Und endlich siegt die Liebe (German Edition)
wie Mollie durch den dunklen Garten rannte, über Baumwurzeln stolperte, das wundervolle lange Haar wie eine lodernde Fackel hinter ihr herwehend.
Was für ein Chaos hatte er da heraufbeschworen? Dazu hatte er es auch noch bewusst getan, aus reinem Selbsterhaltungstrieb. Es hatte eine Warnung sein sollen, für sie und für ihn selbst: Komm mir nicht zu nah. Ich weiß nicht, was passieren würde, wozu ich fähig wäre.
Mit einem tiefen Seufzer stieß Jacob sich vom Schreibtisch ab, an dem er gelehnt hatte, und wäre fast auf den Pergamentbogen getreten, den Mollie in ihrer Panik hatte fallen lassen.
Die Mollie-Rose …
Was seinen Vater dazu bewogen haben mochte, die gepresste Blüte wie eine Kinderzeichnung oder eine geschenkte Bastelei aufzubewahren, wusste Jacob nicht. Es gab nur sehr wenige Erinnerungen, die ihn in einem Licht zeigten, das so eine Sentimentalität zulassen würde. Wie das Baumhaus, das er für sie gebaut hatte, oder die Geschenkkörbe, die er ihnen zu Weihnachten aus dem familieneigenen Luxuskaufhaus mitbrachte, dem weltberühmten Hartington in London. Rare Momente, die sie als Kinder zurückhaltend und eher ungläubig hingenommen hatten. Was nur zu verständlich war, wenn man bedachte, dass er zum Beispiel das Baumhaus nur eine Woche später im Alkoholrausch wieder abgefackelt hatte.
Wie stets war es Jacob gewesen, der eingeschritten war, um noch Schlimmeres zu verhindern, und der später seine verstörten Geschwister getröstet hatte. Bis zu jener Nacht, in der alles anders gelaufen war, und er in einem Akt der Verteidigung und Selbstverteidigung ein Leben ausgelöscht und damit ihrer aller Leben für immer verändert hatte.
Diesmal klang sein Seufzen wie ein Stöhnen. Er hasste es, dass die Erinnerungen an jenen schicksalsträchtigen Abend immer noch die Macht hatten, ihn aus der Fassung zu bringen. Dabei hatte er sie im Laufe der Jahre so weit in sein Unterbewusstsein verdrängt, dass sie fast nicht mehr existierten. Aber leider nur fast.
Hier, am Ort des Geschehens, war es schlimmer denn je. Sobald es Nacht wurde, suchten ihn die Geister der Vergangenheit heim und wisperten ihm schreckliche Dinge ins Ohr: Du bist ein Verbrecher und gefährlich für jeden, der dir nahe kommt …
Hatte er das nicht gerade erst wieder bewiesen, als er versucht hatte, das liebenswerteste und vertrauensvollste Geschöpf zu verführen, das ihm je begegnet war? Wenn er an Mollies erstaunten und verletzten Blick dachte, nachdem er ihr eine Affäre ohne Bindung und Komplikationen vorgeschlagen hatte, spürte er einen heftigen Stich in der Brust.
Er hatte gewusst, dass er sie damit verstörte und verunsicherte, dass es falsch war und dass sie es ablehnen würde. Natürlich! Und trotzdem hatte er es getan. Aber warum musste sie ihn auch immer wieder mit Fragen löchern und ihm signalisieren, etwas in ihm zu sehen, von dem er selbst nicht wusste, ob es überhaupt existierte?
Jacob …
Ihre süße Stimme, die Hand, die sie nach ihm ausgestreckt hatte, um ihm Trost und Sicherheit in ihren weichen Armen zu gewähren. Was für ein Witz! Wenn jemand beschützt werden musste, dann Mollie – und zwar vor ihm. Und darum hatte er getan, was getan werden musste. Mit Erfolg …
Wenigstens würde er Mollie Parker jetzt eine Weile nicht mehr sehen.
Mollie, die sich gerade genug Zeit genommen hatte, in ihre nassen, verdreckten Stiefel zu schlüpfen, rannte den ganzen Weg nach Hause trotz heftiger Seitenstiche. Sie hielt nicht an, bis sie im Cottage war und die Tür hinter sich verriegelt hatte, als wäre Jacob der große böse Wolf und sie das arme kleine Rotkäppchen.
Sie musste selbst über den albernen Vergleich lachen, obwohl …
Jacob war definitiv der böse Wolfe , und gewissermaßen war er auch hinter ihr her. Doch im Gegensatz zu Rotkäppchen hatte sie ihn nicht überlistet, sondern war einfach geflohen.
Glücklicherweise war inzwischen wenigstens der Strom wieder da. Mollie setzte den Wasserkessel auf und machte Feuer im Kamin. Dann zog sie Jacobs Sachen aus und kickte sie mit dem Fuß in eine Ecke. Irgendwann würde er sie natürlich gewaschen und gebügelt zurückbekommen, aber heute wollte sie nicht mehr daran denken.
Eine heiße Tasse Tee würde ihr das nötige Gleichgewicht zurückgeben, dachte Mollie, während sie in den alten Frotteebademantel ihres Vaters schlüpfte. Doch wenige Minuten später, den dampfenden Teebecher in der Hand und zusammengekauert im klapprigen Schaukelstuhl vorm Kamin, fühlte
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