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und die Schattenmaenner

und die Schattenmaenner

Titel: und die Schattenmaenner
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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herumlungerten, und warf das Fenster krachend zu. Justus glaubte zu hören, wie sie in ihrer Wohnung eine Schimpfkanonade vom Stapel ließ.
    Sonst blieb alles still. Er überquerte die Via del Ponte und versuchte sein Glück im Haus Nummer 27. Er drückte die unterste Klingel und merkte sofort, dass sie defekt sein musste: Nicht der leiseste Ton war zu hören. Stattdessen wurde gegenüber, in Haus Nummer 24, im zweiten Stock ein Fenster geöffnet. Es erschien das runde Gesicht eines älteren Mannes, mit einer blauroten Nase, die darauf schließen ließ, dass er in seinem Leben Wein im Übermaß genossen hatte. Natürlich verstand Justus nicht, was er sagte, aber es hörte sich so an, als hätte er gefragt, was sie wollten.
    »Numero venti cinque. Wir möchten wissen, wer da wohnt.« Angespannt sah Justus zu dem Mann im schmutzigen Unterhemd hoch. »Sprechen Sie Englisch?«
    »Inglese?«, kam es von oben zurück. »Mamma mia, inglese!« Es folgte ein Wortschwall in Italienisch, aber keine Antwort auf die Frage. Zumindest keine, die Justus verstanden hätte. Und dann war das Fenster wieder zu.
    Im selben Augenblick rollte ein Vespafahrer um die Ecke. Sein Gesicht hatte er hinter einem tiefgrün schimmernden Helm verborgen. In sicherer Entfernung bremste er ab und stellte bei laufendem Motor einen Fuß auf das Pflaster.
    Bob bemerkte ihn als Erster. Der Vespafahrer drehte sein Vorderrad zur Seite, offenbar um im Notfall die Maschine herumreißen und einen Blitzstart hinlegen zu können. Herausfordernd blickte die schlanke Gestalt in ihrer schwarzen Ledermontur zu den dreien herüber. Es sah so aus, als wollte sich der Vespafahrer ihre Gesichter einprägen.
    »Den kaufe ich mir«, zischte Peter. Immerhin war er in Rocky Beach auf den Sprintstrecken seit zwei Jahren ungeschlagen.
    »Der ist schneller als du«, sagte Bob.
    »Werden wir ja sehen. Meine Bestzeit über hundert Meter steht bei 10,8.«
    »Es könnte eine Falle sein«, warnte Bob. »Vielleicht will er uns nur provozieren. Und hinter der nächsten Ecke wartet wieder jemand mit der Keule.«
    »Ich passe schon auf mich auf«, murmelte Peter. Seine Lippen bewegten sich kaum.
    »Na schön, wenn du unbedingt willst.« Bob grinste dünn. »Ich gebe das Kommando. Achtung – fertig – los!«
    Der Vespafahrer musste etwas geahnt haben. Peter und er starteten im selben Bruchteil einer Sekunde. Durch die schmale Gasse dröhnte das Aufheulen des Motors. »Bleib stehen!« brüllte Peter, als glaubte er, er könnte den anderen damit verunsichern. Pfeilschnell schoss er die Straße hinunter, und kurz vor dem Ende der Via del Ponte war er tatsächlich so nah an das Zweirad herangekommen, dass er schon einen Arm nach dem Fahrer ausstreckte. Aber der lenkte in halsbrecherischem Tempo die Vespa auf den Gehsteig, bremste, gab wieder Gas und verschwand im nächsten Moment hinter einem Lastwagen, der plötzlich in die schmale Straße einbog. Peter rannte auf der anderen Seite um den Lastwagen herum.
    »Der ist weg!«, rief Bob enttäuscht. Er und Justus hörten das helle Singen des Vespamotors immer leiser werden. Sie gingen von der Fahrbahn herunter, damit sich der Lkw an ihnen vorüberzwängen konnte. Dahinter tauchte mit hängender Zunge Peter auf. »Beinahe!« Er japste nach Luft.
    »Du warst toll!« Justus hieb ihm die Rechte ins Kreuz. »Du hast schließlich nur eine einzige Pferdestärke, aber dieser freche kleine Gauner hat mindestens zehn unter seinem Hintern!«
    Noch stundenlang durchstreiften sie die Straßen, Gassen und Plätze von San Lorenzo. Dabei kamen sie auch zu der Stelle, wo Justus niedergeschlagen worden war. Jedenfalls war er ganz sicher, dass dies die Ecke war, hinter der die beiden Kerle ihm aufgelauert hatten.
    »Und wie bist du dann eigentlich in dieses schreckliche Loch in der Via del Ponte gekommen?«, fragte Bob.
    »Woher soll ich das denn wissen?«, fuhr Justus ihn an. Dabei hatte er sich das auch schon ein paar Mal gefragt und nie eine vernünftige Antwort gefunden. Auch jetzt wollte ihm nichts Plausibles einfallen. Gedankenverloren starrte er in den Eingang, in dem die beiden auf ihn gewartet haben mussten.
    »Von hier bis zu dem Versteck in der Via del Ponte sind es mindestens zehn Minuten Fußweg«, stellte Bob fest. »Sie können dich ja unmöglich an Händen und Füßen gepackt und dorthin geschleppt haben.«
    »Also hatten sie ein Fahrzeug zur Verfügung.« Peter tippte auf das Handy in seiner Hosentasche, das sie sich inzwischen geliehen hatten.
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