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und du bist weg

und du bist weg

Titel: und du bist weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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Amerikaner gekümmert.«
    »Demnach können Sie mir nicht sagen, mit wem Herr Gumprecht den Freitag- beziehungsweise den Samstagabend verbracht hat?«
    »Doch«, erklärte Rürich zu seiner Überraschung. »Er war mit mir zusammen.«
    »Den ganzen Abend?«
    »Den ganzen Abend und die ganze Nacht. Ich hatte nicht gedacht, dass dieser Punkt für Sie wichtig sein könnte.«
    »Also hatten Sie und Herr Gumprecht ein Verhältnis«, fasste Gassel zusammen.
    Rürich stutzte. »Hatten? Woher wissen Sie, dass es vorbei ist?«
    Der Dicke gönnte sich einen zweiten Schluck Rotwein. »Gar nicht. Heute Mittag wurde Ihr Chef, Herr Gumprecht, tot aufgefunden.«
    Die junge Frau neben ihm auf der Couch saß auf einmal kerzengerade. »Tot, sagen Sie? Werner ist tot?«
    »Es stimmt, tut mir Leid.«
    »Aber wie ist denn das passiert? Hatte er einen Unfall?«
    »Alles spricht für einen Selbstmord. Herr Gumprecht hat sich erhängt.«
    Rürichs Tränen kamen ohne Ankündigung. Sie saß einfach da, umklammerte ihr Glas mit beiden Händen und weinte still vor sich hin. Als alter Gentleman wollte ihr Gassel sein Taschentuch reichen, doch gerade rechtzeitig fiel ihm ein, dass er damit im Laufe des Tages mindestens zwei Liter Schweiß aufgesaugt hatte. Also starrte der Beamte hartnäckig auf die poppige Wanduhr und gab der Frau eine Minute.
    »Ich bedaure Ihren Verlust«, tröstete er endlich leise. »Sie haben ihn wohl sehr geliebt.«
    »Nein, das ist es nicht«, schluchzte die Rürich. »Irgendwie tut mir sein Tod schon Leid, aber andererseits.«
    »Was meinen Sie?«
    »Ach, wissen Sie, es ist schon eine komische Sache«, schniefte sie durch den langsam abebbenden Tränenstrom. »Ich habe Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft studiert, beide Diplome habe ich mit guten Noten abgeschlossen; und als ich bei Burgert & Gumprecht endlich einen Job bekommen hatte, kam ich mir vor wie eine Sekretärin. Da durfte ich in der ersten Zeit bloß Kaffee kochen, die Post bearbeiten und Belege abstempeln.«
    »Und deshalb haben Sie dem Chef schöne Augen gemacht?«, fragte Gassel.
    »Nein. Gumprecht hat mich nicht in Ruhe gelassen«, verdrehte sie ein ganz klein wenig die Tatsachen. »Lud mich zum Essen ein, um mit mir über meine Perspektiven zu sprechen. Und als ich ein Verhältnis mit ihm begonnen hatte, bekam ich tatsächlich eine.«
    Der Dicke griff erneut zu seinem Rotwein und nahm diesmal einen größeren Schluck. »Bevor er sich umbrachte, legte Herr Gumprecht so etwas wie ein Geständnis ab«, erklärte er, nachdem das Glas wieder abgesetzt hatte. »Danach hat er vor ein paar Tagen den Bruder Ihres ehemaligen Seniorchefs, diesen Priester, ermordet.«
    »Er hat was?«, hauchte Rürich entsetzt.
    »Vermutlich war das auch der Grund für seinen Suizid. Zwischen Kalinowski, Burgert und ihm muss es zu einem lautstarken Streit gekommen sein, worauf Burgert seinem Bruder sein Herz ausgeschüttet hat. Worum es dabei genau gegangen ist, wissen wir nicht. Hat Gumprecht Ihnen gegenüber mal etwas verlauten lassen?«
    »Wir haben, ehrlich gesagt, wenig geredet, weder über persönliche noch über geschäftliche Dinge«, meinte Rürich. »Ihm ging es doch immer nur um das eine. Und wenn er fertig war, hat er sich umgedreht und ist eingeschlafen oder nach Hause gefahren. Nie war er richtig zärtlich zu mir.«
    Ein neuer Weinkrampf schüttelte ihren Körper, sie rückte näher an den Beamten heran und warf ihre Arme um Gassels massive Schultern. Der locker gebundene Knoten des Gürtels hielt dieser Beanspruchung nicht stand, ihr Bademantel klaffte auseinander. Instinktiv hob Gassel seine Rechte, um Rürich ein wenig auf Distanz zu drücken, aber stattdessen registrierte er erschrocken, dass seine Finger sanft über ihre Brust streichelten.
    Gassel schluckte den dicken Kloß in seinem Hals herunter und schloss die Augen. In seiner Hose pochte eine Erektion, wie er sie seit gut zwanzig Jahren nicht mehr erlebt hatte. »Hören Sie auf«, bat er leise.
    Rürich klammerte sich fester an seinen Hals, ihre heiße Wange presste sich an seine nachsprießenden Bartstoppeln. Ihr Gesicht glitt langsam zurück, bis ihre Lippen auf den seinen landeten. Ihre Zunge bohrte sich in seinen Mund, dabei gab sie wohlig knurrende Laute von sich.
    »Hör auf«, wechselte Gassel, beinahe schon wahnsinnig, die Anredeform.
    »Aber ich will dich«, bettelte Rürich fast. Ihre Finger massierten seine unter dem Hemd weit ausladende Kugel und landeten schließlich auf der Ausbuchtung im

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