Und die Goetter schweigen
ihm interessant erscheint.«
»Das wird doch wohl nicht verboten sein?«, wollte Erika wissen. »Man könnte meinen, dass das völlig in Ordnung sein müsste, so ist es aber nicht. Wenn wir uns nun vorstellen, du ziehst gerade um«, Erika nickte gehorsam, »und dann stellst du deine Sachen auf den Bürgersteig, bis der Möbelwagen kommt.« Wieder ein Nicken. »Was würdest du davon halten, wenn alles verschwindet, während du hinaufgehst, um den nächsten Karton zu holen?«
»Dann würde ich das als Diebstahl bezeichnen. Aber man müsste wohl mildernde Umstände gelten lassen, im Falle, dass die Leute wirklich ihren Sperrmüll loswerden wollen.«
»Jedenfalls wird das als Diebstahl betrachtet. Man hat nicht das Recht, sich anderer Leute Abfall anzueignen, es sei denn, man hat vorher das Einverständnis des betreffenden Nachbarn eingeholt. Ihr habt doch von der Klatschzeitung in den USA gehört, die ihre Angestellten den Müll mehrerer Prominenter durchsuchen ließ, um deren Privatleben zu dokumentieren, bis hin zum Klopapier. Der Müll wurde in Farbfotos festgehalten: Kaffeesatz, verwelkte Blumen, Kondome – alles!«
»Jetzt reicht es aber, über solche Sachen könnt ihr euch in eurer Freizeit unterhalten«, rief Sturm, der merkte, dass ihm schon wieder heiß wurde, sobald man vom Fotografieren sprach. »Außerdem«, Ek hob die Stimme, »versorgte Rudbäck die ganze Gemeinde mit Kartoffeln in veredeltem Zustand.
Das meiste muss er wohl vor Weihnachten ausgeliefert haben, aber 150 Liter standen hinter dem Holzstapel in seinem Schuppen. Wie lange die Anlage still und unauffällig unter Herrn Rudbäcks Aufsicht gearbeitet hat, wissen wir noch nicht.«
23
Maria und Karin schlenderten die Fußgängerzone entlang und suchten schwarze Lederjacken in den Boutiquen der Stadt. Maria hatte nach den Angaben der Zeugen eine Skizze der schwarzen Lederjacke im Lumberlook angefertigt. Vergrößert hatte sie die französische Lilie gezeichnet, die in jeden Knopf eingeprägt war, genau so wie sie auf dem Knopf aussah, den man Heiligabend bei Kent Asps Auto gefunden hatte. Die meisten Boutiquen hatten im Laufe der letzten neun Jahre den Besitzer gewechselt. Einige hatten sich neu angesiedelt. In den meisten Geschäften erklärte man ihnen, dass das Modell völlig aus der Mode sei, und bot ihnen an, sich stattdessen die aktuellen Angebote anzusehen. Maria, die den ganzen Nachmittag im Verhör mit Vidar Larsson zugebracht hatte, ohne etwas zu sich nehmen zu können, hatte einen Wurstverkäufer glücklich gemacht, indem sie vier warme Würstchen mit ganz viel gebratenen Zwiebeln, Senf und Ketchup bestellte. Karin war ein wenig enttäuscht. Sie hatte erwartet, als Ersatz für die Mahlzeit, die des Professors wegen ausgefallen war, an einem gedeckten Tisch essen zu können. Und dann würden sie beide in aller Ruhe zusammensitzen und über das Leben sprechen. Aber daraus wurde nun nichts, und das war typisch für Maria. Immerzu Vollgas! Schon im Schaufenster sah Maria die Jacke: Es war zwar ein gerades, eng anliegendes Modell, aber die Knöpfe waren identisch, eine französische Lilie. »Wir verkaufen seit 1972 Lederwaren. Darauf sind wir stolz. Die Jacken sind unser eigenes Design, werden in Dalarna genäht. Das Modell, auf das sie da zeigen, haben wir in den letzten zehn Jahren nicht mehr geführt. Allerdings habe ich eine Frau gesehen, das war am zweiten Weihnachtstag, als wir für den Ausverkauf öffneten, die hatte eine Jacke von uns im Lumberlook. Ihr fehlte ein Knopf, und sie fragte, ob wir hier lose Knöpfe verkaufen würden. Sie sehen mich ja an, als ob ich von einem anderen Stern käme! Was ist denn los?«, wunderte sich der Verkäufer und fasste Maria am Arm. »Du bist tatsächlich etwas weiß um die Nase«, bestätigte Karin. »Wir sollten vielleicht gehen und uns irgendwo hinsetzen.«
»Es geht mir gut! Können Sie die Frau beschreiben? Ich bin von der Polizei«, fügte Maria hinzu, als sie das Zögern des Verkäufers bemerkte. »Es sah aus, als würde sie eine Perücke tragen. Keine besonders gute übrigens. Kräftige Brüste, so ein Dolly- Parton-Komplex, wenn Sie mich fragen.«
»Hat sie die Jacke hier gelassen?«
»Nein, das hatte ich ihr vorgeschlagen. Meistens wird das ja besser, wenn es ein Fachmann macht. Man näht den neuen mit einem anderen kleinen Knopf auf der Futterseite zusammen. Das hält dann sehr viel besser. Aber die Kundin wollte den Knopf unbedingt gleich mitnehmen. Selbst schuld.« Der Verkäufer
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