicht nur von dem Qualm, vielleicht war da noch etwas anderes, etwas, das einer Trauer glich, das ihr die Kehle zusammenschnürte. Der Beginn eines Abschieds. »Nicht geschafft! Hast du dein Telefon vielleicht nicht bei dir? Nimm mal all deinen Mut zusammen! Du siehst aus wie eine gekränkte alte Jungfer in der Kur: Jemand hat die Unverschämtheit besessen und mein Eigentum berührt. Ich werde es nicht laut sagen, oh nein, ich werde leiden!« Maria konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Dann wurde sie ernst. »Wenn ich es auf die Spitze treibe, ist Krister gezwungen, sich für eine Seite zu entscheiden. Das kann der Anfang vom Ende sein. Wir haben Kinder zusammen, das geht nicht einfach so!«
    »Er kann sich doch auch dafür entscheiden, in Sachfragen Stellung zu beziehen, beispielsweise ob es richtig oder falsch ist, die Nachthemden anderer zu benutzen? Soll Schwiegermutter das Recht haben, einen Schlüssel zu eurer Wohnung zu behalten, ja oder nein? Wer hat das Recht zu entscheiden, wie gründlich in eurem Haus sauber gemacht wird? Unsentimental und sachlich! Er braucht seine Mutter deswegen nicht weniger zu lieben, nicht darauf zu verzichten, sie zu besuchen. Beschließt sie, sich von euch zurückzuziehen, weil sie nicht in die Schränke kriechen darf, dann ist das ihre Entscheidung, nicht Kristers.«
    »Was sollen wir denn mit ihrem schwachen Herzen tun? Ich will nicht jedes große Fest in ihrem Haus feiern.«
    »Tu es doch einfach nicht! Das Risiko, dass sie an einem Herzinfarkt stirbt, ist nicht größer, ob ihr euch nun in Paris befindet oder zu Hause in Kronköping. Ich habe noch nie davon gehört, dass ›Erwachsene Kinder in Paris‹ ein Risikofaktor bei Gefäßkrankheiten wäre. Du? Als sie wegen ihrer Schmerzen in der Brust ins Krankenhaus gekommen ist, hat man da etwas Bemerkenswertes gefunden? Hat man auf ihrem EKG etwas gefunden, das auf einen Infarkt schließen ließ?« Jetzt sprach die Krankenschwester in Karin. »Ich glaube nicht. Sie wollte nicht darüber sprechen, was der Doktor gesagt hat. Einverstanden, ich rufe an. Ich werde sie fragen, ob sie meine Zigaretten gesehen hat.«
    »Jetzt?«
    »JETZT!« Als Maria in ihrem Bett im Haus der Eltern lag, konnte sie nicht anders, als bei dem Gedanken an das Gespräch mit ihrer Schwiegermutter vor sich hin zu lächeln. Apropos gekränkte alte Jungfer in der Kur! Die Schwiegermutter hatte den armen Artur mit ans Telefon gezerrt, damit er, bei allen Heiligen schwörend, bezeugen sollte, dass seine Frau keine Zigaretten rauchte oder anstößige Nachthemden benutzte, wobei sie ihm jedes Wort soufflierte. »Und das will ich dir sagen, ich setze keinen Fuß mehr in dieses Haus, wenn man da des Diebstahls verdächtigt wird«, echote Artur. Das war also ausgestanden. Blieb abzuwarten, wie lange der Hausfrieden andauern würde.
    Maria stellte den Wecker. Hartman wollte um sieben Uhr am nächsten Morgen auf dem Bahnhof abgeholt und zu einem weiteren Verhör mit Vidar Larsson gebracht werden. Schießereien und Frauengeschrei aus dem Fernseher drangen vom Wohnzimmer her durch die Wand. Die Lautstärke war sehr hoch. Maria war aufgefallen, dass ihr Vater in letzter Zeit schlechter hörte. Es fällt schwer, mit anzusehen, wie die Eltern immer älter werden. Das Leben geht weiter, auch wenn man glaubt und hofft, dass alles jedes Mal, wenn man nach Hause kommt, unverändert ist. Maria legte sich das Kissen auf den Kopf. »Wer bist du, die sich für Disa Månsson ausgibt und uns die ganze Zeit an der Nase herumführt? Hättest du Angst davor, erwischt zu werden, dann würdest du nicht in den Laden gehen, in dem du deine Jacke gekauft hast, und nach dem fehlenden Knopf fragen. Willst du dich sichtbar machen, oder glaubst du, du bist unverwundbar?«, überlegte Maria. Disa hatte allein in ihrer Wohnung in der Innenstadt von Uppsala gelebt, hatte als Zahnarzthelferin gearbeitet. War

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