und du bist weg
Rot.
Erst jetzt hörte er die Hupe, die Flanke der Fahrerkabine des LKW füllte bereits die gesamte Breite der Frontscheibe aus. Unmittelbar hinter dem Zwillingsreifen des Aufliegers schob sich der Benz mit guten achtzig Sachen unter den Trailer. Das Letzte, was Burgert hörte, war der Knall, mit dem sich der Airbag explosionsartig aufblies. Danach rasierte ihn die Kante des Anhängers so gründlich, wie er noch nie zuvor eine Rasur erlebt hatte.
23
Wütend zerknüllte Katharina den äußerst amtlich aussehenden Schrieb der Staatsanwaltschaft, der nach der Rückkehr vom Mittagessen in ihrem Postkörbchen gelegen hatte, und pfefferte den Papierballen Richtung Abfalleimer. Hofmann, der gerade seinen mickrigen Topfblumen eine Ladung Frischwasser gönnte, fragte neugierig: »Ist was?«
»Kann man wohl sagen«, gab die Kommissarin mürrisch zurück. »Anscheinend geht es mir jetzt doch ans Leder.«
Hofmann runzelte die Stirn.
»Ich hab ’ne Ladung zur Staatsanwaltschaft gekriegt«, fuhr die Blonde mit trockenem Mund fort.
»Mach dir nicht gleich ins Hemd«, tröstete Hofmann. »Ganz bestimmt nur eine Formsache. Außerdem hat Lohkamp das doch schon angekündigt, oder?«
»Du hast gut reden.«
»Katharina, ich bitte dich. Entwickle bitte keine Wahnvorstellungen.«
»Und wenn die was spitzgekriegt haben?«, bohrte Thalbach nervös.
Ihr Kollege stellte die bunt bedruckte Plastikkanne zurück auf die Fensterbank und breitete in einer hilflosen Geste der Verzweiflung die Arme aus. »Als Psychologe, der ich nicht bin, könnte ich vermuten, du leidest an Verfolgungswahn. Glaub mir, wenn Dagmar irgendetwas von unserem damaligen Nebenverdienst gewusst hätte, wäre sie schnurstracks zu Wielert oder direkt zum PP gelaufen.«
»Berthold, machst du dir überhaupt keine Gedanken? Wenn die Sache rauskommt, geht es dir genauso an den Kragen.«
»Ehrlich, die Wahrscheinlichkeit, dass sich jetzt noch jemand dafür interessiert, liegt unter null.«
Katharina angelte den Schrieb wieder vom Fußboden und strich ihn mit ihren Handflächen glatt. Zweifelnd flogen ihre Augen ein zweites Mal über den Text.
»Vor wem musst du denn aussagen?«, wollte Hofmann wissen.
»Hinrichsen-Hennerke persönlich.«
»Du liebes bisschen. Und da machst du dir Sorgen? Bei dem hast du doch einen riesengroßen Stein im Brett. Ich wette, der stellt das Verfahren ein, sobald du in Tränen ausbrichst.«
Die Blonde atmete tief durch, wollte etwas sagen, aber da schlug das Telefon an. Blitzartig krallten sich ihre Griffel um den Hörer. »Thalbach.«
Eine Sekunde hörte sie zu, dann verzog sie die Brauen. Nach einem schroffen »Soll raufkommen« landete die Plastikbanane wieder auf der Gabel.
»Kommen jetzt die Männchen mit der weißen Jacke?«, konnte sich Hofmann nicht verkneifen.
»Nein. Ein Heinrich Lackner möchte eine Aussage machen. Die Jungs an der Zentrale haben gefragt, ob der einen Termin bei uns hat.«
»Komisch, die machen doch sonst nicht so einen Aufwand«, wunderte sich Hofmann. »Und worum geht es?«
»Keine Ahnung. Warten wir es ab.«
»Herein«, bölkte Hofmann, als es kurz darauf zaghaft an der Tür klopfte.
Einen Moment später schoben sich ein grauer, verfilzter Haarschopf und ein zerlöcherter Mantel über die Schwelle. In der Hand hielt der Mann eine rote Reisetasche. »Sind Sie die Kripo?«, fragte er schüchtern.
Katharina hielt instinktiv den Atem an. Ihr Besucher stank wie eine verseuchte Beutelratte. Hofmann wich ebenfalls einen Schritt zurück und öffnete mit einer fließenden Bewegung das Fenster. Dann langte er zu seiner Pfeife und dem Tabaksbeutel. Katharina sah ihn dankbar an.
»Hofmann, meine Kollegin Thalbach«, erklärte Berthold wahrheitsgemäß. »Sie möchten eine Aussage machen?«
Der Mann auf der Türschwelle nickte. Immer noch konnte er sich nicht entschließen, ob er den Rest seiner Mitleid erregenden Erscheinung ins Büro schieben sollte. Dann endlich machte er die entscheidenden Schritte nach vorn. »Ja. Der Kalla hat mir gesagt, dat Se mich sprechen wollen. Aber sagen Sie mal, stimmt dat? Is der Erwin wirklich tot?«
Nun fiel bei den Beamten der Groschen. Vor ihnen stand Heini.
»Immer der Reihe nach«, entgegnete Thalbach freundlich. »Nehmen Sie doch Platz.«
Der Berber schlurfte vorsichtig auf den Besucherstuhl und nahm das Sitzmöbel, bevor er sich setzte, gründlich in Augenschein. Anscheinend fürchtete er, dass der Stuhl unter Strom stehen könnte.
»Wat is denn jetzt mit dem
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